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Re: [InetBib] Andere Meinungen un der richtige Ton (war: Bibliothekar*tag + Gender Diskussion)



"Unverschämt" ist ein starkes Wort, liebe Frau Braun - aber es ist Ihre 
Meinung, also lassen wir sie für einen Moment einmal so im Raum stehen.

Frau Baumann ist der Meinung, so verstehe ich sie, dass die Verwendung von 
Gendersternchen (ich pauschalisiere hier, um es etwas einfacher zu machen) der 
optimale und einzig richtige Weg ist, mit der Frage der Gleichbehandlung aller 
umzugehen. Also, so argumentiert sie, müssen alle anderen doch nur den völlig 
banalen und einfach nachvollziehbaren Weg wählen, sich genau so auszudrücken. 
Wenn sie das nicht tun, dann verweigern sie sich, so verstehe ich ihre Aussage, 
modernen gesellschaftlichen Entwicklungen.

Dummerweise sehen das aber eine ganze Reihe Menschen anders. 

Ich finde es schon eine ziemlich gewagte Aussage, zu behaupten, jemand würde 
sich gesellschaftlichen Entwicklungen im allgemeinen oder der Genderdebatte im 
Speziellen verweigern, und wäre "ignorant", bloß weil er/sie/* einen ganz 
bestimmten Lösungsansatz ablehnt. Es gibt viele Wege nach Rom, Gendersternchen 
sind nur einer. Ein politisch korrektes Sternchen im Sprachgebrauch heißt noch 
lange nicht, dass man Menschen, die anders sind als man selbst, auch genau so 
akzeptiert und angemessen behandelt.

Entscheidend ist aber, dass man in Bezug auf diese Ausdrucksform auch anderer 
Meinung sein *DARF*. Diese andere Meinung auszuhalten - und zu respektieren - 
darf genauso von jenen erwartet werden, die Gendersternchen als Lösung 
bevorzugen. Das ist Pluralität, das ist Demokratie, Frau Braun, und wenn ich 
andere Meinungen neben meiner eigenen nicht gelten lasse, weil ich propagiere, 
dass meine Meinung die einzig richtige ist, und das auf eine außerordentlich 
aggressive und ungehobelte Weise,  dann muss ich mich nicht wundern, wenn meine 
Haltung in Bezug auf andere in Frage gestellt wird. Wenn man Respekt für eine 
Sichtweise einfordert, dann muss man denselben Respekt auch anderen Sichtweisen 
gegenüber ausüben. Und das tut Frau Baumann in meinen Augen nicht. 

Das ist meine Meinung, Frau Braun, und die zu äußern ist genauso legitim, wie 
Sie es für Frau Baumann (zu Recht) in Anspruch nehmen. Insofern empfinde ich es 
auch nicht als "unverschämt", diese zu äußern. 

Freundliche Grüße

Uwe Böttcher

-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: InetBib <inetbib-bounces@xxxxxxxxxx> Im Auftrag von K B via InetBib
Gesendet: Freitag, 2. Juli 2021 10:34
An: inetbib@xxxxxxxxxx
Betreff: Re: [InetBib] Andere Meinungen un der richtige Ton (war: 
Bibliothekar*tag + Gender Diskussion)

Liebe Leute,

in einer Streitkultur einen nicht-beleidigenden Ausdruck zu finden, auch wenn 
die Diskussion hitzig wird, halte ich grundsätzlich auch für außerordentlich 
wichtig, aber diesen Vorwurf nur an Frau Baumann und Herrn Becker zu richten, 
ist in meinen Augen nicht gerechtfertigt. Diese Ansprache sollte auch anderen 
gelten, welche im Zuge dieser Diskussion ausserordentlich abfällig bewerten und 
polarisieren. Glg kann einem aber auch mal der Geduldsfaden reissen, daraus 
gleich einen Rückschluss auf ein gemindertes Demokratieverständnis zu ziehen, 
nun ja, das halte ich doch für unangebracht, sogar etwas unverschämt. Und ja, 
hinter unserem Sprachgebrauch steht das Gewicht von 2000 Jahren überwiegend 
männlich geprägter Kulturgeschichte, das schütteln manche eben etwas schwerer 
oder auch gar nicht ab. Das kann ich bis zu einem gewissen Punkt auch 
nachvollziehen, Veränderungen können eine gewaltige Herausforderung sein und 
liegen einem manchmal schwer im Magen oder in diesem Fall auf der Zunge. Aber 
daraus abzuleiten, dass sie deshalb falsch sein müssen, halte ich für fatal. Es 
ist noch viel zu tun. Und am besten fängt man bei sich selbst an.

