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Rechtschreibreform
Liebe recht Schreibende und Rechtschreibende,
sind denn nicht längst alle Argumente ausgetauscht, alle unbelegten,
zumeist sogar unbelegbaren Behauptungen aufgestellt und nicht zuletzt
alle Horrorszenarien durchgespielt?
Es ist unwahrscheinlich, dass es in inetbib dazu kommt, ähnliche Stürme
im Wasserglas zu entfachen, wie es der FAZ vor einigen Jahren auf ihren
Leserbriefseiten und im Feuilleton gelungen ist. Die Konsequenzen sind
bekannt: Die FAZ kehrte nach einem Jahr zur herkömmlichen
Rechtschreibung zurück und übernahm ab da die Rolle des kleinen und
unbeugsamen gallischen Dorfes. Allerdings hat die FAZ keinen
Zaubertrank, sie muss daher alle Agenturmeldungen (die ja alle in
>falscher< Rechtschreibung geliefert werden) wieder in die herkömmliche
Rechtschreibung umsetzen - Recht haben kann teuer sein. Und Leser
kosten, denn soll ich meinem 10-jährigen Sohn wirklich erklären müssen,
dass die FAZ zwar eine wichtige deutsche Tageszeitung ist, sie
allerdings in einer Art und Weise schreibt, die er in der Schule nicht
mehr lernt?
Möglicherweise wird mein Sohn später auch Bibliothekskataloge benutzen
müssen (in welcher Form auch immer), spätestens da könnte es sich
rächen, dass unser Berufsstand zur Rechtschreibreform zwar viele
Meinungen hat, praktische Konsequenzen aber lieber vermeidet. Hier liegt
das eigentliche Verdienst in der Beharrlichkeit von Herrn Eversberg, der
nun schon seit langem die Folgen der Rechtschreibreform für die Kataloge
beschreibt und auch beklagt. Ich würde nur vorschlagen, die Schuld
ausnahmsweise einmal nicht bei der Reform zu suchen, die für den Zustand
unserer Kataloge nicht verantwortlich ist. Dafür haben wir schließlich
unsere Regelwerke, die allerdings jeweils auf ihre Weise das Problem
>nicht< lösen:
Warum sorgen die RAK nicht dafür, dass eine Titelstichwortsuche immer zu
allen Titeln mit diesem Stichwort führt, in welcher Rechtschreibung auch
immer (dieses Problem betrifft nicht nur Titel nach 1998): eine Suche
nach dem Titelstichwort "Delfin" im OPAC der DDB bringt 44 Treffer, eine
Suche nach "Delphin" 241 Treffer (leicht verfälscht, weil das Schlagwort
"Delphin" ebenfalls im Titelstichwortregister indexiert ist)?
Warum werden in der SWD nur die Muss-Bestimmungen für alternative
Schreibungen gemäß Rechtschreibreform als Synonym >mit< einem Indikator
für spätere maschinelle Umsetzung erfasst, nicht aber die
Kann-Bestimmungen? Sollen diese nie Vorzug werden dürfen?
Und sollten die Regelwerke nicht zuständig sein, dann wäre es doch
vielleicht an den Anbietern der Kataloge, hier Abhilfe zu schaffen. Es
ist schon länger möglich, mit linguistischen Verfahren zur
automatischen Indexierung alternative Schreibungen gemäß der
Rechtschreibreform als zusätzliche Begriffe für den Index zu generieren.
Dies würde dann (endlich) eine Suche in alter und neuer Schreibung auf
>alle< Titel im Katalog ermöglichen, oder wagt jemand eine Schätzung,
wieviele der Bibliotheksbenutzer im Jahr 2025 noch die alte
Rechtschreibung beherrschen werden?
Schöne Grüße
Klaus Lepsky
--
Prof. Dr. Klaus Lepsky
Institut für Informationswissenschaft
Fachhochschule Köln
Claudiusstraße 1
D 50678 Köln
Tel. +49 221 / 8275-3363
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