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AW: [InetBib] Klartext: Suppenküche Öffentliche Bibliothek



Liebe Frau Ecks, lieber Herr Müller,

da muss ich Frau Ecks rechtgeben und die Antwort noch etwas ausbauen.  
«Ehrenamt» in allen Ehren ;) Aber aus diesem verqueren Euphemismus  
einen nachahmenswerten Sozialstandard abzuleiten, halte ich nicht für  
richtig. Eigentlich nämlich ist das Ehrenamt (neben den Praktika) ein  
weiterer Baustein der Kostenlosmentalität im Job. Nur weil über dem  
Ehrenamt in grossen Lettern «zum Wohle der Allgemeinheit» prangt, ist  
es nichts anderes als Arbeitsleistung ohne Vergütung.

Ich will das Ehrenamt nicht klein reden. Natürlich hat die_derjenige,  
die_der ein solches Amt bekleidet, ein anderes Anliegen als Menschen,  
die ein Praktikum machen. Zweitere sehen wohl meist ihre Gratis- 
Arbeitskraft als notwendiges Opfer für eine spätere Arbeitsstelle.  
Durch Ehrenämter und Praktika werden aber  
sozialversicherungspflichtige Jobs überflüssig. Nicht das Ehrenamt  
selbst ist schlecht, sondern die Struktur, in der Bibliotheken ohne  
diese kostenlosen Hilfen schliessen oder einen eingeschränkten  
Service bieten müssen. Das kann (und muss) man (wohl) als Realität  
hinnehmen, als Herausstellungsmerkmal gegenüber Verlagen sollte es  
hingegen nicht dienen. Vor allem aber fördern diese Ehrenämter (vor  
allem in kleinen Gemeinden) imho genau dieses falsche Bild der  
Bibliothek als Sozialstation (Suppenküche), dem wir uns ja eigentlich  
entgegenstellen wollen.

Sehr geehrter Herr Ulmer, wieviele Personen arbeiten eigentlich in  
Verlagen ohne finanzielle Vergütung?


Da wird es nicht wenige geben! In Zeiten von Minijobs und unbezahlten  
Praktika müssen sich oftmals sehr gut ausgebildete Absolvent_innen  
heute schon unter Wert verkaufen. Welche Angebote gibt es denn im  
Verlagswesen? Bevor eine «richtige» Stelle in Aussicht steht, heisst  
es erst einmal: Praktikum. Gern ein halbes Jahr. Auch wenn die_der  
Bewerber_in vorher schon zur genüge welche gemacht hat. Danach, wenn  
man Glück hat: ein schlecht bezahltes Volontariat (manchmal nur ein  
Titel ohne Ausbildungscharakter). Man nennt es heute auch gern  
Traineeship. Mit einer Ausbildung hat das aber meist gar nichts zu tun.

Die Richtlinien des Börsenvereins für Volontariate sind bei vielen  
Stellenangeboten gar nicht das Papier wert, ausgedruckt zu werden.  
Bei Klett Cotta darf man sich auf ein halbjähriges Volo bewerben  
(http://www.klett-cotta.de/verlag?subsubnavi_verlag=11646), beim  
Herder-Verlag in Freiburg über 1144 Euro brutto freuen (http:// 
www.herder.de/jobs/volontariat_html). Aber anscheinend gibt es genug  
Bewerber_innen, die in Freiburg mit 872 Euro netto im Monat leben  
können. Ich habe auch schon von Volontariaten in Verlagen gehört, bei  
denen nur 500 Euro gezahlt werden. Das ist ja schon fast Gratis-Arbeit.

Bei Verlagen regen wir uns auf und bei Bibliotheken benutzen wir das  
elegante Wort «Ehrenamt»? Nunja.

Beste Grüsse aus dem sonnigen Berlin
Sebastian Fischer


On 20.10.2012, at 11:46, Silke Ecks wrote:

Und auch das Ehrenamt ist eine zwiespältige Sache in diesen Tage  
der Abgreife, wenn qualifizierten Menschen keine bezahlte Arbeit  
mehr angeboten wird bzw. solche Angebote nicht mehr notwendig  
erscheinen. Ehrenamt zahlt keine Miete.

On 20.10.2012, at 11:31, Müller, Harald wrote:

In deutschen Bibliotheken arbeiten hunderte von Menschen  
ehrenhalber, d.h. ohne Vergütung, zum Wohl der Allgemeinheit. Ohne  
diese Personen müßten viele Bibliotheken schließen oder ihren  
Service erheblich einschränken. Sehr geehrter Herr Ulmer, wieviele  
Personen arbeiten eigentlich in Verlagen ohne finanzielle Vergütung?


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