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Re: AW: AW: [InetBib] Professor Reuß, das Urheberrecht und 1995



Lieber Herr Eberhardt,

das ist alles so irrwitzig, dass man kaum darauf antworten kann.   
Ihre Kommunikationstheorie in Ehren: aber wenn Sie immer andere dafür  
haftbar machen, was Sie aus Ihrem Kontext heraus meinen verstehen zu  
müssen, dann kann eine Diskussion natürlich nie zum Ziel führen.  Vor  
allem, wenn durch Misstrauen Sie offensichtlich beim Lesen eines  
Satzes schon wissen, was Sie darin lesen wollen, bevor sie ihn fertig  
gelesen haben. Ihre Erläuterungen helfen mir zu verstehen, was Sie  
alles falsch verstehen können. Mehr aber auch nicht.

Das Thema Wahrheit und Sichtbarkeit haben wir tatsächlich ohne jeden  
Bezug zu Heidelberg diskutiert. Ich habe tatsächlich über die  
Problematik der Print-Impact-Faktoren gesprochen. Mehr nicht. Und was  
Sie dann daraus ableiten...

"dann sehe ich nur zwei Bezugsmöglichkeiten. Die eine, Sie meinen mit  
der "Fremdsteuerung" die DFG und die anderen  
Forschungsförderorganisationen, die "extern" sind und evaluieren und  
den Wissenschaftler zwingen wollen (wie Reuß ja behauptet). Die  
andere, sie meinen positiv Herrn Reuß, der nach der Wahrheit strebt,  
im Unterschied zu andern. In jedem Fall haben wir eine Opposition  
zwischen den guten Wahrheitssuchern und den bösen andern. Das ergibt  
sich aus dieser zweiwertigen Denkweise. Und wenn Herr Reuß auf der  
einen Seite steht, wo steht dann Open  Access? Und wenn Open Access  
Sichtbarkeit impliziert und die Wahrheit der Sichtbarkeit  
gegenübergestellt wird, ist dann Open Access wahr oder unwahr? -- Ja,  
ich bin mir sicher, Sie können differenzierter denken."

... das ist - wenn es denn so gemeint wäre - eine wunderbare Satire.  
Aber inhaltlich komplett  abwegig.

Auch Ihre Erklärung, warum Google und der Publikationszwang durch die  
Wissenschaftsallianz nichts miteinander zu tun haben, ist nicht  
überzeugend:

"Ich erkläre Ihnen das gern noch mal -- und bin ebenfalls fasziniert,  
dass Sie die Schwierigkeit der Open-Access-Befürworter da nicht  
erkennen können.
1.  Ob zwei Dinge etwas gemeinsam haben, sagt noch nichts darüber  
aus, ob diese Gemeinsamkeit bedeutsam und wichtig ist.
2. Die ständige Erwähnung von Open Access mit dem "Publikationszwang"  
zusammen erzeugt den Eindruck, als wäre dies dasselbe. Dass dies  
nachteilig ist für die Open-Access-Bewegung, liegt auf der Hand."

Genaugenommen wollen Sie meine Erläuterung, warum das Google Book  
Settlement und die Forderung der Allianz etwas gemeinsam haben damit  
widerlegen, dass Sie (1) die Gemeinsamkeit bestätigen, aber nicht  
wichtig finden, und (2) damit, dass Sie mir erklären, warum Sie diese  
Gemeinsamkeit  als unangenehm empfinden.

Statt einer Widerlegung liefern Sie also eine Bestätigung. Und damit  
verwirren Sie mich erneut.

Und dann setzen Sie mit einer geradezu literarischen Argumentation  
noch eine Kapriole oben drauf:

"Hier geht's nicht darum, was das faktisch-juristisch für eine  
Bedeutung hat. Diskursiver Kontext, Sie erinnern sich? Wenn Herr Reuß  
denken würde, das hätte keine Bedeutung, hätte er's sicher nicht  
dahin gemacht. Also bedeutet es auch was, nämlich darüber, was Herr  
Reuß denkt, wie das mit den Rechten so ist. Oder dass er einfach ein  
bisschen gedankenlos ist, wenn's nicht um seine eigenen Rechte geht.  
Sie haben Recht, das weiß ich nicht. Allerdings würde ich dann schon  
erwarten, dass da irgendwo steht: "Wiedergabe mit freundlicher  
Genehmigung von ..." Steht da aber nicht. Stattdessen "(c)". Wenn das  
für Sie so aussieht, als hätte er sich womöglich die Rechte  
besorgt ... Für mich reicht das zur begründeten Vermutung hin, dass  
es sich nicht so verhält. Das ist etwas mehr als Nichtwissen."

Mal ehrlich, mit  dieser Form der Argumentation können Sie alles  
begründen und beweisen, da können Sie aus dem Nicht-Tun einer Sache  
ableiten, dass genau das zeigt, dass jemand das tun wollte. Und  
schwupps können Sie jeden verhaften, weil das Nicht-Tun von etwas  
beweist, dass er etwas tun wollte.

Das führt zu nichts, außer zu tiefen Gräben des Mißtrauens und der  
gegenseitigen Beschuldigungen. Da sollten wir nicht weiter machen.

Herzliche Grüße
Matthias Ulmer




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Verlag Eugen Ulmer
Matthias Ulmer
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Geschäftsführer: Matthias Ulmer




Am 02.09.2009 um 17:16 schrieb Eberhardt Joachim:

Lieber Herr Ulmer,

Das Thema "Vermischen von zwei Dingen" ist hier  sehr beliebt,
scheint mir.

nicht das Thema, die Methode.

