Liebe KollegInnen,
ich beobachte seit längerem, dass der Begriff Forschungsdaten sehr ausufert
und dadurch die Diskussionen, insb. die rechtlichen, eher erschwert werden.
Persönlich bin ich auch eher der Meinung von Herrn Hartwig.
Kennt jemand eine konzise Definition, die Werke von Daten abgrenzt?
Wäre es nun mal an der Zeit eine solche Definition zumindest für Deutschland
/ deutsches Recht zu erarbeiten und in den Gremien der üblichen Akteure
(RDA-DE, DINI/nestor-AG Forschungsdaten, NFDI) abzustimmen?
Das erschiene mir sehr sinnvoll.
Man könnte mehrere Stufen zu definieren versuchen, auch wenn es natürlich
nie juristisch perfekt sein wird.
* Daten im Sinne von Nullen und Einsen
*
* Zwischenstufen?
*
* Werke im Sinne des URhG
Ich habe mir mal erlaubt das hier auf der DFN-FDM-Liste quer zu posten, um
noch mehr KollegInnen zu erreichen.
Vielen Dank und schöne Grüße,
Gerald Jagusch
Dipl.-Phys. Gerald Jagusch
Teamleitung Forschungsdatenservices, Fachreferat Maschinenbau,
Leitung Sacherschließung Abteilung Informationstechnologie, Forschung
und Entwicklung
Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt Technische Universität
Darmstadt Franziska-Braun-Straße 10 (L4|02), Raum 107
64287 Darmstadt
gerald.jagusch@xxxxxxxxxxxxxxxxxxx
www.tu-darmstadt.de/tudata
www.ulb.tu-darmstadt.de
ORCID: 0000-0001-9964-1112
-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: InetBib [mailto:inetbib-bounces@xxxxxxxxxx] Im Auftrag von Falk
Hartwig via InetBib
Gesendet: Mittwoch, 11. November 2020 09:33
An: inetbib@xxxxxxxxxx; annette.strauch@xxxxxxxxxxxxxxxxx
Betreff: Re: [InetBib] Abgeleitete Textformate/ TDM-Schranke (§ 60d
UrhG)
Liebe Frau Strauch,
Sie unterstützen die Ansicht, Daten seien urheberrechtsfrei ("Ich sehe es
primär so wie es Herr Hartmann schreibt") und sehen einen literarischen Text
im digitalen Format als Forschungsdatum an. Daraus folgt, der literarische
Text im digitalen Format könne nicht urheberrechtlich geschützt werden. Hier
haben wir also einen Widerspruch.
Natürlich sind Daten urheberrechtsfrei. Aber eben nur so lange, wie Daten
eben noch Daten bleiben. Wenn ich Werke zu Daten mache, liefere ich
unsinnigen und hinderlichen Urheberrechtsbestimmungen doch erst recht Futter.
Ein literarischer Text bleibt ein literarischer Text. Der literarische
Gehalt einer Erzählung von Schiller ändert sich nicht, wenn ich diese in
irgendeinem digitalen Format lese anstatt auf Papier. Auch originär digital
entstandene Werke, etwa multimedial, bleiben Werke. Sie können, wenn man
ihnen eben kalt und technokratisch begegnen will, als eine Summe aus Daten
angesehen werden. Das gilt für den Schiller-Text aber ganz genauso. Auch mit
Tinte auf Papier geschriebene Zeichen sind Daten.
Ich möchte niemandem zu nahe treten ... Aber das trendige
Forschungsdatenmangement scheint mir zu einem Selbstläufer zu werden, der
meint, das Rad neu erfinden zu müssen, weil wir den digitalen Wandel haben.
Ich verstehe die Problematik in den Bereichen, wo tatsächlich empirische
Daten, Messdaten etc. anfallen.
Beste Grüße,
Falk Hartwig
-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: Annette Strauch via InetBib [mailto:inetbib@xxxxxxxxxx]
Gesendet: Dienstag, 10. November 2020 17:42
An: inetbib@xxxxxxxxxx
Cc: Annette Strauch <straucha@xxxxxxxxxxxxxxxxx>
Betreff: Re: [InetBib] Abgeleitete Textformate/ TDM-Schranke (§ 60d
UrhG)
Lieber Herr Hartwig, liebe Kollegen,
schafft man sich das in Rede stehende Problem nicht erst dadurch, dass
plötzlich alles ein Forschungsdatum sein kann.
Nein.
Einen literarischen Text zu einem Forschungsdatum zu erklären, ist absurd.
Ein literarischer Text ist auch ein Forschungsdatum: Literatur in einer
PDF-Datei z.B.
Forschung ist doch nun in der Tat meistens digital, nicht wahr, so auch die
textbasierte Forschung in den Literaturwissenschaften (Textsammlungen von
lit. Texten, Sachtexten od. wenn wir uns mit Handschriften beschäftigen). Es
geht hier um die verworrenen Fragen beim Urheberrecht. Im
Forschungsdatenmanagement sind diese Themen essentiell im Kontext von
nachhaltiger Forschung und wissenschaftlicher Integrität (Kultur der
Redlichkeit).
