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Re: [InetBib] Unchristliche Sonntagsöffnung
Hallo,
nochmal zu dieser Frage, die ich ja als zweite, sich zu den Wahlprüfsteinen des
DBV äußernde Person so ein bisschen ausgelöst habe: in dem Sinne wie das Herr
Steinhauer in seinem Text unten näher ausführt, ging es mir ja auch eher um die
Problematik einer Argumentation in Richtung: "wenn kommunale Bibliotheken nur
endlich sonntags öffnen dürften, .. " Das habe ich dann in den Kontext der uns
allen bekannten Sparwellen der letzten Jahre gesetzt und mich gefragt, ob hier
das "Image" besonders "kundenah" zu sein nicht letztlich dazu führt, dass
Kritik an dieser Sparerei und die sagen wir mal sehr dichte Beanspruchung
unserer ÖBs und Mitarbeitern in uns bekannten Entgeltordnungsstrukturen noch
unaussprechlicher wird und die eigentliche Lage ins Absurde geführt. Die
Kundenbegriffsdiskussion hatten wir hier zurecht ja auch schon..
Die zunehmende Eliminierung einer Sonntagsruhe finde ich auch weiterhin
diskussionswürdig. Allerdings wollte ich hiermit nicht ehrenamtliche und
-gerade wegen der "Erbauung" angebotener Sonntagsöffnung von kirchlichen
Bibliotheken anprangern, auch nicht generell Ehrenamtsysteme.
Bzgl. des ich nenne es mal "theologischen Contents" muss ich Steinhauer Recht
geben. Wenn man hier mit theologischem Ansatz arbeitet, muss man schon die
Quellen bemühen. Da nützt das jeweils eigene Verständnis einer religiösen Sicht
nicht.
So , jetzt bin ich aber inetbibmäßig "weg".
Grüße
-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: Inetbib [mailto:inetbib-bounces@xxxxxxxxxxxxxxxxxx] Im Auftrag von Eric
Steinhauer
Gesendet: Freitag, 26. Juli 2013 15:49
An: Internet in Bibliotheken
Betreff: Re: [InetBib] Unchristliche Sonntagsöffnung
Lieber Herr Holzbach,
die Diskussion sollte auf sich beruhen oder besser werden (s.u.), aber
schlampige Zitate, darauf will ich dann doch eingehen, werden Sie bei mir nicht
finden.
Wenn Sie auf Kontext viel Wert legen, dann sollten Sie die Überschrift von Kap.
48 der Regula nicht unterschlagen: "Die tägliche (!!) Handarbeit". Eine
eigentliche Sonntagsruhe kennt die Regel gar nicht, bloß ein etwas größeres
Lesepensum am Sonntag und Varianten im liturgischen Gebet. Dass die Regel KEINE
Sonntagsruhe kennt, ist nicht nur meine Meinung, vgl. etwa Schiepek, Der
Sonntag und die kirchlich gebotenen Feiertage nach kirchlichem und weltlichem
Recht, 2. Aufl., Frankfurt 2009. S. 193.
Was genau meinen Sie mit dem Theatergesetz von 1971? Ein solches Gesetz gibt es
nicht. Das Zitat stammt, wie ich deutlich angegeben zu haben glaube, aus einem
Aufsatz. Es sollte lediglich zeigen, dass die Sonntagsfrage nicht auf das
Bibliothekswesen beschränkt ist, sondern auch im Theaterbereich existiert.
Das Christentum spreche ich niemandem ab. Ich sage nur, und dabei bleibe ich
nach Konsultation repräsentativer moraltheologischer Manualien: Die Frage der
Sonntagsöffnung von Bibliotheken hat mit Religion nichts zu tun und betrifft
nicht das Gebot der Sonntagsheiligung. Wenn Sie strenger sein wollen als die
traditionelle katholische Auffassung, so steht Ihnen das natürlich frei. Ich
für meinen Teil werde meine Monstranz aber nicht in diese Ecke tragen.
Die ganze Debatte hat freilich gezeigt, dass hier viele Vorstellungen von
Sonntagsruhe existieren, die sich in den einzelnen Fachdiskursen so nicht
wiederfinden. Wenn also jemand mal ein Thema für eine
bibliothekswissenschaftliche Abschlussarbeit sucht und vielleicht keine Umfrage
oder dergleichen durchführen möchte, ich glaube, hier gibt es was zu holen:
eine kritische Sichtung der einzelnen Argumente.
#Zaunpfahl #Winkewinke :))
Dazu eine Kostprobe:
Als in Hessen neulich die Bibliotheken als Ausnahme in das Feiertagsgesetz
geschrieben worden sind, hat der Vertreter der evangelischen Kirche dies
gemeint:
"Hinsichtlich der Bibliotheken möchte ich es ein bisschen differenzierter
sehen. Die EKD hat sich auf Bundesebene dafür ausgesprochen, wissenschaftliche
Bibliotheken durchaus geöffnet zu halten, beispielsweise für Promotionen oder
Studienarbeiten. Das würden wir gerne auch auf diesen Bereich der Bibliotheken
begrenzt sehen." S. 16
Und der Vertreter der katholischen Kirche sagte zur geplanten Öffnung der
Videotheken (zu Bibliotheken sagt er nichts):
"Ebenfalls problematisch finden wir - auch dies ist hier schon mehrfach
angesprochen worden - die Öffnung der Videotheken und die Ausweitung der
Öffnungszeiten im Bereich der Portalwaschanlagen. Wir hatten schon
festgestellt, dass das Ausleihen von Videos auch am Samstag bis 24 Uhr ohne
Probleme möglich ist. Da muss man nicht unbedingt am Sonntag zugreifen, und im
Übrigen zeigen neue moderne Techniken - wie das Herunterladen von Filmen aus
dem Internet -, dass es nicht notwendig ist, ein Video in einer Videothek
auszuleihen. Ob es der seelischen Erhebung dient, am Sonntag einenVideofilm
auszuleihen, würde von kirchlicher Perspektive aus wohl eher infrage gestellt
werden." S. 26f.
Quelle: Hessischer Landtag INA/18/15 - AFG/18/9 (Protokoll der mündlichen
Anhörung).
Was mag wohl mit Filmen aus katholischen öffentlichen Bibliotheken sein ...?!
zB hier: http://www.koeb-ffm.de/ und das zur besten Gottsdienstzeit ...
Und wer passt eigentlich am Sonntag auf das Internet auf? Vielleicht ein Inder,
der dank Zeitverschiebung nicht am Sonntag arbeiten muss ...?!
Ich nenne das inkonsistent. Und vor dem Forum der traditionellen Moraltheologie
sind die Argumente des kirchlichen Vertreters auch schwer zu rechtfertigen.
Wenn wir, was ich in INETBIB voraussetzen darf, bibliotheksfachlich über das
Themen reden wollen, stellen sich doch ganz andere Fragen, nämlich:
Erreichen wir durch andere Öffnungszeiten unsere Zielgruppen besser? Wie können
wir bei knappen Ressourcen und verändertem Freizeitverhalten attraktiv bleiben?
Die Arbeit von Frau Verch sagt dazu etwas. Herr Umstätter hat
dankenswerterweise darauf hingewiesen.
Viele Grüße
ste
--
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