Liebe Lesegemeinde!Dazu passt folgende Information, die mir gestern durchs offene Fenster auf den Tisch geflattert kam:
/"Perhaps of interest: Helsinki Administrative Court has decided a few days ago that information on how much universities (or their consortium FinElib) are paying for licenses of ebooks (in this case to Elsevier) is public knowledge. /
/ //Universities had decided not to give out this information, based on demands of publishers. According to the court this kind of information is not a trade secret./
/ //As far as I know there have been similar cases in other European countries."/
MfG Harald Müller Am 18.08.2015 um 21:53 schrieb Christian Gutknecht:
Herr Umstätter, Wenn ich mich in die Situation eines UB-Direktors versetze, bräuchte ich ehrlich gesagt keine Juristen um zu erkennen, wie absurd das traditionelle System (angesprochene Zugangsmiete etc.) geworden ist. Die Frage ist als UB-Direktor wohl eher: Gebe finde ich mich mit dieser Situation ab oder habe ich den Willen und die Fähigkeit strategisch etwas zu ändern. Wenn ich letzteres wirklich möchte, könnte ich die Expertise der Juristen auch explizit einholen, um für meine strategischen Ziele zu nutzen. Ein gutes Beispiel ist hier die Universität Zürich die relativ früh ein Rechtsgutachten zu Open Access (http://doi.org/spk) in Auftrag gegeben hat, um den rechtlichen Rahmen in der Schweiz auszuloten. Das Gutachten war in der Folge bei der Argumentation für OA gegenüber unsicheren Autoren oder ignoranten Verlagen sehr hilfreich. Ich wage zu behaupten, hätte man vor Jahren in derselben Tiefe die rechtlichen Grundlagen (Öffentlichkeitsgesetz, öffentliches Beschaffungswesen) von den klassischen Lizenzverträgen durch ausgewiesene Juristen überprüfen lassen, hätte sich vermutlich schnell herauskristallisiert, dass sich die eingeschlichene Praxis von Geheimhaltungsvereinbarungen sich rechtlich nicht halten lässt. Auch politisch gesehen, ist Transparenz bei öffentlichen Beschaffungen inzwischen mehrheitsfähig. Ende letztes Jahr hat das Schweizer Parlament den Willen geäussert, das bestehende Transparenzgebot sogar zu verschärfen. Künftig müssen Beschaffungen des Bundes - betrifft also auch die Bibliotheken des ETH-Bereichs - über 50’000 CHF jährlich maschinenlesbar verfügbar gemacht werden: http://www.parlament.ch/d/suche/Seiten/geschaefte.aspx?gesch_id=20143045 <http://www.parlament.ch/d/suche/Seiten/geschaefte.aspx?gesch_id=20143045>. Meines Erachtens stehen Bibliotheken des Bundes aber schon seit Jahren in der Pflicht freihändig vergebene Aufträge für Dienstleistungen über 230’000 CHF gemäss Verordnung des öffentlichen Beschaffungswesen Art 28 (https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19950538/index.html#a28 <https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19950538/index.html#a28>) zu deklarieren. Von daher denke ich, dass ein früher Bezug von Juristen schon längstens hätte aufzeigen können, dass eine öffentlich finanzierte Bibliothek keine Geheimhaltungsvereinbarung eingehen kann. Das Wissen um diese rechtliche Situation, hätte wiederum dem Konsortium bei den Verhandlungen den Rücken gestärkt und wir könnten bereits heute die längst überfällige Diskussion zu den Kosten von Subskriptionen führen. Apropos, es ist eine widerlegte Behauptung, dass Verlage ohne Geheimhaltungsvereinbarung nicht bereit sind zu verkaufen. Bitte einfach mal kurz die Policy der Cornell University Library lesen: https://www.library.cornell.edu/about/inside/policies/nondisclosure <https://www.library.cornell.edu/about/inside/policies/nondisclosure> (Und als Beweis gerne meine entsprechende Nachfrage: https://wisspub.files.wordpress.com/2014/10/auskunft-cornell-library-nondisclosure-agreements.pdf <https://wisspub.files.wordpress.com/2014/10/auskunft-cornell-library-nondisclosure-agreements.pdf>). freundliche