TDM-Schranke (§ 60d UrhG)
Ich sehe es primär so wie es Herr Hartmann schreibt
1.) Daten sind urheberrechtsfrei (!)
2.) "Das TDM selbst ist in der Regel keine urheberrechtsrelevante
Handlung" (!)
Hier ging es um das TDM.
Sonst wäre jeweils eine Einzelfallbetrachtung notwendig.
Wohl kann ich aber mit oder aus Daten ein Werk schaffen, das seinerseits
einen Urheberrechtsschutz genießt.
Ja.
Einen literarischen Text zu einem Forschungsdatum zu erklären, ist absurd.
Digitaler Wandel?
Herzliche Grüße,
Annette Strauch
Am 10.11.2020 um 16:54 schrieb Falk Hartwig via InetBib:
Lieber Herr Brettschneider, Kolleginnen und Kollegen,
schafft man sich das in Rede stehende Problem nicht erst dadurch, dass
plötzlich alles ein Forschungsdatum sein kann. Einen literarischen Text zu
einem Forschungsdatum zu erklären, ist absurd. Ein Forschungsgegenstand war
er schon immer und ist er auch weiterhin. Ein Text kann eine Schöpfungshöhe
aufweisen, die einen Urheberrechtsschutz rechtfertigt. Erhobene, gemessene,
erstellte oder aggregierte Daten haben keine Schöpfungshöhe. Wohl kann ich
aber mit oder aus Daten ein Werk schaffen, das seinerseits einen
Urheberrechtsschutz genießt. Einen Sack voll Sand nennen wir doch auch
einen Sack voll Sand und nicht Sandkorn oder einen Sack Sandkörner.
Beste Grüße, Falk Hartwig
-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: Peter Brettschneider via InetBib [mailto:inetbib@xxxxxxxxxx]
Gesendet: Dienstag, 10. November 2020 16:09
An: inetbib@xxxxxxxxxx
Betreff: Re: [InetBib] Abgeleitete Textformate/ TDM-Schranke (§ 60d
UrhG)
Lieber Herr Röpke,
vielen Dank für den spannenden Beitrag den Sie und Ihre Mitstreiterinnen
und Mitstreiter verfasst haben! Gerade weil das Recht der aus
wissenschaftlicher Perspektive gewünschten Nutzung urheberrechtlich
geschützter Daten Grenzen setzt und auch nach der anstehenden
Urheberrechtsänderung im Sommer 2021 weiter setzen wird, finde ich den von
Ihnen verfolgten technischen Lösungsansatz außerordentlich interessant.
Lieber Herr Hartmann,
ich begrüße und teile Ihr Eintreten für ein wissenschaftsfreundliches
Urheberrecht. Gleichwohl habe ich mit Ihrer Aussage "Daten sind
urheberrechtsfrei" - zumindest in dieser Pauschalität - meine Probleme.
Wenn diese zutreffen würde, dann wäre § 60d UrhG weitgehend überflüssig.
Er wäre höchstens noch als Schranke der Rechte an Datenbanken notwendig.
Trotzdem haben Sie unzweifelhaft recht, sofern man eine
Datendefinition zugrunde legt, die auf Bits und Bytes abzielt. Wenn
man als Forschungsdatum hingegen z.B. den Text eines Literaten, den
Zeitungsbeitrag eines Journalisten oder die Satellitenaufnahme eines
Astronomen versteht, wird schnell deutlich, dass Forschungsdaten im
Einzelfall sehr wohl urheberrechtlichen Schutz genießen können.
Anders
ausgedrückt: Ob Daten urheberrechtsfrei sind, muss leider für jedes
Forschungsvorhaben gesondert geprüft werden. In manchen Fälle ist dies
einfach zu bejahen, in anderen hingegen mit erheblichem Aufwand verbunden
(z.B. wenn Gemeinfreiheit eingetreten sein könnte und dafür das Todesdatum
von Urhebern zu ermitteln ist).
Ich verstehe aber Ihre Intention und danke Ihnen dafür, dass Sie daran
erinnern, dass man den urheberrechtlichen Schutz von Forschungsdaten nicht
einfach pauschal unterstellen sollte.
Mit besten Grüßen
Peter Brettschneider
Am 10.11.2020 um 11:34 schrieb Thomas Hartmann via InetBib:
Guten Morgen Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Herr Röpke,
besten Dank für den Hinweis auf diesen Artikel, in dem
detaillierter TDM, dessen urheberrechtlichen Einzelheiten und eher
politische Einordnungen vorgestellt werden. Über den angesprochenen
Ausweg, Datencorpora eher segmentiert bzw. sequentiell zu nutzen,
und damit eventuelle vereinzelte Urheberrechtsbarrieren
technologisch zu umgehen, haben wir auch schon nachgedacht;
generell erscheint es natürlich nicht wünschenswert, einzelne
Methoden oder Tools in einem Innovationsfeld wie TDM speziell bzw.
