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Re: [InetBib] Keine Sonntagsöffnung mehr für Bibliotheken? - Milchkühe und arme Hunde
- Date: Thu, 4 Dec 2014 13:07:04 +0100
- From: Eric Steinhauer <eric.steinhauer@xxxxxxxxxxxxxxxx>
- Subject: Re: [InetBib] Keine Sonntagsöffnung mehr für Bibliotheken? - Milchkühe und arme Hunde
Lieber Herr Umstätter,
dass Sie doch ein wenig interessiert an dem "Beamtenknochen", den ich
hier ganz umstandslos einmal hingelegt habe, geschnüffelt haben, freut
mich. (Ich will hier mal im gerade angesagten Bilderfeld der
"Hundemetapher" bleiben ...:))
Dazu vielleicht nur ein paar Gedanken: In der alten Welt war es das
Eigentum an dem bedruckten Papier oder anderen Trägermedien, durch das
eine öffentlichen Interessen verpflichtete Einrichtung wie die
Bibliothek die Ausübung von Grundrechten wie Informations- oder
Wissenschaftsfreiheit ober auch - mit freundlichem Winken an Herrn
Holzbach - Religionsfreiheit ermöglichen konnte. Heute gibt es immer
öfter nur noch Datenströme, die sich als nutzbares Medium allein durch
ihren Lizenzstatus definieren, der durchaus sehr restriktiv sein kann.
Es ist eine gewisse Ironie, dass der Beamte, als jemand, der durch
seinen persönlichen Einsatz in besonderer Weise die staatliche
Wertordnung und damit auch die Grundrechtsinteressen vertreten und
wahren soll, in den Bibliotheken aus der Mode gekommen ist. Denn heute
ist es viel mehr als früher eine Frage der persönlichen Verantwortung -
andere sagen "der Berufsethik" - ob und zu welchen Konditionen ich
unkörperliche Informationen in meiner Einrichtung anbieten kann. Die so
genannte "Kundenorientierung" kann mir diese Verantwortung nur sehr
bedingt abnehmen (ein kurzer Seitenblick in Richtung PDA ...) Beim
klassischen Buchkauf war das alles schlicht egal. Über Datenschutz als
weiteres wichtiges Feld in der Welt der Digitalia will ich hier gar
nicht reden. Im Archivwesen jedenfalls ist Datenschutz ein ganz
wichtiges Argument für den Einsatz beamteten Personals. Die
unparteiische Arbeit am kollektiven kulturellen Gedächtnis (ein Gedanke,
der sich bei dem recht berühmten Philosophen Lübbe findet
((http://www.amazon.de/Zug-Zeit-Verk%C3%BCrzter-Aufenthalt-Gegenwart/dp/3540002022
... das Werk kann ich dringend empfehlen!)) wäre ein weiterer Grund, auf
den sich nicht nur Archivare, sondern auch Bibliothekare, ja sogar
Museumsleute berufen können.
Auch wenn das Thema eher esoterisch anmutet: Für die komischerweise
immer aktuelle Berufsbilddiskussion ist die "Beamtenfrage" ein idealer
Ort, um die politische und gesellschaftliche Dimension unserer Tätigkeit
zu benennen und zu diskutieren. Das scheint mir übrigens erheblich
interessanter zu sein, als "slides" über die allerneusten "skills" und
"literacies" zu erstellen oder über "gute Arbeit" zu philosophieren. Ich
gebe aber gerne zu, dass man sich schon etwas einarbeiten muss, um die
historisch gewachsenen Denkfiguren des Beamtenrechts richtig goutieren
zu können ... ;)
Viele Grüße
Eric Steinhauer
--
Prof. Dr. Eric W. Steinhauer
Dezernent für Medienbearbeitung
Fachreferent für Allgemeines, Rechts-, Staats- und Politikwissenschaft
Fernuniversität in Hagen - Universitätsbibliothek
Universitätsstr. 21 - 58097 Hagen
Tel: 02331 / 987 - 2890
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