Grüsse Christian GutknechtAm 04.08.2015 um 12:28 schrieb h0228kdm <h0228kdm@xxxxxxxxxxxxxxxx>: Am 2015-07-27 13:24, schrieb Christian Gutknecht:Herr Umstätter, Ich bin mir ehrlich gesagt nicht so sicher, ob die Bibliotheken auf das rechtlich dünne Eis geschickt werden (von wem den bitte?), oder ob sie es nicht - wenn nicht aktiv, dann fahrlässig - selber begehen.Sehr geehrter Herr Gutknecht, Im Prinzip bin ich ja gleicher Meinung wie Sie. Wenn ich mich aber kurz in die Situation eines UB-Direktors versetze, und die Juristen sagen mir, dass ich elektronische Dokumente nicht wirklich erwerben, sondern für horrendes Geld nur begrenzte Zeit nutzen darf, kann ich etliches, was ich eigentlich für meine Wissenschaftler verfügbar halten müsste nicht gewährleisten. Außerdem, wenn mir ein großer Verlag sagt, dass er mir seine Produkte nur anbietet, wenn wir über die Verhandlungen Verschwiegenheit verinbaren, habe ich nur zwei Möglichkrit. 1. Mich an diese Vereinbarung zu halten. 2. Auf die Verlagsprodukte zu verzichten, was meine Wissenschftler dann rasch verstimmt. Fazit, die Juristen schicken zur Zeit etliche Bibliotheken auf das besagte dünne Eis. Ich stimme Ihnen aber insofern auch hier zu, dass einige Bibliotheken zu wenig Widerstand gegen diese momentane Entwicklung leisten. Mit freundlichen Grüßen Walther UmstätterIn den Schlichtungsverhandlungen, die ich kürzlich u.a. mit dem Schweizer Konsortium beim Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten führte, zeigte sich, dass auf Seitens Konsortium nur ein geringen Verständnis des seit 2006 geltenden Öffentlichkeitsgesetz auf Bundesebene vorhanden war. Auch bei der Frage, ob die Subskriptionsverträge nicht den WTO-Ausschreibungsregelungen unterliegen (d.h. Deklarationspflicht bei eigenhändigen Vergaben), bestand grosse Unsicherheit. Dass solche gewichtige Fragen bei dem grossen Einkaufsvolumen des Konsortiums bislang nicht sauber geklärt wurden, deutet meiner Meinung nach schon auf langjährige Versäumnisse der Bibliotheken hin. Immerhin kommen wir der Klärung in der Schweiz etwas näher. Der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte (EDÖB) hat den ETH-Bibliotheken kürzlich empfohlen die Beträge offenzulegen: http://wisspub.net/2014/10/13/intransparenz-bei-den-bibliotheksausgaben-von-schweizer-hochschulen/#update_20_07_2015 <http://wisspub.net/2014/10/13/intransparenz-bei-den-bibliotheksausgaben-von-schweizer-hochschulen/#update_20_07_2015 <http://wisspub.net/2014/10/13/intransparenz-bei-den-bibliotheksausgaben-von-schweizer-hochschulen/#update_20_07_2015>> - Und ja, die Meldung des Konsortium Baden-Württemberg zum Elsevier-Vertrag ist schon ein ziemlicher Kontrast zu der kürzlichen Meldung aus den Niederlanden wo inzwischen das dritte Angebot von Elsevier dieses Jahres abgelehnt wurde, weil es zuwenig Entgegenkommen bezüglich OA beinhaltete: http://www.vsnu.nl/files/documents/Publications/Factsheets/33_Elsevieropenaccessnegotioationsindeadlock.pdf <http://www.vsnu.nl/files/documents/Publications/Factsheets/33_Elsevieropenaccessnegotioationsindeadlock.pdf> <http://www.vsnu.nl/files/documents/Publications/Factsheets/33_Elsevieropenaccessnegotioationsindeadlock.pdf <http://www.vsnu.nl/files/documents/Publications/Factsheets/33_Elsevieropenaccessnegotioationsindeadlock.pdf>> Den „herausgehobener Akteur“ den das Land BW in seiner E-Science Strategie zu Open Access (https://mwk.baden-wuerttemberg.de/de/forschung/forschungslandschaft/e-science/) sein möchte, kann ich bei dem verkündeten Elsevier-Deal als Aussenstehender leider nicht erkennen. Der strategischen Weitblick, dass das Fortführen von Closed-Access Deals, den Transformationsprozess zu Open Access massiv behindert und teuerer macht, scheint in BW, wie leider auch in der Schweiz, nicht