[Date Prev][Date Next][Thread Prev][Thread Next][Date Index][Thread Index]

Re: [InetBib] Zeitgemäßer Name für den "Bibliothekar"tag



Liebe "Bibliotheksmenschen"/"Wissensnavigator*innen"/"Informationsdealer*innen" 
...

vielen Dank auch von mir an Frau Gastinger, die mit offenen Worten einer 
Debatte beitrat, um die es zwar viel Geschrei gibt, die im Grunde aber nicht 
wirklich geführt wird.

"Tradition sollte im Jahr 2021 nicht mehr als ausreichender Grund gelten, das 
generische Maskulinum beizubehalten. Unsere Welt war schon immer diverser.", 
heißt es im Petitionstext.

Auch wenn es in der Petition nicht allein um das Thema Gender geht, dennoch 
eine Bemerkung zum Zitat. Das sogenannte "generische Maskulinum" bezieht sich 
allein auf das grammatische Geschlecht. Dieses ist im Deutschen eine besonders 
schwierige Angelegenheit. Dass Berufsbezeichnungen i.d.R. im Plural das 
männliche Genus verwenden, mag historisch sicher damit zusammenhängen, dass 
einst so ziemliche alle Berufe Männern vorbehalten waren. Allerdings ist die 
Behauptung, das generische Maskulinum lasse allein an Männer denken, eine 
unbewiesene. Fragen Sie auf der Straße Leute, ob diese beim Wort 
"Bibliothekare" Frauen oder Männer vor sich sehen. Im Falle dieses heute so 
weiblich dominierten Berufes (die Leitung sieht der Nutzer i.d.R. ja nicht) bin 
ich mir sicher, dass die meisten der so gefragten an Frauen denken. 
(Vorausgesetzt freilich, die Befragten können mit dem Wort überhaupt noch etwas 
anfangen; kennen diesen Beruf noch) Und prüfen wir es doch einmal bei uns 
selbst. Wird unsere Vorstellung von der sprachlichen Bezeichnung bestimmt, oder 
davon, wie wir die soziale Realität kennen? Wenn ich sage, "ich gehe zum 
Bäcker", so denke ich an Frauen. Ganz einfach, weil es so selten ist, dass mir 
Männer Gebäck verkaufen. Höre ich Ingenieur, denke ich an Männer, da dieser 
Berufsstand immer noch männlich dominiert ist. In manchen Fällen ist es sicher 
unentschieden. Musiker etwa. Aber dafür gibt es ja die schlichte 
Selbstverständlichkeit, die jeder und jeder (eigentlich) in der Schule lernt: 
Dass der Plural von Musiker eben auch "Musiker" ist, oder "Musikerinnen", 
sofern es sich eben nicht um eine geschlechtlich gemischte oder männliche 
Gruppe handelt. 

Eines der Hauptargumente für das Gendern und inklusive Sprache ist, dass 
Sprache das Denken forme. Nur stimmt das überhaupt nicht. Nur ein Beispiel von 
zahlreichen möglichen: Wollen wir etwa englischsprechenden Menschen erklären, 
sie könnten sich in den meisten Berufen oder Tätigkeiten keine Frauen bzw. das 
weibliche Geschlecht vorstellen? 

Und nicht zuletzt ist "die" vermeintlich gendergerechte und alle inkludierende 
Sprache äußerst exkludierend aufgrund der Unmöglichkeit ihrer Vermittlung. Für 
Menschen mit Lernschwierigkeiten, für Blinde, für Deutsch lernende Ausländer 
... Ganz zu zu schweigen von den allgemeinbildenden Schulen.  


Beste Grüße, 
Falk Hartwig 



-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: Krieser, Angelika via InetBib [mailto:inetbib@xxxxxxxxxx] 
Gesendet: Montag, 28. Juni 2021 17:26
An: inetbib@xxxxxxxxxx
Betreff: Re: [InetBib] Zeitgemäßer Name für den "Bibliothekar"tag


Liebe Runde,


zum Problem 1:

