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Re: [InetBib] VDM-Thematik



Ja, natürlich, wenn ich bei einem bestimmten Verlag dringend publizieren will, 
dann kann es sein, dass dieser mir eine Zweitveröffentlichung kostenlos im Netz 
verwehrt. Da muss man abwägen zwischen der Bedeutung einer Publikation bei 
diesem Verlag oder der freien Publikation. Und genau deshalb frage ich in 
diesem Fall ja nach:
War VDM für die Autorin so wichtig, dass sie zähneknirschend auf die freie 
Publikation verzichtet hat? Wollte sie aus höherer Ironie diese Arbeit bewusst 
bei VDM haben und hat deshalb freiwillig auf die freie Veröffentlichung 
verzichtet? Oder hatte sie nie beabsichtigt die Arbeit frei ins Netz zu 
stellen, und bei welchem Verlag die kommt war ihr auch egal? Rätsel über 
Rätsel. Aber wenn man Menschen ernst nimmt, dann sollte man auch ihre 
Entscheidungen als bewusst und gewollt betrachten. Deshalb kann ich hier auch 
niemanden als Opfer erkennen  sondern finde das (wie von Herrn Geisler ja 
ursprünglich vorgelegt) einen sehr kuriosen Fall.

Wenn SIe Verleger wären... Ich würde zumindest im Vertrag mir erst Mal 
exklusive Rechte übertragen lassen. Wenn dann ein Autor kommt und wegen einer 
Zweitveröffentlichung anfragt, dann würde ich das mit ihm besprechen und 
prüfen, ob das dem Buch schadet oder nicht. Fast immer würde ich wohl die 
Zweitveröffentlichung erlauben. Nur im vorliegenden Fall, da hätte ich schon 
ein Problem: eine Monografie zum Thema Bibliothekseinkauf, die auf einem Server 
den Bibliotheken frei verfügbar gemacht werden soll, da würde ich die Autorin 
dann schon fragen, ob das sinnvoll ist.

Ihren letzten Teil dagegen verstehe ich wirklich nicht. Ist es schlimm, dass 
Sie so lange Listen mit Anschaffungswünschen haben, dass Sie die nicht mehr im 
Detail prüfen können? Oder ist es schlimm, dass durch ein schwarzes Schaf viele 
andere anständige Verlage in Mißkredit geraten und Schaden leiden?
Für den ersten Fall wüsste ich eine Lösung: wenn eine Aushilfskraft auch nur 
alle zwei Stunden einen "schlechten" Titel aus der Liste heraus fischt, dann 
hat sich die Aushilfskraft schon von selbst bezahlt gemacht. 
Für den zweiten Fall kann ich nicht mit einer Lösung dienen, leider. Dass die 
große Mehrheit der Verlage unter dem schlechten Ruf einer Hand voll leidet und 
in Sippenhaft genommen wird, das ist nun leider Praxis und unser bitterer 
Alltag seit ein paar Jahren.

Gruß
Matthias Ulmer


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Eugen Ulmer KG
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Registergericht Stuttgart, HRA 581
Geschäftsführer: Matthias Ulmer





Am 19.07.2011 um 16:31 schrieb Müller, Harald:

Lieber Herr Ulmer,

ich gebe gerne zu, daß ich nicht weiß, wie ein Autorenvertrag bei VDM 
aussieht. Es könnte aber sein, daß der Verlag sich alle Nutzungsrechte 
übertragen läßt - einschließlich des Rechts gemäß § 19b UrhG (für 
Nichturheberrechtler = Onlinerecht). Dann wäre es der Kollegin verwehrt, ihr 
interessantes Buch selbst online auf einem Server der Bibliothekswelt frei 
zugänglich zu machen. Wäre ich Verleger, würde ich meinen Autoren solche 
Knebelverträge zum Unterschreiben geben - in gaaaaaaanz kleiner Schrift und 
in Juristendeutsch, damit sichergestellt ist, daß 99,9% der Menschen nix 
verstehen. Und was hätte ich als Verleger davon? Na klar, viele Bibliotheken 
würden die Printausgabe kaufen, weil sie den Titel so interessant finden. 
Denn online kommen sie an den Text nicht heran.

Wissen Sie was ich so schlimm an diesem Fall finde? Da die 
Erwerbungsentscheidung auch bei uns ein Massengeschäft ist, kann ich mir bei 
der Durchsicht von Listen/Bibliographien etc. nicht lange überlegen, welcher 
Verlag ein Buch herausbringt. Wenn ich den Verlagsort "Saarbrücken" lese, 
gehe ich fast schon automatisch zum nächsten Titel weiter. Damit übergehe ich 
eventuell andere, gute Verlage aus Saarbrücken mit ihren wichtigen 
Veröffentlichungen. Das ist nicht gut von mir.

Beste Grüße

--
Dr. Harald Müller

Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht / 
Bibliothek
Max Planck Institute for Comparative Public Law and International Law / 
Library
Im Neuenheimer Feld 535; D-69120 Heidelberg
Phone: +49 6221 482 219; Fax: +49 6221 482 593
Mail: hmueller@xxxxxxx

-----Original Message-----
From: inetbib-bounces@xxxxxxxxxxxxxxxxxx 
[mailto:inetbib-bounces@xxxxxxxxxxxxxxxxxx] On Behalf Of Matthias Ulmer
Sent: Tuesday, July 19, 2011 4:03 PM
To: Internet in Bibliotheken
Subject: Re: [InetBib] VDM-Thematik

Lieber Herr Müller, das verstehe ich nicht: 

Wenn die geschätzte Kollegin ihr Werk nicht online stellen kann/darf, obwohl 
sie gerne möchte, liegt das vielleicht am fehlenden "nichtabdingbaren 
Zweitverwertungsrecht" in § 38 UrhG. (Aber das ist ein anderes Thema, und 
interessiert eh keine S... Ups!)

Wenn die  Autorin das hätte online stellen wollen, dann hätte sie  es doch 
nur tun müssen? Es gibt doch keinen Zwang bei VDM zu publizieren, oder?
VDM ist ein Schmarotzer-Geschäftsmodell, das die Bibliotheken abzockt. Dass 
es so gut funktioniert, das tut wirklich weh. Aber es ist halt  auch ein 
"Beifang" der Digitalisierung, so wie die Zuschussverlage ein Relikt der 
Print-Ära sind. Der Börsenverein kann weder die einen noch die anderen aus 
dem Verband ausschließen. Der Versuch wurde gemacht, als Berufsverband hat 
man aber nicht das Recht einzelnen Unternehmen die Mitgliedschaft zu 
verweigern, solange sie nicht gegen die Satzung verstoßen. Der Verband ist 
damit leider vor Gericht gescheitert.

Viele Grüße
Matthias Ulmer



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http://www.inetbib.de

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