Respektvolle Grüße
Katharina Braun

Am Fr., 2. Juli 2021 um 07:49 Uhr schrieb Boettcher, Uwe via InetBib <
inetbib@xxxxxxxxxx>:

Guten Morgen Herr Becker, guten Morgen Frau Baumann,

finden Sie wirklich, dass es eine gute Idee ist, Menschen, die anderer 
Meinung als Sie sind, öffentlich als "ignorant" zu bezeichnen? Ich 
finde, das sagt sehr viel über Ihre Streitkultur und über Ihr 
Demokratieverständnis aus.

Es gibt Menschen - und nicht wenige, wie wir gesehen haben -, die 
haben gute Gründe, Sternchen als Ausdrucksform ihrer Wertschätzung für 
andersgeschlechtliche Menschen abzulehnen. Und das ist genauso gut und 
richtig und legitim wie die gegenteilige Position.

Deswegen muss sich niemand, Frau Baumann, "verdammt nochmal damit 
[gemeint ist IHRE Meinung] abfinden", um es auf Ihre Weise zu sagen.

Das ist ein freies Land, hier darf jede und jeder die eigenen Meinung 
haben, selbst wenn sie nicht mehrheitsfähig ist. Unterschiedliche 
Meinungen darf, sollte, ja vielleicht muss man sie sogar diskutieren, 
aber bitte im richtigen Ton. "Verdammt" ist nicht der richtige, und 
ein wenig öffentlicher Respekt für andere Meinungen als die eigene gehört 
auch dazu.

Freundliche Grüße von

Uwe Böttcher

-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: InetBib <inetbib-bounces@xxxxxxxxxx> Im Auftrag von Tom Becker 
via InetBib
Gesendet: Donnerstag, 1. Juli 2021 19:58
An: inetbib@xxxxxxxxxx
Betreff: Re: [InetBib] Bibliothekar*tag + Gender Diskussion

Liebe Laura

danke für Deine offenen Worte... diese Diskussion ist in vielen Teilen 
unerträglich ignorant hier - ich hätte gedacht, wir wären bereits 
etwas weiter, und als 'personifizierte Bibliotheken' etwas offener... 
Da scheint es wohl noch viel Arbeit zu geben....

Man weiss dann ja recht schnell,  dass diese Haltung, die hier oftmals 
nicht nur zwischen den Zeilen propagiert wird, auch im öffentlichen 
Raum eine Atmosphäre schafft, die weit entfernt von einer würdigen 
Willkommenskultur ist.

Ich verzweifle da dann doch innerlich etwas, man nimmmt doch mit dem * 
niemandem was weg, und macht das Leben bunter, nahbarer und 'würdiger'
für viele. Dafür sollten wir stehen als Mensch und als Institution.

Im Berufsverband werden wir als BIB versuchen, die Angebote, die wir 
in den beiden Demokratiekursen letztes und dieses Jahr aufsetzen 
konnten, weiter zu führen. Und mir scheint es da noch viel relevanter, 
dass wir an der Haltung im Berufsstand ansetzen müssen. Ein Fazit, 
dass die Teilnehmer*innen und wir bereits gezogen haben. Erste Ideen 
haben wir mit der Aktionsbox bereits konkretisieren können.

Wir bleiben am Ball. Und wir Bunten und Offenen müssen lauter, 
sichtbarer, fordernder und wehrhafter werden. Klaus Mann fällt mir da 
immer wieder ein mit seinem "Ruhe gibt es nicht, bis zum Schluss!"

Grüße

Tom Becker


Am 01.07.21 um 19:15 schrieb Laura B via InetBib:
Liebe Leser*innen dieser Liste,


nachdem ich jetzt seit Tagen hier mitlese, muss ich mich jetzt doch 
mal
mit einmischen.


Als jemand der die Petition mit gestartet hat, möchte ich vorneweg 
sagen das es uns nicht nur darum geht alle Geschlechter (ja, es gibt 
mehr als zwei, sollten sie das immer noch nicht wissen, empfehle ich 
eine Suchmaschine ihrer Wahl) mit einzubeziehen, sondern auch darum 
das in Bibliotheken, bzw. bibliothekarischen Einrichtungen nicht 
mehr nur Bibliothekare und auch Bibliothekar*innen arbeiten sondern 
auch FAMIs, Medienpädagog*innen, ITler*innen, etc. etc. etc. Wer 
also der Meinung ist, das der "Bibliothekartag" deswegen langsam im 
Jahr 2021 einen neuen Namen verdient hat, der möchte bitte gerne die 
Petition unterschreiben, zu finden unter diesem Link:
https://eur01.safelinks.protection.outlook.com/?url=https%3A%2F%2Fwww.
openpetition.de%2Fpetition%2Fonline%2Fzeitgemaesser-name-fuer-den-bi
bl
iothekartag&amp;data=04%7C01%7Cuwe.boettcher%40whu.edu%7Cc4f20de0ffe
b4
f186dc408d93cb9d2a7%7Cfd0fb88881d0438694628a094cc4592e%7C1%7C0%7C637
60 
7591076509456%7CUnknown%7CTWFpbGZsb3d8eyJWIjoiMC4wLjAwMDAiLCJQIjoiV2
lu 
MzIiLCJBTiI6Ik1haWwiLCJXVCI6Mn0%3D%7C1000&amp;sdata=OpYdHyEc4QsdfW74
cM
7%2FHJAqbsgFQvrAa%2Bg7stBVV7s%3D&amp;reserved=0


