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Re: [InetBib] Frage zu Hybridpublikationen



Lieber Herr Müller,

die Verlage halten meines Wissens nichts geheim. Sehen Sie es mal so  
rum: wenn jemand keine Angaben macht, dann heißt das nicht, dass er  
nicht will, sondern oft auch nur, dass er nicht kann.

Nehmen wir das von Ihnen genannte Beispiel Erfolgreiches Scheitern  
von Herrn Kuhlen. Wir  reden zwar und Herr Kuhlen liest ja in der  
Regel auch inetbib. Aber wir hängen noch immer an der Aussage von  
Ihnen, dass  das Buch hybrid angeboten wurde, dass Sie es nach PDF- 
Genuss gedruckt gekauft haben und dass nach Ihnen vorliegenden  
Informationen sich das Buch in einer erfreulichen Höhe verkauft.

Das ist als Information noch nicht sehr viel. Relevant wäre folgende  
Aussage:

"Die normale Auflage eines solchen Buches liegt bei 1000 Exemplaren,  
die Verkaufserwartungen in den ersten drei Jahren liegen bei 400, 200  
und 100. Durch das parallele Angebot eines kostenlosen E-Book- 
Downloads konnten 500, 250 und 120 abgesetzt werden."

Leider formuliert man vor der Publikation nicht immer klare  
Zielwerte. Und nachher weiß man nicht, ob man sie wegen der  
Hybridpublikation verfehlt hat oder weil das Buch nicht gut war oder  
weil zeitgleich eine Konkurrenz erschienen ist oder weil der Autor  
leider kurz nach Erscheinen das Fachgebiet gewechselt hat usw.

Bei der Google Buchsuche ist der Klassiker, dass die Verlage sagen:  
ja, ich habe monatlich 200 buy-clicks bei meinen Titeln, die GBS ist  
für mich also sehr erfolgreich. Wenn man aber nachfragt, dann ist den  
wenigstens klar, dass der buy-click nur ein click-through zu Amazon  
etc. ist und die Umwandlungsrate dort vielleicht bei 5% liegt. Aus  
200 wird dann 10 und die Gesichter  lang und länger.

Also auch hier in "Großbuchstaben": Ich will nichts vertuschen oder  
einfach leugnen, ich sehe nur bei allen mir vorliegenden Infos bisher  
keine klare Linie. Ich spreche dabei nicht von wissenschaftlichen  
Monografien sondern von allen Warengruppen.

Ich werde mich bemühen, ob wir im Börsenverein einen Status Quo der  
aktuellen Erfahrungen zum Thema Hybridpublikationen zusammentragen  
können. Das wird aber nicht viel aussagekräftiger als Herrn Grafs 62  
Weblinks. Da sagt der eine, dass OA für neue Autoren ganz toll ist.  
Der nächste meint, damit könne man schnell bekannt werden und dann  
beim nächsten Buch einen Verlag finden. Der dritte meint, dass sich  
das Buch trotz OA-Angebot immer noch verkauft. Noch einer sagt, dass  
er OA für Werbezwecke und als Lesemuster ganz wichtig findet usw.  
usw., Das wird im Börsenverein nicht viel anders sein. Zu wenig  
Erfahrung und zu viele Einzelaussagen, die nicht in Verbindung  
gebracht werden können.

Wir  haben in der Berufsschule gelernt, dass die Bibliotheken eine  
wichtige Werbefunktion für die Verlage haben und das kostenlose  
Leseangebot  keineswegs den Umsatz schmälert sondern eher neue Käufer  
erzeugt. Ich glaube das auch. Aber ob das je wirklich nachgewiesen  
werden konnte? (Falls es eine Studie gibt, dann würde ich mich über  
einen Hinweis freuen).

