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Re: [InetBib] Umgang mit Dissertationen nach Entzug des Doktortitels
- Date: Fri, 27 Jun 2014 10:25:02 +0200
- From: Jürgen Plieninger <juergen.plieninger@xxxxxxxxxxxxxxxx>
- Subject: Re: [InetBib] Umgang mit Dissertationen nach Entzug des Doktortitels
Liebe Leser/innen von inetbib,
da wird jede Menge an ethischen Überlegungen an den Exemplaren
angestellt bezüglich der Titel, die wegen Plagiats aberkannt wurden.
Vielleicht könnte man auch einmal über den Tellerrand schauen auf jene
Fälle von Aberkennung von Doktortiteln, die mit Plagiat nichts zu tun
haben? Der einschlägige Wikipedia-Artikel nennt einige weitere Sachverhalte:
http://de.wikipedia.org/wiki/Depromotion
Wenn man auf die Aberkennung aus rassistischen Gründen in der Zeit des
Nationalsozialismus schaut,
http://www.zeit.de/2006/31/C-Doktorgradentziehung
dann sind das massenhafte Fälle. Zwar hat es in der Vergangenheit
Bemühungen gegeben, aber "Nach 1945 wurde an den Hochschulen über diese
Unrechtsakte der Mantel des Schweigens ausgebreitet. Dort liegt er fast
überall bis heute." heißt es zum Beispiel hier:
http://www.zeit.de/1994/33/ein-titel-fuer-tote
Fast überall: einige Zeugnisse der Aufabeitung sind beispielsweise über
Google Books
http://books.google.de/
durch Recherchen mit den Suchbegriffen "Aberkennung der Doktorwürde",
"Aberkennung Doktorgrad" oder "Aberkennung Doktortitel" zu finden. An
erster Stelle der Ergebinisse steht jeweils die Publikation von Thomas
Henne, welcher in einem Projekt eingehend die Situation in Leipzig
untersucht hatte. Dieses Projekt hatte zur Folge, dass in Leipzig die
Depromotionen wieder aufgehoben wurden. Die Rede des Dekans der
Juristenfakultät zu diesem Anlass ist hier
http://de.jl-lawfirm.com/publications.php
dokumentiert unter dem Punkt "Unwirksamkeit der Aberkennung von
Doktorgraden 1933 - 1945".
Was wäre hier die Pflicht von Bibliotheken, die bezogen auf Plagiate so
hoch gehalten wird? Aufarbeitung und Dokumentation? Beschaffung von
Titeln und Aufnahme in den Katalog (quasi Stolpersteine legen)?
Für manche Opfer kommt selbst das nicht in Frage, da sie einfach zum
Rigorosum nicht zugelassen wurden, vgl.
http://log.netbib.de/archives/2014/05/09/%E2%80%9Eda-mosaisch-zu-den-rigorosen-nicht-zugelassen-%E2%80%9C/
(oder, falls der Link gebrochen sein sollte: http://tinyurl.com/lsdcm4e)
Mit freundlichen Grüßen
Jürgen Plieninger
--
Dr. Jürgen Plieninger
Institut für Politikwissenschaft
Bibliothek
Melanchthonstr. 36
72074 Tübingen
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