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Re: AW: [InetBib] Klartext: Suppenküche Öffentliche Bibliothek
- Date: Wed, 17 Oct 2012 00:04:25 +0200
- From: Matthias Ulmer <mulmer@xxxxxxxx>
- Subject: Re: AW: [InetBib] Klartext: Suppenküche Öffentliche Bibliothek
Liebe Frau Ziller,
schön, dass es inetbib gibt und der Dialog so doch noch weiter geht. Ihre
Klarstellung muss ich leicht korrigieren:
Es ist richtig, dass der Börsenverein durch das Vorgehen der EU Kartellbehörde
gezwungen ist gemeinsame Gespräche genau zu prüfen. Bibliotheken laufen hier
keine Gefahr, für die ehrenamtlich engagierten Mitglieder von Verlagsseite
sieht das anders aus. Gespräche, in denen es um die Vereinbarung gemeinsamer
Standards, gemeinsamer Geschäftsmodelle und gemeinsamer Preismodelle geht,
gelten in Brüssel als verwerflich. Beteiligte Unternehmen riskieren hohe
Geldbußen. Das halte ich für absurd, sind es doch gerade gemeinsame Standards,
Geschäftsmodelle und Preismodelle, die wir im noch neuen Feld der digitalen
Medien dringend benötigen.
In den Gesprächen über Geschäftsmodelle für wissenschaftliche Bibliotheken
hatten wir mit dem DBV gemeinsam ein Modellprojekt geplant, in dem sich Verlage
mit den Bibliotheken auf ein Modell mit einheitlichen Standards, Verträgen und
Preismodellen einlassen, um zu testen, ob wir die problematische Vielzahl an
aktuell existierenden Modellen nicht für eine höhere Effizienz bereinigen
können. Da genau dieses Ziel von der EU als verwerflich angesehen wird, musste
das Projekt komplett fallen gelassen werden. Das hatte ich auch im Gespräch
weitergegeben. Dass ich das Protokoll der Sitzung schuldig blieb ist direkte
Folge der zu diesem Zeitpunkt ablaufenden Aktenbeschlagnahmung durch die EU.
Bei unserer zweiten Arbeitsgruppe liegt der Fall anders. Hier hatten wir die
Arbeitsgruppe abgeblasen. Stattdessen haben wir vereinbart, dass ich ein Modell
dem DBV vorstelle, das wir dann diskutieren, eine gemeinsame Lösung suchen und
diese anschließend von Dienstleistern frei am Markt angeboten wird mit dem
Ziel, dass sich möglichst viele Verlage daran beteiligen. Ich habe ein Modell
ausgearbeitet und Teilen des DBV Vorstands vorgestellt. Nach einer DBV-internen
Diskussion bekam ich dann die Antwort, dass man diese Gespräche von Seiten
Ihres Vorstands nicht weiterführen wolle. Es kam also nicht einmal zu einer
Diskussion über die Inhalte sondern der Dialog wurde an dieser Stelle beendet.
Letztlich ist das müßig. An der Grundsituation ändert das wenig: wir steuern
auf einen Konflikt zu, für den wir aktuell keine Lösung haben. Das Modell der
Divibib habe ich immer unterstützt. Ich werde aber auch nicht müde darauf
hinzuweisen, dass es angesichts der aktuellen Entwicklung der E-Book
Vermarktung, die sich auf kommerzielle Leihmodelle zubewegt, zu einem Punkt
kommt, an dem ich von Verlagsseite für das Modell keine Zukunft sehe. Wir haben
das alle in den USA beobachtet und in anderen Ländern läuft es auf den gleichen
Konflikt zu.
Wie in inetbib schon ausgeführt gibt es zwei mögliche Reaktionen: die Suche
nach einer tragfähigen Lösung, die die Interessen beider Seiten berücksichtigt.
Oder die Hoffnung auf den Gesetzgeber und die Gerichte. Ich bemühe mich weiter
um eine Kompromisslösung, ich sehe aber, dass der DBV sich auf dem gesetzlichen
Weg mehr verspricht. Das halte ich für eine Verschwendung von Zeit und Geld,
aber ich muss natürlich akzeptieren, wenn Sie das für vielversprechender halten.