Zum Dialog: es gibt ja sehr viel Dialog zwischen Bibliothekaren und  
Verlegern. Hier zum Beispiel. Es wäre hilfreicher, wenn er sachlich  
geführt wird. Man sucht sich zum Gespräch ja doch Personen aus, mit  
denen man ein Thema inhaltlich bewegen kann, weiter kommt. Es ist  
zwar unterhaltsam, wenn man sich gegenseitig mit Farbbeuteln bewirft.  
Wenn aber von vornherein klar ist, dass man die Position von Herrn  
Hilty oder Hoeren absurd findet und die ganz sicher auch nicht  
kommen, um dazu zu lernen; wozu soll man sich und dem Publikum das  
antun? Wenn man persönlich von Herrn Kämper  oder Herrn Graf laufend  
beschimpft wird, dann sind das auch nicht die Namen, die man für die  
Rednerliste vorschlägt. Ich finde  das ja amüsant. Aber fürs eigene  
Amusement macht man ja eine Konferenz nicht.

Und zwischen Börsenverein und Wissenschaftsorganisationen gibt es  
ebenfalls Gespräche. Es ist ja alles nicht so  schlimm wie es scheint.

Freundliche Grüße
Matthias Ulmer




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Verlag Eugen Ulmer
Matthias Ulmer
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Registergericht Stuttgart, HRA 581
Geschäftsführer: Matthias Ulmer




Am 06.08.2009 um 16:07 schrieb Müller, Harald:



Herr Müller: ICH BIN NICHT GEGEN OPEN ACCESS!

Lieber Herr Ulmer!

Herzlichen Dank für diese klare Aussage. Jetzt sind wir schon zwei,  
die in einem
spezifischen Punkt die gleiche Meinung vertreten. Ich kann mich  
auch gleich mit
einer ebenso klaren Aussage outen: ICH BIN FÜR DAS GEDRUCKTE BUCH!

Ansonsten: ich habe in meiner Mail lediglich versucht, den Stil und  
die Methoden
des Heidelberger Appell bzw. seiner Apologeten zu imitieren. Ob mir  
das gelungen
ist, mögen andere entscheiden. Obwohl, die zwischen Ihren Zeilen
durchschimmernde Emotionalität läßt einiges vermuten.

Jetzt lassen Sie uns doch mal zur Sache kommen: Natürlich können  
nur Verlage
fundierte Zahlen vorlegen. Genau dieses geschieht aber nicht. Seit  
Jahren werden
vom Börsenverein gebetsmühlenartig immer wieder Behauptungen  
aufgestellt, aber
nie wird ein Beweis angetreten. Als Jurist kritisiere ich das, weil  
spätestens
vor Gericht eine die Fakten offen gelegt werden müssen. Deshalb hat  
Herr Kollege
Hubertus Kohle doch seine freundliche Aufforderung hier  
veröffentlicht.

Verleger, Wissenschaftler und Bibliothekare (bzw. die jeweils feminine
Alternative) haben teilweise gemeinsame und teilweise unterschiedliche
Interessen. Das ist normal. Aber wenn man nur aufeinander  
rumprügelt, statt auf
der Basis der übereinstimmenden Positionen versucht, möglichst  
viele der
divergierenden Interessen zu realisieren, amüsiert sich zwar die  
Pleps, aber die
Beteiligten können nicht so recht zufrieden werden. Warum gibt es  
keine
Gespräche Verlage/Börsenverein und Bibliotheken/ 
Wissensorganisationen? (Laut
Pressemitteilungen z.B. groß angekündigt anlässlich des Prozesses  
Ulmer-Verlag
gegen UB Darmstadt). Warum werden zu Veranstaltungen wie der  
kürzlich in
Frankfurt zum Heidelberger Appell nur Claqueure geladen und nicht  
eloquente
Verfechter von Gegenpositionen (ich nenne nur die Namen Kuhlen,  
Hilty, Hoeren,
Steinhauer, Graf (ja, genau der!) oder Kämper)?

Freundlich einladend grüßt

--
Dr. Harald Müller


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