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Re: [InetBib] Friede den plumpen Servern
- Date: Wed, 1 Apr 2009 14:57:05 +0200
- From: Karl Dietz <karl.dz@xxxxxxxxx>
- Subject: Re: [InetBib] Friede den plumpen Servern
On 4/1/09, Walther Umstaetter <h0228kdm@xxxxxxxxxxxxxxxx> wrote:
P.S. Da ich gerade die Ankuendigung "Wissenschaftliche Bibliothekare
im Nationalsozialismus" sehe, denke ich, dass man die eigentliche
Problematik der damaligen Zeit, die der damals modernen Bibliothekare,
die sich zunehmend als Dokumentare verstanden, nicht uebersehen
sollte, so schmerzlich das fuer Deutschland war und ist. Die Tatsache,
dass damals das "Gute Buch" grundsaetzlich ein nationalsozialistisches
Buch werden sollte, hat ja das "Gute Buch" so in Verruf gebracht, so
dass sich nun, nach der zusaetzlichen Erfahrung mit dem guten
kommunistschen Buch, kaum noch jemand traut zu sagen, was ein "Gtes
Buch" ist. Damals konnten sich aus meiner Sicht, Bibliothekare vor dem
Nationalsozialismus nur retten, in dem sie moeglichst historisch
arbeiteten. Der Schaden fuer das moderne Bibliotheksesen ist noch bis
heute spuerbar.
Ergänzend:
Geraubt. Die Bücher der Berliner Juden.
... + + + 26.3.1943: "In der städtischen Pfandleihanstalt Elsässer
Str.74 und in deren Lager Thaerstr. 31 lagern über 40 000 Bände aus
Privatbüchereien evakuierter Juden. [...] Es ist in dieser Masse, wie
eine Besichtigung ergab, alles von wertlosem Schund bis zu recht
wertvollen Beständen vorhanden, ein großer Teil ist unerwünschtes oder
verbotenes Schrifttum, das eingestampft werden muss. [...] Die für die
städtischen Büchereien nicht verwertbaren aber noch brauchbaren Bücher
werden seitens der Stadtbibliothek an das buchhändlerische Antiquariat
verkauft. [...] Dies ist die einzige Regelung, die die Stadt wirklich
vor Schaden bewahrt." + + + 29.4.1943: "Betr. Übernahme unserer
Bestände an gebrauchten Büchern aus Wohnungen evakuierter Juden. [...]
bestätigen wir, dass Sie unsere noch vorhandenen Bestände an
gebrauchten Büchern zum Preise von RM 45.000.- [...] erworben haben.
Es ist Ihnen bekannt, dass die Bücher aus den Judenwohnungen stammen,
deren Inhalt die Reichshauptstadt Berlin vom Reich [...] käuflich
erworben hat. [...] Sie können in den üblichen Dienststunden von Ihren
Beauftragten abgeholt werden." + + + 25.11.2008: Die Ausstellung
"Geraubt. Die Bücher der Berliner Juden" im Foyer der Berliner
Stadtbibliothek präsentiert Bücher aus dem Zugang "J" und weiteres
Raubgut aus Magazin und Depot. Nach 65 Jahren Benutzung werden die
Bücher der Öffentlichkeit gezeigt. + + + ...
Die obige Ausstellung endete Ende Februar 2009 in Berlin. Falls die
aktuell oder in kürze woanders zu sehen ist, würde mich das
interessieren.
--
MfG, Karl Dietz
www.karldietz.de
max140.
LIT. H. Haendler. Zwischen Dilettantismus und Perfektion -
Erinnerungen und Betrachtungen
Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.