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Re: [InetBib] Frage zu Hybridpublikationen



Liebe Liste,
ich als "Benutzungsbiblothekar" kriege nie wirklich den Verleger zu sehen oder die Leute, die da miteinander verhandeln und streiten. Übrigens finde ich das Streiten hier gar nicht so schlimm. Wer kann denn noch bei so einem so doch irgendwie existentiellen Thema wohlformulierte Wattetexte in den Äther senden (was auch langweilt). . Ich entnehme also Ihren Darbietungen (nicht böse gemeint) sicherlich immer noch nicht das wahre Insiderwissen aus dem Informationsmarkt und der Erwerbung. Ich sehe hier biographisch bedingt eine Frage der Benutzung, der Dienstleistung aufleuchten. Was wollen denn die Bibliotheken eigentlich in Zukunft für eine Position einnehmen? Was wollen wir für die Wissenschaft mit der Verlagswirtschaft (übrigens im Hinblick auf die Internationalität) oder neben ihr anbieten? Wollen wir / Können wir Vermittler wissenschaftlicher Information bleiben, können wir das leisten oder sind wir gar in der Zukunft (unerwartet) unerlässlich? Ist die Angst Google und Co erschlagen uns eigentlich gerechtfertigt? Studie? - kann kaum empirisch werden (oder doch?), aber ein Entwurf?

Das Pedocs-Beispiel outet schon allein mehrere mögliche Funktionen: Kooperation beim Hybriden Publizieren, Verteilte Information öffentlich sichtbar und findbar zugänglich machen, moderne Erschließungsmethoden, und zwar über ein integriertes Portalsystem, das soweit ich das beurteilen kann ja in der Fachwelt platziert ist - da liegt aus meiner Sicht übrigens der "Casus Knacktus". Das dürfte alles von Fach zu Fach und "Community" zu "Community" verschieden sein. Drum kann es hier nie ein völlig einheitliches Modell geben.

Was steckt noch in dem Beispiel: "Vertrieb" sowohl für den Verlag wie den Autor. Der Vertrieb wird neuzeitlich sogar offen ausgesprochen. Früher hätte ich da immer öffentllich-rechtlich genervt und behauptet, dass Bibliotheken als öffentliche Einrichtungen dafür nicht zuständig sind. De facto waren wir doch immer Teil des Vertriebes. Wie oft kaufte sich ein Nutzer das Medium, das er bei uns im Katalog fand, damit auch wusste, dass es wohlmöglich etwas taugt (implizites Qualitätsmanagement), weil es nicht verfügbar war.

Der Unterschied jetzt also: es ist online verfügbar und wir sind auch nicht mehr die einzigen, die es verfügbar machen. Hmm - Chance oder keine Chance für Bibliotheken....? ... ich will da gar nicht schlau sein. Ich denke aber, wir müssen da unsere Position auch erst einmal suchen und äußern- auch um klar damit zu kommen ob und wie wir die Vertriebsfrage mit dem öffentlichen Auftrag verbinden können. Ich finde Pedocs ist ein interessantes Beispiel...allerdings sind ja Verlage im Boot, die (zumindest ursprünglich, ist ja heute alles unternehmenstechnisch vernetzt) deutsche Wurzeln haben .... gruselig wird es mir, wenn es um internationale Konzerne geht. (keine Ahnung :-) ) Auch die Aktionen einiger Bibliotheken die Publikationswege in Hinblick auf ein Institutional Repository etc. in Verhandlungen mit Verlagen "grün", "hybrid" "delayed" uns sonst wie zu gestalten.sind eine tolle Sache.
Sprechen wird das alles selber genug aus?
Könnte sein...dass jetzt kein Wattebausch kommt...ich gehe dann mal ..
A. Kustos
Herr Müller: ICH BIN NICHT GEGEN OPEN ACCESS!

Lieber Herr Ulmer!

Herzlichen Dank für diese klare Aussage. Jetzt sind wir schon zwei, die in einem
spezifischen Punkt die gleiche Meinung vertreten. Ich kann mich auch gleich mit
einer ebenso klaren Aussage outen: ICH BIN FÜR DAS GEDRUCKTE BUCH!
Ansonsten: ich habe in meiner Mail lediglich versucht, den Stil und die Methoden
des Heidelberger Appell bzw. seiner Apologeten zu imitieren. Ob mir das gelungen
ist, mögen andere entscheiden. Obwohl, die zwischen Ihren Zeilen
durchschimmernde Emotionalität läßt einiges vermuten.

Jetzt lassen Sie uns doch mal zur Sache kommen: Natürlich können nur Verlage
fundierte Zahlen vorlegen. Genau dieses geschieht aber nicht. Seit Jahren werden
vom Börsenverein gebetsmühlenartig immer wieder Behauptungen aufgestellt, aber
nie wird ein Beweis angetreten. Als Jurist kritisiere ich das, weil spätestens
vor Gericht eine die Fakten offen gelegt werden müssen. Deshalb hat Herr Kollege
Hubertus Kohle doch seine freundliche Aufforderung hier veröffentlicht.

Verleger, Wissenschaftler und Bibliothekare (bzw. die jeweils feminine
Alternative) haben teilweise gemeinsame und teilweise unterschiedliche
Interessen. Das ist normal. Aber wenn man nur aufeinander rumprügelt, statt auf
der Basis der übereinstimmenden Positionen versucht, möglichst viele der
divergierenden Interessen zu realisieren, amüsiert sich zwar die Pleps, aber die
Beteiligten können nicht so recht zufrieden werden. Warum gibt es keine
Gespräche Verlage/Börsenverein und Bibliotheken/Wissensorganisationen? (Laut
Pressemitteilungen z.B. groß angekündigt anlässlich des Prozesses Ulmer-Verlag
gegen UB Darmstadt). Warum werden zu Veranstaltungen wie der kürzlich in
Frankfurt zum Heidelberger Appell nur Claqueure geladen und nicht eloquente
Verfechter von Gegenpositionen (ich nenne nur die Namen Kuhlen, Hilty, Hoeren,
Steinhauer, Graf (ja, genau der!) oder Kämper)?
Freundlich einladend grüßt

--
Dr. Harald Müller

-- 
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