"nur" vorauseilend wegen eventueller Urheberrechtsunklarheiten zu
empfehlen.
Ich möchte dazu aufrufen, sich zuerst nur zwei Grundprinzipien des
Urheber- und Immaterialgüterrechts zu vergegenwärtigen:
1.) Daten sind urheberrechtsfrei (!)
2.) "Das TDM selbst ist in der Regel keine urheberrechtsrelevante
Handlung" (!), Quelle: Artikel
Wenn wir dann noch berücksichtigen, dass die dem TDM zugrunde
liegenden Daten- und Textcorpora von unseren öffentlichen
Einrichtungen regelmäßig umfassend eingekauft werden, sollten wir
nicht unreflektiert urheberrechtlich schmale Argumente v.a. der
Rechteinhaber annehmen, die ihren Ursprung vor vielen Jahrzehnten
haben. Die in dem Artikel näher besprochenen Bestimmungen bringen
Komplexität und Unsicherheit für die Anwender/innen mit sich,
welche die Nutzung von TDM behindern kann (denken Sie nur an andere
"Vorbilder" wie Zweitveröffentlichungsrechte, elektronische Leseplätze).
Das ist keine Kritik speziell an dem Artikel, in dem die
Autoren/innen immerhin stellenweise - wenn auch vorsichtig -
konstatieren, dass die Sache "schief" liege. Grundlegender
positioniert sich (generell zum
Urheberrecht) das vor wenigen Tagen von einer interdisziplinären
Forschergruppe veröffentlichte "Urheberrecht 2030– Memorandum zur
Zukunft des kreativen Ökosystems in Europa", siehe
https://eu2020-bmjv-intellectual-property.de/storage/documents/Copy
ri
g
ht_2030_de.pdf
Viele Grüße, Thomas Hartmann (FIZ Karlsruhe)
Am 09.11.2020 um 21:58 schrieb Röpke, Jörg via InetBib:
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
hiermit möchte ich Sie auf den Artikel "Abgeleitete Textformate:
Text und Data Mining mit urheberrechtlich geschützten
Textbeständen", erschienen in der "Zeitschrift für digitale
Geisteswissenschaften"
(ZfdG), aufmerksam machen.
http://dx.doi.org/10.17175/2020_006
Das "Text und Data Mining" (TDM) mit urheberrechtlich geschützten
Texten unterliegt trotz der TDM-Schranke (§ 60d UrhG) weiterhin
Einschränkungen, die u. a. die Speicherung, Veröffentlichung und
Nachnutzung der entstehenden Korpora betreffen und das volle
Potenzial des TDM in den Digital Humanities ungenutzt lassen. Als
Lösung werden "abgeleitete Textformate" vorgeschlagen: Hier werden
urheberrechtlich geschützte Textbestände so transformiert, dass
alle wesentlichen urheberrechtlich relevanten Merkmale entfernt
werden, verschiedene einschlägige Methoden des TDM aber weiterhin
zum Einsatz kommen können. Bibliotheken und Archiven kommt hierbei
eine zentrale Rolle bei der Etablierung abgeleiteter Textformate
zu, weil sie rechtmäßigen Zugang zu umfangreichen urheberrechtlich
geschützten Textbeständen haben.
Grüße
Jörg Röpke
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Abteilungsleiter EDV und Digitale Medien Fachreferent
Informatikwissenschaften u. Mathematik
Universität Trier
Universitätsbibliothek
Universitätsring 15/ BZ 125
54296 Trier
Fon: +49 (0)651 201-2487
Fax: +49 (0)651 201-3977
--
Annette Strauch, M.A.
Forschungsdatenmanagement (FDM)
Research Data Management (RDM)
https://www.uni-hildesheim.de/forschungsdaten/
Love your data!
WÄHREND COVID-19 SCHUTZPHASE DIGITAL ERREICHBAR DIGITALLY AVAILABLE
DURING COVID-19 PROTECTION PHASE Beratungen nach Vereinbarung im
FDM-Raum (BigBlueButton; die Stühle stehen schon bereit ;) !) -
https://bbb.uni-hildesheim.de/b/ann-34u-ft7
Consultations by appointment in the RDM room (BigBlueButton; the
chairs are already there ;)! -
https://bbb.uni-hildesheim.de/b/ann-34u-ft7
Look after your research data and research software now!
Look after it all the way through to the archiving of valuable results in
order to permit further research built on that existing data.
We give support, training, tools, guidance and infrastructure.
Strauch, A. (2020). Universitätsbibliotheken heute. Partner im
Forschungsdatenmanagement in der Praxis, ABI Technik, 40(2), 177-186.
doi: https://doi.org/10.1515/abitech-2020-2008
https://www.b-i-t-online.de/heft/2020-01-fachbeitrag-strauch