Des weiteren möchte ich jetzt ein paar Worte als nicht-binärer 
Mensch
sagen, die an sich nichts mit der Petition an sich zu tun haben, aber 
sich auf die momentane Diskussion hier beziehen:  Es hat mich absolut 
nicht gewundert, als hier die Diskussion um Gendern losging, das 
scheint ja inzwischen ein Lieblingsthema von allen Deutschen geworden 
zu sein. Leider muss man schon fast sagen, hat es mich ebenso nicht 
gewundert, wie viel Ignoranz und Ablehnung hier in die Öffentlichkeit 
getragen wurden.


Das * im deutschen existiert nicht nur um die binären Geschlechter
männlich-weiblich gleichgerecht mit einzubeziehen (was schon wichtig 
genug ist), sondern auch um alle Menschen die sich diesem binären 
System nicht zugehörig fühlen auch mit einzubeziehen. Ich spreche hier 
nicht für die ganze nicht-binäre Community und schon gar nicht für die 
ganze LGBTQIA+ Community, aber persönlich kann ich Ihnen sagen, es tut 
mir in Teilen immer noch verdammt weh, wenn die Inklusion von mir, 
meiner nicht binären Geschlechtsidentität als "Sprechknoten ", als 
"furchtbar", als "ideologische Vereinnahmung der Sprache", als 
"verhunzung der deutschen Sprache" etc. bezeichnet wird. Es ist mir, 
wenn ich jetzt mal so direkt sein darf, verdammt egal ob Ihnen Worte 
wie Bibliothekar*innen, Medienpädagog*innen etc. schwierig zum 
aussprechen vorkommen, oder sie irgendwie unschön finden, es ist 2021, 
lernen Sie damit umzugehen, wir haben haufenweise neue Wörter in 
unserer deutschen Sprache es kann doch nicht so verdammt schwer sein 
eine kurze Pause in Worte einzubauen. Ich lebe seit meiner Geburt in 
einem System das es mir immer wieder klar macht, dass ich als 
nicht-binäre Person irgendwie nicht erwünscht bin und irgendwie nicht 
dazu gehören, das kann ich Ihnen sagen ist wesentlich unschöner als 
irgendwo in Wörtern ein * unterbringen zu müssen. Lernen Sie damit 
klar zu kommen, dass die Welt sich verändert und es mehr als nur 
schwarz-weiß denken auch beim gendern gibt und unsere sehr gegenderte 
deutsche Sprache sich nun mal etwas daran anpassen muss.


Es wurden bereits Studien und Bücher zu diesem Thema verlinkt die 
das
ganze wissenschaftlich angehen, von daher tue ich das jetzt hier nicht 
mehr. Gegenargumentationen von einem Verein der schon häufiger wegen 
rechtspopulistischen Aussagen aufgefallen ist ( 
https://eur01.safelinks.protection.outlook.com/?url=https%3A%2F%2Fwww.
volksverpetzer.de%2Fhintergrund%2Fverein-deutsche-sprache%2F&amp;data=
04%7C01%7Cuwe.boettcher%40whu.edu%7C1d6e9319e4e14ca44c1708d93d343861%7
Cfd0fb88881d0438694628a094cc4592e%7C1%7C0%7C637608116763420775%7CUnkno
wn%7CTWFpbGZsb3d8eyJWIjoiMC4wLjAwMDAiLCJQIjoiV2luMzIiLCJBTiI6Ik1haWwiL
CJXVCI6Mn0%3D%7C1000&amp;sdata=WnncXs5qW7PPCUe%2F22ojwVolYFzoDBO5Zhlbv
%2F5cmC4%3D&amp;reserved=0), fallen bei mir im übrigen direkt als 
ungültig weg, aber das überlasse ich natürlich jedem selbst, wem er da 
glauben schenken möchte.


Gezeichnet,

Nik Baumann

(they/them, sie/ihr)


--
Dr. Tom Becker
===
Professor für Medienmanagement und Medienvermittlung in Bibliotheken 
(FH) Studiengangsleiter B.A. 'Bibliothek und digitale Kommunikation'
Bundesvorstandsmitglied im Berufsverband Information Bibliothek (BIB e.V.
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