vorhanden zu sein. - Noch ein Wort zu Nationallizenzen. Wissenschaftliches Publizieren ist ein internationales Unterfangen. Weshalb schaffen wir es nicht globale Lösungen dafür zu finden? Das sollte doch weiss Gott hundert mal einfacher sein, als eine Lösung für den Klimawandel zu finden. Bei Gold Open Access - welche Nationallizenzen überflüssig machen - überschneiden sich die Interessen der Bibliotheken stark und sollten sich bündeln lassen. Bei SCOAP3 haben wir es doch auch geschafft! Es wäre sehr ineffizient, wenn sich jedes Land, mit Misstrauen auf die OA-Efforts der anderen, sich weiter den Abschlüssen von Nationallizenzen hingeben würde. Da kann ich Stephen Curry nur recht geben: Nationallizenzen sind nicht die Lösung: http://occamstypewriter.org/scurry/2015/04/08/open-access-a-national-licence-is-not-the-answer/ freundliche Grüsse Christian GutknechtAm 18.07.2015 um 14:58 schrieb h0228kdm <h0228kdm@xxxxxxxxxxxxxxxx>: Im Prinzip muss ich Dr. Graf leider zustimmen, auch wenn ich die damit verbundene Diktion ablehne. Es wäre auch interessant zu erfahren, was die knapp 2.500 Zeitschriften pro Jahr kosten. Denn es geht nach meiner Auffassung nicht an, dass solche öffentlich relevanten Erwerbungen geheim gehalten werden. Das führt doch nur zu einer Unehrlichkeit bei der Preisgestaltung. Bei der Buchpreisbindung achtet das Verlagswesen möglichst genau auf die Einhaltung, aber wenn es darum geht, die Bibliotheken gegeneinander auszuspielen, wird heimlich geschachert. (Divide et impera) Im Prinzip sind Bibliotheken verpflichtet, mit Hilfe ihrer Kataloge nachzuweisen, was sie für wie viel Geld erworben haben. MEDLARS (von der National Library of Medicine) ist ursprünglich dadurch entstanden, dass der US-Amerikanische Steuerzahler das Recht hat, zu erfahren, was mit seinen Steuergeldern in der medizinischen Forschung finanziert wird? Aus meiner Sicht werden die Bibliotheken damit rechtlich immer weiter auf dünnes Eis geschickt. Das begann schon damit, dass sie elektronische Dokumente nicht mehr kaufen, sondern nur noch Nutzungsrechte erwerben dürfen, und nun geben sie Gelder aus, von denen niemand weiß, ob die Höhe gerechtfertigt ist, was zwangsläufig dazu führt, dass Dr. Graf unterstellt, dass hier Elsevier „hofiert“ wurde. Das begann vor zwanzig Jahren, als ISI den Engländern einen verlockenden Preis für den elektronischen Science Citation Index machte, so dass sich immer mehr Länder gezwungen sahen nachzuziehen, und ihre Bibliothekserwerbungen über Konsortien zu organisieren. Danach erhielten die Bibliotheken immer mehr Zugriffsrechte, über deren Kauf sie aber immer seltener entscheiden durften. Außerdem wurde ihnen diese externen Finanzierungen entzogen, so dass sie permanent sinkende Etats beklagten, obwohl Elsevier, so weit erkennbar, immer besser verdiente. Bezüglich der Nationallizenz wäre auch an GASCO zu denken. MfG Walther Umstätter Am 2015-07-18 14:29, schrieb Juergen Fenn:Am 18.07.2015 um 13:54 schrieb Klaus Graf <klaus.graf@xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx>:<http://www.pr.uni-freiburg.de/pm/interne-nachrichten/zugang-zu-knapp-2.500-zeitschriftentiteln> Von Open Access ist keine Rede. In den Niederlanden will man Elsevier boykottieren, hier hofiert man ihn. http://archiv.twoday.net/search?q=elsevier Wer heute Lizenzverhandlungen nicht für einen klaren und eindeutigen Einstieg in Open Access nutzt, hat nichts begriffen.Zum einen dies; hilfsweise wäre eine Nationallizenz wünschenswert gewesen. Und wie kommt es überhaupt, daß hier ein Bundesland sich vom Rest der Republik abhebt und ausklinkt? Warum wird so ein Vertrag nicht bundesweit geschlossen? Viele Grüße, Jürgen Fenn.-- http://www.inetbib.de-- http://www.inetbib.de <http://www.inetbib.de/>
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