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Re: [InetBib] Friede den plumpen Servern
- Date: Tue, 31 Mar 2009 18:38:04 +0200
- From: Katja Mruck <katja.mruck@xxxxxxxxxxxx>
- Subject: Re: [InetBib] Friede den plumpen Servern
Lieber Herr Ulmer,
Sie neigen, zumindest in diesem Schreiben, zu Polarisierungen, die Dinge
fuer den ersten Augenschein arg einfach machen: Hier die Bibliothekare
(und Bibliothekarinnen?), die nahe an klassischer Sklaventreiberei
agieren, dort sie als Fuersprecher der Verlage und (natuerlich vor
allem) Autor/innen, die Sie vor dem Freitod/Open Access schuetzen
wollen. Hier (Open Access?) viel Sichtbarkeit und wenig Wahrheit, dort
(in Ihrem Dunstkreis?) vielleicht weniger Sichtbarkeit, aber viel
Wahrheit -- dabei waere das Verhaeltnis von Sichtbarkeit und Wahrheit ja
mindestens als Vierfeldertafel zu konzipieren, oder? Und die Welt wuerde
wieder komplexer ...
Der könnte gerade so aus einem meiner zahlreichen Vorträge zum Thema
stammen. Wer keinen Mehrwert bietet, der macht sich überflüssig. Und von
hier kommen wir auch wieder zur Sichtbarkeit: Sichtbarkeit wird aus
zwei Dingen bestehen: aus der Verfügbarkeit und aus der Aufmerksamkeit.
Und der Akzent wird auf der Aufmerksamkeit liegen, wenn die Welt durch
unendlich viele unedierte digitalisierte Schriften und Arbeiten von
Selbstverlegern und Uniservern in einem informationellen Trommelfeuer
ertaubt, dann wird (wie schon in der Vergangenheit) die Verlagsmarke
und die Qualität der Textaufarbeitung und Texterschließung erst die
Sichtbarkeit ausmachen, nicht der plumpe Server, der nebenher vom
Institutssekretariat betrieben wird.
Nun bin ich nicht mehr sicher, ob Sie wirklich ueber Open Access schreiben:
Goldener Weg: Publikation in Open-Access-Zeitschrift --> Da "wir"
Autor/innen und "wir" Zeitschriftenredaktionen eh schon lange die
Begutachtung organsieren und da wir in immer mehr Faellen auch die
komplette Redaktions- und Lektoratsarbeit machen, wieso sollten wir die
fuer Zeitschriften, die von viel mehr Personen
gesehen/wahrgenommen/gelesen werden, schlechter machen?
Gruener Weg (meinen Sie den mit dem "plumpen Server"?):
parallele/nachtraegliche Publikation von begutachteten Beitraegen aus
Closed-Access-Zeitschriften --> 1. siehe oben und 2. werden die Verlage,
die tatsaechlich (und nicht nur nominell) noch lektorieren (und sich das
bezahlen lassen) so schlecht nicht arbeiten, hoffe ich.
Und da Sie den Akzent auf Aufmerksamkeit legen: "wir"
Wissenschaftler/innen sind im Internet angekommen, anders als
(bedauerlicherweise!) viele grade kleine Verlage. "Wir" haben unsere
disziplinaeren Mailinglisten und Foren. Fuer die Zeitschrift, an der ich
unmittelbar beteiligt bin, haben wir seit 2000 einen Stamm von
international ueber 10.000 registrierten Leser/innen aufgebaut, deren
Aufmerksamkeit kriegen wir, und so mancher (auch grosse britische oder
amerikanische) Verlag waere gluecklich, an so einen Verteiler zu kommen,
um gezielt die Aufmerksamkeit einer spezifischen Klientel auf die
eigenen Produkte zu lenken. Von hier aus waere einiges an Nachdenken
ueber Kooperationen, Open Access und echten Mehrwert (fuer
unterschiedliche Beteiligte) moeglich, dies aber jenseits von Diktatur-
und Sklavereiwortspielen ...
Ihnen herzliche Gruesse,
Katja Mruck
Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.