Ja, dann schlage ich folgendes Szenario vor:- Die DNB digitalisiert ihren gesamten Bestand ab 1913, selbstverständlich verknüpft mit den vorhandenen Metadaten (oder sie lässt ihn von Interessierten digitalisieren).
- Jede deutsche Bibliothek bezieht von der DNB die Digitalisate ihrer Bestände (man muss seinen Bestand ja nicht selbst digitalisieren - es kann auch im Auftrag geschehen). Bei Neuerscheinungen kann - falls routinemäßig alle Zugänge der DNB digitalisiert werden - neben der Titelaufnahme immer der Volltext mitgeliefert werden.
- Jede deutsche Bibliothek kann damit zukünftig ihre Bestände im Haus elektronisch zugänglich machen, mit allen sich daraus ergebenden Möglichkeiten des Volltextretrievals und der persönlichen Volltextbearbeitung für den einzelnen Leser.
Es gehört nicht viel Phantasie dazu, sich vorzustellen, was dann geschieht:1. Bibliotheken aller Typen erhalten eine zusätzliche Komponente, da sie neue Arbeits- und Recherchemöglichkeiten mit ihrem jeweiligen Gesamtbestand ermöglichen können, unabhängig von den jeweils ausgeliehenen Beständen. Es gibt dann immer einen vollständigen, digital recherchierbaren Präsenzbestand, der mit entsprechenden digitalen Werkzeugen persönlich bearbeitet werden kann (der Lesesaal besonders großer Bibliotheken bekäme eine neue Qualität). Damit könnten alle Bibliotheken ein exklusives Angebot machen. Keine andere Einrichtung oder kein anderes Medium würde Gleichwertiges bieten können.
2. Deutschsprachige Kultur und Wissenschaft wäre über das Netz der Bibliotheken in bisher nicht gekannter Weise in der Öffentlichkeit präsent. Den größten Nutzen davon hätten aber zweifellos die Verlage, da über die neuen Recherchemöglichkeiten vergessene oder wenig bekannte Texte sichtbar und damit stärker nachgefragt würden. Vermutlich würden auch überall die Erwerbungsetats aufgestockt werden, damit mehr digital angeboten werden kann. Es würden auch mehr Titel als Mehrstücke erworben werden. Der digitale Präsenzbestand würde die Marktentwicklung weg von den Bestsellern hin zu mehr Titelvielfalt verschieben.
3. Das Gleiche gilt wohl auch für Nichtbuchmedien (Musik, Filme, Multimedia-Träger). Der §52b ist meines Wissens nicht auf Texte beschränkt. Bibliotheken würden sich mit solchen umfassenden Angeboten in attraktive Kulturhäuser verwandeln, die sich gezielt an das Individuum mit seinen speziellen Interessen und nicht an ein Publikum, wie andere Kultureinrichtungen wenden (z.B. damit: http://www.zlb.de/wissensgebiete/kunst_buehne_medien/videos/blackbox ) Auch im Bereich der Nichtbuchmedien wären Bibliotheken die Orte des differenzierten, detailliert erschlossenen Angebots gegen die mediale Vereinheitlichung der Massenmedien.
... etc etc.Die kultur- und bildungspolitische Bedeutung dieses Szenarios wäre m.E. so bedeutend, dass an eine nationale Förderung diese Modells zu denken wäre.
Viele Grüße Peter Delin Harald Müller schrieb:
Lieber Herr Delin,die Antwort lautet schlicht: JA. Nach Inkrafttreten des 2. Korbes dürfenBibliotheken ihre Bestände vollständig digitalisieren und in ihren Räumen öffentlich zugänglich machen. Hierfür ist eine Vergütung zu zahlen. Einzelheiten stehen im neuen § 52b UrhG.Weitere Informationen wird die DBV-Rechtskommission demnächst bekanntgeben. --Dr. Harald Müller DBV-RechtskommissionMax-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht /Bibliothek Max Planck Institute for Comparative Public Law and International Law / Library Im Neuenheimer Feld 535; D-69120 Heidelberg Phone: +49 6221 482 219; Fax: +49 6221 482 593 Mail: hmueller@xxxxxxx ________________________________ Von: inetbib-bounces@xxxxxxxxxxxxxxxxxx im Auftrag von Delin, Peter Gesendet: Mo 12.11.2007 15:04 An: Internet in Bibliotheken Betreff: Spam: Re: [InetBib] Verschnarchte Bibliotheken nutzen Chance nicht Die Polemik in dieser Mail einmal beiseite lassend habe ich als juristischer Laie eine Frage an die in dieser Liste versammelten Fachleute zu folgenden Absatz von Klaus Graf: "Was der Satz mit der elektronischen Archivkopie soll, ist unklar. Ein solches Recht ist nicht Teil der Neuregelung, sondern ergibt sich aus § 53 UrhG. [!]Archivkopien duerfen aber nach herrschender Meinung nicht genutzt werden. [!]" Was bedeutet dann aber der neue §52b? "Es handelt sich bei § 52b eigentlich um nichts anderes, als das Recht der Wiedergabe von elektronischen Archivkopien, die Bibliotheken bereits nach § 53 Abs. 2 Nr. 2 UrhG anfertigen dürfen, jedoch bislang nicht öffentlich wiedergeben durften (§ 53 Ans 6 UrhG)." (aus einer früheren Stellungnahme von Frau Beger zu diesem §) http://www.bibliotheksverband.de/presse/gemeinsame-Stellungnahme-Erlaeuterung.pd f Meine Frage dazu: Heißt das, dass Bibliotheken ihre Bestände unabhängig von den Ansprüchen der Urheber in Gänze (also auch die aktuellen Bestände) digitalisieren und in ihren Lesesälen an dafür vorgesehenen Plätzen zugäglich machen dürfen? Für die Aufklärung bedanke ich mich voraus. Viele Grüße Peter Delin Zentral- und Landesbibliothek Berlin Videolektorat http://www.zlb.de/wissensgebiete/kunst_buehne_medien/videos http://buecherei.netbib.de/coma/Filmrecherche http://buecherei.netbib.de/coma/Filmliteratur http://dvdbiblog.wordpress.com/