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[InetBib] VDM-Thematik
Hallo an die Liste,
aus meiner Sicht sollte man das Thema VDM entspannter und ohne Schaum vor dem
Mund sehen. Das ist erstmal ein Verlag mit einem extrem heterogenen Angebot.
Beim VDM selber (also dem "Mutterhaus", wenn man das in dieser verschachtelten
Konstruktion überhaupt so benennen kann) erscheinen nach meiner Beobachtung ja
ausschliesslich universitäre Abschlussarbeiten (Mag., Dipl., Diss.; Habil. sind
mir beim VDM noch nicht untergekommen). Als solche sind diese normaler
Bestandteil der grossen Masse von akademischen Publikationen, aus denen wir
auswählen. Also gelten hier die gleichen Kriterien wie bei anderen Verlagen. Da
die wenigsten Verlage akademische Publikationen mit einem Lektorat betreuen,
kommt bei der Auswahl der zu erwerbenden Titel bei den meisten von uns wohl
eine Mischung aus finanziellen und fachlich passenden Aspekten zum Tragen. Da
sieht es aus meiner Sicht in den Sozialwissenschaften (ich betreue an der UB
Bamberg als Fachreferent u.a. die Soziologie und Politikwissenschaften) beim
VDM auch nicht anders aus als bei etlichen anderen Verlagen. Was ist besser an
renomierten Verlagen wie Springer und Brill mit ihren Mondpreisen, von Kovac
und anderen ähnlich operierenden Verlagen zu schweigen? Und wie sieht es bei
den grossen angloamerikanischen Verlagen wie Routledge etc. aus? Damit will
ich längst nicht alle Verlage über einen Kamm scheren. Transcript ist z.B. ein
in den Sozialwissenschaften hochaktiver Verlag mit einem preislich sehr
akzeptablem Angebot, aus dem jede Bibliothek mit sozialwissenschaftlicher
Fächerstruktur reichthaltig auswählen wird. Es lassen sich noch viele weitere
nennen, u.a. wären für mich VS, Budrich, Lit, das Westfäl.Dampfboot, Campus,
Nomos, Beck, Verlage, deren Publ. ich sehr häufig erwerbe. Die Liste ist
natürlich eine rein zufällige und lässt sich noch sehr viel umfangreicher
gestalten, wenn ich nur mal an unsere Neuerwerbungslisten denke!
Sehr ärgerlich ist bei VDM, aber auch bei Verlagen wie Diplomica und anderen
ähnlich operierenden Verlagen, dass in den bibliographischen Angaben fast nie
ein Hinweis auf den Ursprung der Werke enthalten ist, also dass es sich um
Dipl.-Arb. oder Diss. handelt. Diese Angaben muss man sich jeweils relativ
mühselig zusammengoogeln. Aber wahrscheinlich ist bei einem sich selber als
"moderne Verlagsfabrik" (siehe den TAZ-Artikel) bezeichnenden Unternehmen
jedes Jota an Mehrarbeit unerwünscht.
Auf einem ganz anderen Blatt stehen die diversen Tochteruntenehmen des VDM, die
meiner Meinung nach nur Schrott "veröffentlichen" (eigentlich verbietet sich
schon die Wortwahl). Auf einen Anschaffungswunsch eines Studenten habe ich
einmal eine Publikation von Betascript gekauft, was sehr lehrreich war und den
Erwerb von Veröffentlichungen dieser diversen Verlage (Kann man diese
Briefkastenkonstrukte überhaupt als Verlage bezeichnen?) für dieZukunft
ausschliesst.
Von Grin (um eine andere Hassfigur unter Bibliothekaren noch anzusprechen)
kaufe ich nur Bücher, wenn es sich um Diss. handelt. Aber ausschliessen lassen
sich auch die Publikationen von Grin per se nicht!
Wenn Anschaffungsvorschläge auf Titel von Grin oder VDM reinkommen, muss man
sich halt generell die Mühe machen und auf der Verlagsseite nachschauen, worum
es sich bei diesen Titeln handelt. Sind es bei VDM ja wohl immer
Abschlussarbeiten zumindest auf Mag. oder Dipl.-Niveau, sieht es bei Grin
bekanntermassen ganz anders aus; das stellt dort eher die grosse Ausnahme dar.
[Wir haben einmal ein Geschenk von Grin bekommen, das noch die roten
Korrekturanmerkungen von WORD enthielt; wir haben auf die Annahme verzichtet
...] Aber aus Gründen der bibliothekarischen Reinheit diese Verlage
auszuschliessen und Anschaffungswünsche pauschal zurückzuweisen, halte ich für
falsch.
Insgesamt ist es für mich auch im Zusammenhang mit diesem Thema unerlässlich
für Bibliothekare, Beratungsangebote für Universitätsangehörige zu machen und
Publikationsoptionen zu benennen, auch wenn die Kompetenzen sich da erst noch
herausbilden müssen. Das Wissen um die von Bibliotheken zur Verfügung
gestellten Möglichkeiten und generell die Optionen des freien Publizierens ist
nach wie vor zu gering, weswegen hier weiterhin verstärkte Aktivitäten durch
die Bibliotheken nötig sind.
Schönen Gruss aus Bamberg
Andreas Drechsler
--
Dr. Andreas Drechsler
Bibl.-Oberrat
Universitätsbibliothek Bamberg
PF 2705
96018 Bamberg
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