Da es sich am Auftrag der Bibliotheken und ihrem Selbstverständnis festmacht:
ich weiß wohl, dass HEUTE der Auftrag weit gefasst ist, wie Sie das aus den
Bibliotheksgesetzen zitieren. Auch diese basieren aber auf einer Printwelt und
berücksichtigen nicht die kommenden Situationen. Viele Gespräche zu diesem
Thema in der letzten Zeit bestätigen meine Auffassung, dass ein Zwang zur
Lizenzierung gegen den Willen der Rechteinhaber nicht durchsetzbar sein wird,
insbesondere wenn Lending zu einer wesentlichen Verwertungsform für die Werke
werden wird.
Ich wiederhole deshalb die Bitte, statt juristischer Gefechte hier auf das
gemeinsame Gespräch zu setzen. Vielleicht bietet ja das vom DBV angekündigte
Positionspapier zum Thema E-Book Ausleihe Ansätze dafür. Ich würde mich
jedenfalls freuen.
Herzliche Grüße
Matthias Ulmer
Am 16.10.2012 um 18:09 schrieb Barbara Schleihagen
<Schleihagen@xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx>:
Sehr geehrter Herr Ulmer,
Ihre Bemerkungen im Börsenblatt und Ihre Statements hier auf inetbib haben
beim dbv Befremden ausgelöst. Damit auch die hier mitlesenden Kolleginnen
und Kollegen sich eine Meinung bilden können, möchte ich einige Punkte
klarstellen:
Der Vorstand des Deutschen Bibliotheksverbandes hat die Gespräche mit dem
Börsenverein nicht abgebrochen.
Richtig ist vielmehr, dass es sich genau umgekehrt verhält: Am 27. April
2012 teilte Herr Dr. Sprang, Justiziar des Börsenvereins, per Email mir als
Vorsitzender des dbv mit, dass er "den seit langem für den 15. Mai geplanten
Gesprächstermin zwischen einer Delegation des dbv und Vertretern des
Börsenvereins über E-Book-Leihmodelle ABSAGEN (sic)" müsse.
Als Begründung schrieb er weiter :"Hintergrund ist, dass ein von Herrn Ulmer
vorbereitetes Papier zu möglichen Geschäftsmodellen für das "E-Book-Lending",
das die Teilnehmer auf Verlegerseite intern abstimmen wollten, im Hinblick
auf die aktuell laufenden Kartellverfahren zu E-Book-Vertriebsmodellen Fragen
hinsichtlich der kartellrechtlichen Zulässigkeit aufgeworfen hat. Wir haben
das Dokument daraufhin unseren Kartellrechtsanwälten vorgelegt und von diesen
gerade erfahren müssen, dass die in dem Dokument angedachten Möglichkeiten in
der Tat zu einem erheblichen Teil aus kartellrechtlichen Gründen von uns
nicht bzw. nicht ohne weiteres angeboten werden können. Daraufhin haben wir
uns entschieden, uns zunächst intern eingehend kartellrechtlich beraten zu
lassen, bis zu welchen Grenzen wir als Verband überhaupt mit dem Ziel der
Vereinbarung branchenweiter Standards für E-Book-Leihmodelle in öffentlichen
Bibliotheken mit dem dbv sprechen können bzw. wo man gegebenenfalls zunächst
ein Angebotskartell genehmigen lassen müsste."
Daraufhin wurde im gegenseitigen Einvernehmen beschlossen, dass sich ein
einzelner Verleger (Herr Ulmer) und eine Bibliotheksdirektorin (Frau Lison,
Bremen) sowie ein Bibliotheksdirektor (Herr Dr. Schmid-Ruhe, Mannheim) zu
einer Beratung darüber treffen, welche Lizenzangebote dieser Verleger den
beiden betreffenden Bibliotheken grundsätzlich machen könne. Nachdem
--
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