Auch wenn unser schöner Beruf heute am treffendsten wohl mit 
"Wissennavigatorin" bzw. "Wissensnavigator" bezeichnet werden könnte, spricht 
viel dafür, die Benennung "Bibliothekar/Bibliothekarin" beizubehalten. 
Bibliotheken und das entsprechende Personal gibt es schließlich seit 
Jahrtausenden und  dieser Begriff ist der Öffentlichkeit bekannt und vertraut. 
Die Grundaufgabe, Wissen zu speichern und interessierten Menschen bei Bedarf 
zur Verfügung zu stellen, hat sich seitdem ja auch angesichts der neuen 
virtuellen Welt(en) nicht geändert. Und Bücher dürften in den allermeisten 
Bibliotheken auch noch in Zukunft zu finden sein. 😊


zum Problem 2:

In gendergerechter Sprache müssten wir heute tatsächlich vom 
"Bibliothekar*innentag" reden. Korrekt, aber nicht sonderlich schön, weder in 
schriftlicher noch in mündlicher Rede. Falls der gute alte Bibliothekartag 
tatsächlich so viel Bauchgrimmen bereitet, könnte man auch ganz einfach zum 
"Bibliothekstag" umschwenken. Der wäre aber nicht unbedingt mein Favorit ...

Viele Grüße aus Berlin

Angelika Krieser


  [cid:0ca2361d-11ad-4f01-a632-63638a106419]

Angelika Krieser

Bibliothek für Sozialwissenschaften und Osteuropastudien

Fachreferatsassistenz

Garystaße 55

14195 Berlin

Tel.: +49-30-838-52859

E-Mail: angelika.krieser@xxxxxxxxxxxx<mailto:angelika.krieser@xxxxxxxxxxxx>

URL: https://www.polsoz.fu-berlin.de/bibliothek/index.html



________________________________
Von: InetBib <inetbib-bounces@xxxxxxxxxx> im Auftrag von Armin Stephan via 
InetBib <inetbib@xxxxxxxxxx>
Gesendet: Montag, 28. Juni 2021 15:49
An: INETBIB
Betreff: Re: [InetBib] Zeitgemäßer Name für den "Bibliothekar"tag

Liebe Frau Sachse,

ich stimme Ihnen zu: Es geht nicht darum, einer Mehrheit gerecht zu werden. Es 
geht darum, eine "ungerechtfertigte sprachliche Einseitigkeit" zu beenden, weil 
Worte immer mehr sind als ein abstrakter neutraler Zeichencode. Sie machen 
unser Denken und unsere Vorstellungswelt sichtbar. Sie sind also ganz schön 
verräterisch, diese Dinger ... ;-)

Ich oute mich jetzt mal ein wenig: Vor die Wahl gestellt zwischen 
"Bibliothekartag" und "Bibliothekarinnentag" würde ich mich inzwischen für die 
weibliche Form entscheiden, weil ich es nur fair fände, wenn nach hundert 
Jahren maskuliner Benennung jetzt mal hundert Jahre die feminine Benennung 
verwendet würde.



Am 28.06.2021 um 10:45 schrieb Jacqueline Sachse via InetBib:
Lieber Herr Stephan, liebe Frau Wirsing,

wie Herr Stephan begrüße ich die Petition und das Anliegen einer 
gendergerechten Sprache. Hierfür sind die Geschlechterverhältnisse 
unter den Beschäftigten meiner Meinung nach aber irrelevant. Nach der 
Logik würde am Ende noch das Argument aufgebracht, es solle eigentlich 
Bibliothekarinnentag heißen. Es geht aber nicht primär darum, einer 
Mehrheit gerecht zu werden oder die "Wirklichkeit" abzubilden, sondern 
allen Menschen - auch potentiell oder zukünftig Zugehörigen - offen zu 
sein und sprachlich niemanden von vornherein auszuschließen.

Beste Grüße
Jacqueline Sachse

Am 28.06.2021 um 10:04 schrieb Wirsing, Eva via InetBib:
Lieber Herr Stephan,

auch bei den FaMIs ist der Frauenanteil sehr hoch. 90 Prozent könnte 
durchaus auch im mittleren Dienst stimmen. Wir hatten damals nur 5 
Jungs in der Berufsschulklasse.