Sie, Herr Eberhardt, sagen, dass ich zwei Dinge vermenge, wenn ich
insinuiere, dass OA-Anhänger die Suche nach der Wahrheit
vernachlässigen. "Wenn", das ist das entscheidende Wort. Denn
ich tue
es ja nicht.

Hhm, vielleicht sollten wir uns noch etwas über Kommunikation  
verständigen. Die läuft nämlich in einem situativen und diskursiven  
Kontext ab, den man beim Kommunizieren berücksichtigt. Also ich,  
wenn ich Ihre Email lese, und Sie, wenn Sie meine lesen. Sie können  
natürlich so tun, als hätten Sie den Kontext nicht mitgemeint. Sie  
können auch so tun, als würde es genügen zu zeigen, dass Sie  
wörtlich nichts dergleichen geschrieben haben.

Damit Sie mich ordentlich prügeln können basteln Sie
sich erst den passenden Vorwand.

Wir kommunizieren hier im diskursiven Kontext der jüngsten  
Äußerungen von Herrn Reuß und seiner älteren, insbesondere im  
Kontext des Heidelberger Appells. Wenn Sie in diesem Zusammenhang  
schreiben:

"Vielleicht würde ja eine weniger starre Fixierung auf
Impacts helfen
sich wieder stärker auf die Wahrheit zu konzentrieren, sich weniger
abhängig von bestimmten Publikationen zu machen und statt einer
Fremdsteuerung durch externe Controller dem Wissenschaftler und
seinem eigenen Streben mehr Raum zu geben. "

dann sehe ich nur zwei Bezugsmöglichkeiten. Die eine, Sie meinen  
mit der "Fremdsteuerung" die DFG und die anderen  
Forschungsförderorganisationen, die "extern" sind und evaluieren  
und den Wissenschaftler zwingen wollen (wie Reuß ja behauptet). Die  
andere, sie meinen positiv Herrn Reuß, der nach der Wahrheit  
strebt, im Unterschied zu andern. In jedem Fall haben wir eine  
Opposition zwischen den guten Wahrheitssuchern und den bösen  
andern. Das ergibt sich aus dieser zweiwertigen Denkweise. Und wenn  
Herr Reuß auf der einen Seite steht, wo steht dann Open  Access?  
Und wenn Open Access Sichtbarkeit impliziert und die Wahrheit der  
Sichtbarkeit gegenübergestellt wird, ist dann Open Access wahr oder  
unwahr? -- Ja, ich bin mir sicher, Sie können differenzierter denken.

Und wo bitte  insinuiere ich jetzt irgend etwas mit OA oder über OA-
Anhänger? Wenn überhaupt dann sage ich etwas über Print- 
Publikationen.

Das ist mir komplett entgangen.

Zur Frage was Google und der Publikationszwang miteinander zu tun
haben mache ich gerne noch einmal einen Versuch: es geht in beiden
Fällen um die Frage, ob der Autor die Entscheidungsfreiheit darüber
hat, wo und wie  seine Arbeiten publiziert werden. Ich finde es
faszinierend, dass ein so simpler und offensichtlicher Zusammenhang
so konstant geleugnet wird.

Ich erkläre Ihnen das gern noch mal -- und bin ebenfalls  
fasziniert, dass Sie die Schwierigkeit der Open-Access-Befürworter  
da nicht erkennen können.

1.  Ob zwei Dinge etwas gemeinsam haben, sagt noch nichts darüber  
aus, ob diese Gemeinsamkeit bedeutsam und wichtig ist.
2. Die ständige Erwähnung von Open Access mit dem  
"Publikationszwang" zusammen erzeugt den Eindruck, als wäre dies  
dasselbe. Dass dies nachteilig ist für die Open-Access-Bewegung,  
liegt auf der Hand.

Die Copyright-Frage: das c hat meines Wissens in Deutschland keine
Bedeutung.

Hier geht's nicht darum, was das faktisch-juristisch für eine  
Bedeutung hat. Diskursiver Kontext, Sie erinnern sich? Wenn Herr  
Reuß denken würde, das hätte keine Bedeutung, hätte er's sicher  
nicht dahin gemacht. Also bedeutet es auch was, nämlich darüber,  
was Herr Reuß denkt, wie das mit den Rechten so ist. Oder dass er  
einfach ein bisschen gedankenlos ist, wenn's nicht um seine eigenen  
Rechte geht.

Was Sie natürlich nicht wissen können: hat er sich dafür die
Rechte eingeholt oder nicht? Und damit Ihr ganzer Bigotterie-Vorwurf
funktioniert, müssen Sie davon ausgehen, dass er es nicht hat. Aber
in Wahrheit haben Sie keine Ahnung. Das ist ein Vorgehen, das ich
kritisiert  habe.

Sie haben Recht, das weiß ich nicht. Allerdings würde ich dann  
schon erwarten, dass da irgendwo steht: "Wiedergabe mit  
freundlicher Genehmigung von ..." Steht da aber nicht. Stattdessen  
"(c)". Wenn das für Sie so aussieht, als hätte er sich womöglich  
die Rechte besorgt ... Für mich reicht das zur begründeten  
Vermutung hin, dass es sich nicht so verhält. Das ist etwas mehr  
als Nichtwissen.

Besten Gruß,

J. Eberhardt

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