Viele Grüße

Eva Wirsing

Eva Wirsing
Fachangestellte für Medien- und Informationsdienste / Fachrichtung 
Bibliothek




Universitätsbibliothek Eichstätt
Abteilung Benutzung und Service // Abteilung Bestandsentwicklung 
Universitätsallee 1, Zimmer 037 (Dienstagvormittag und 
Donnerstagnachmittag Zimmer 016)

85072 Eichstätt

Mail: eva.wirsing@xxxxx
Telefon: 08421/93-23079 oder -21488
Internet: http://www.ku.de/bibliothek


-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: InetBib <inetbib-bounces@xxxxxxxxxx> Im Auftrag von Armin 
Stephan via InetBib
Gesendet: Montag, 28. Juni 2021 09:59
An: INETBIB <INETBIB@xxxxxxxxxxxxxxxxxx>
Betreff: Re: [InetBib] Zeitgemäßer Name für den "Bibliothekar"tag

Lieber Herr Schaarwächter,

ein kleines Manko der Petition scheint mir zu sein, dass hier zwei
(berechtigte) Anliegen vermengt werden.

Da ist zum einen die Problematik der nicht gendergerechten Sprache, 
die auf der Website der Petition herausgestellt wird. Eine nahezu 
erstaunliche Sache. Im gehobenen Dienst dürfte der Frauenanteil 
Richtung
90 Prozent tendieren, man könnte inzwischen mit Fug und Recht von 
einem "Frauenberuf" sprechen. Und auch im höheren Dienst geht die 
Tendenz eindeutig in diese Richtung. (Bei den FAMIs weiß ich es
nicht.) Alternative Benennungen zu finden, die dem gerecht werden, 
scheint mir nicht allzu schwierig zu sein. Die Petitionsseite nennt 
ja selber einige naheliegende neutrale Bezeichnungen.

Zum anderen gibt es die von Ihnen angesprochene Denkrichtung, dass 
der Begriff "Bibliothekar" der Vielgestaltigkeit unseres 
Berufsumfeldes nicht mehr gerecht wird, also veraltet ist. Hier 
scheint es mir schwieriger, eine passende und griffige 
Begriffsalternative zu finden, wie vielleicht der sachlich ja nicht 
unzutreffende Begriff "Informationsveranstaltung" zeigt ...

Ich persönlich möchte mit meiner Unterschrift unter die Petition das 
erste Anliegen vorbehaltlos unterstützen. Bei dem zweiten Anliegen 
fehlt mir noch eine Idee. Nach meiner Beobachtung sind alle 
bisherigen Versuche, unseren Beruf und unsere Institution 
umzubenennen, zwar vielleicht eine Präzisierung gewesen, zugleich 
aber auch "sperrig" und deshalb einer besseren öffentlichen 
Wahrnehmung nicht zuträglich.


Am 28.06.2021 um 09:18 schrieb Michael Schaarwächter via InetBib:
Hallo und guten Morgen,

in den ersten 24 Stunden gab es bereits 666 Unterschriften, jetzt 
stehen wir kurz vor 1000. Das ist ein großartiger Erfolg, aber jede 
weitere Stimme zählt und erhöht die Sichtbarkeit der Aktion.

Haben Sie schon unterschrieben?
https://openpetition.de/!rjbtt

Sie können übrigens beim Unterschreiben auch ankreuzen "Mein Name 
soll nicht öffentlich sichtbar sein". Vielen Dank für Ihre und Deine Stimme!

Mit freundlichen Grüßen
Michael Schaarwächter

Am 23.06.2021 um 13:48 schrieb Michael Schaarwächter via InetBib:
Hallo *

"Der 109. Bibliothekartag wurde von Bibliotheksmenschen mit den 
unterschiedlichsten beruflichen Hintergründen besucht. Unser 
Berufsfeld besteht, entgegen des Titels der Veranstaltung, nicht 
nur aus Bibliothekaren. Im Jahr 2021 diese große Konferenz 
weiterhin "Bibliothekar"tag zu nennen, ist daher nicht mehr zeitgemäß."

Es wird Zeit, die Graswurzelbewegungen zusammenzufassen. Es wird 
Zeit, den Schwung der Diskussion zu nutzen, und eine Petition ist, 
wie ich finde, ein guter Weg, um ein Meinungsbild einzuholen.

Bitte mitzeichnen:
https://openpetition.de/!rjbtt

"Wir sind und können Vielfalt.
Lasst es uns gemeinsam beweisen!"

Vielen Dank für Ihre und Deine Stimme!

Mit freundlichen Grüßen
Michael Schaarwächter

--

Mit freundlichen Gruessen
*Armin Stephan*
/Jefe de Biblioteca/
Augustana-Hochschule / Bibliothek
Waldstr. 15
*D-91564 Neuendettelsau*
Tel. 09874/509-300
|
|      ,__o
|    _-\_<,
|   (*)/'(*)


Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.