Sehr geehrte KollegInnen,
die Aufregung darüber wäre bei mir nicht so groß. Weshalb?
Zunächst: Dass an fremden Bildern (fast) keine Nutzungsrechte eingeräumt
und diese damit nicht bzw. nur sehr begrenzt verwendet werden können,
ist seit langem bekannt. Man kann sich daher über den anhaltenden,
massenhaften Bilderklau auf Plattformen wie der bezeichneten nur
wundern, dessen Rechtsverfolgung insbes. durch Abmahnungen darf gerade
wie die hier versammelten KollegInnen nicht überraschen.
Weiter: Ebenfalls an sich nicht sehr überraschend kommt die
Nutzungsvorgabe, dass nun auch dieser Plattform Nutzungsrechte an
eigenen Materialien eingeräumt werden sollen. Bei Ihrer grundsätzlichen
Frage nach der Zulässigkeit "solch einer Praxis" beschäftigen mich neben
den Nutzungsrechten an urheberrechtlich geschütztem Material wesentlich
auch der Datenschutz (vgl.
http://europa.eu/rapid/press-release_IP-17-1369_en.htm) - da geht es
neben wirtschaftlichen Gütern schließlich zumindest auch um
Perönlichkeitsrechte! Prinzipiell sind Sie, Frau Dürlich, frei darin,
sich einen anderen Vertragspartner zu suchen, der Ihnen andere
Nutzungsbedingungen anbietet. Das ist Privatautonomie (Art. 2 Abs. 1 GG)
in einer freiheitlichen, als sozialen Marktwirtschaft organisierten
Gesellschaft. Ich wundere mich deshalb mitunter über entsprechende
Klagen von NutzerInnen bzw. gar deren Schwarzsehen. Problematisch kann
es (nur) dann werden, wenn individuell Ihre Vertragsfreiheit faktisch
bzw. die Nachfrageseite systematisch erheblich eingeschränkt wäre, weil
es nur einen bzw. einige wenige Anbieter gibt _und_ für Anbieter mit
anderen Konditionen zwar eine ausreichende Nachfrage (bitte jedeR
selbstkritisch überprüfen!) bestehen würde, NachfragerInnen wie Sie aber
z.Bsp. wegen internettypischer Netzwerkeffekte von einem Wechsel
abgehalten werden. Dann drohen u.U., um es etwas juristischer zu
formulieren, missbräuchliche Verhaltensweisen des/der dominierenden
Anbieter, die regulierungsseitig nicht mehr tolerierbar sein können.
Unser in die Jahre gekommenes Kartellrecht wurde vor kurzem novelliert,
erstmals wurden nun solche Aspekte berücksichtigt. Siehe dazu die
BMWI-Themenseite unter
http://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Artikel/Wirtschaft/gwb-novelle.html Wie
weit diese Neuregelungen tragen und auch konkret durchgesetzt werden
können (z.Bsp. durch eine diskutierte Stärkung des Bundeskartellamts),
wird sich zeigen; wir untersuchen u.a. dies in diesem Semester z.B. in
einem Forschungsseminar am K.I.T.
(http://www.zar.kit.edu/490.php?ID=1313). Grundlegender und fachlich
tragender angelegt ist insoweit das Weißbuch "Digitale Plattformen"
(http://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Pressemitteilungen/2017/20170320-zypries-werte-der-analogen-welt-muessen-auch-in-digitaler-gelten.html).
Praktisch für die NutzerInnen bedeutsam ist auch, dass viele
verbraucherschützende Vorschriften des E-Commerce (z.Bsp.
Widerrufsrechte für VerbraucherInnen) nur für Verträge gelten, die eine
"entgeltliche Leistung" zum Gegenstand haben (§ 312 BGB). Ähnlich gelten
auch nutzerschützende Vorgaben für den Betrieb von Websites nur für
entgeltliche Angebote (vgl. TMG). Entrichten Sie ein Entgelt an Ebay für
die Inanspruchnahme dessen Dienste, Frau Dürlich? Auf deutscher und auf
EU-Ebene wird momentan das (jur. bislang traditionell geprägte)
Verständnis von Entgelt auf den Prüfstand gestellt, bzgl. gesetzlicher
Gewährleistung bei Apps etc. siehe diese Woche heise online unter
https://heise.de/-3739273; vertiefend zur Fragestellung, inwieweit Daten
als Gegenleistung in Verträgen über die Bereitstellung digitaler Inhalte
zu betrachten sind, kann das BMJV-Auftragsgutachten von Schmidt-Kessel
aus 2016 empfohlen werden, siehe http://hbfm.link/564
Sorry, der Beitrag ist etwas länger geworden, was auch mit der
Komplexität von (Internet-)Kartellrecht zu tun haben kann.
ps. Ist der in Bezug genommene Newsletter online abrufbar?
In der Hoffnung, damit das (Selbst-)Bewusstsein der NutzerInnen zu
stärken, Thomas Hartmann
Am 11.06.2017 um 14:08 schrieb K. D. via InetBib:
Liebe Liste,
da mir die Formatierung verlorengegangen ist, erlauben Sie mir bitte,
meine Frage erneut zu stellen.
Wenn man das ganze Blabla wegläßt, mit dem mir die Idee im unten
zitierten Artikel schmackhaft gemacht wird, sind darin nur zwei
Informationen wichtig:
1. wann wir damit starten, uns die Rechte zur Nutzung Ihrer Bilder und
Produktinformationen einzuholen
2. Verkäufer, die in ihren Angeboten Bilder verwenden, die sie weder
eBay noch anderen eBay-Verkäufern zur Verfügung stellen möchten oder
können, sollten Ihre Angebote mit anderen Bildern neu einstellen.
Es stellt sich mir die Frage, warum das Unternehmen plötzlich meine
Bildrechte verlangt. Vorher ging es doch auch ohne. Zumal die
Ankündigung nach flächendeckender Rechteeinholung klingt. Was wollen
die mit so vielen Bildern, wenn eh nur ein einziges im Produktkatalog
erscheint?
Spielen wir die Möglichkeiten doch mal durch:
Nehme ich ein fremdes Bild, habe ich in absehbarer Zeit eine Klage am
Hals. Dann muß ich Ebay natürlich mitteilen, daß ich nicht berechtigt
war, das Bild einzustellen. Und dann verklagt mich Ebay ebenfalls,
weil ich falsche Angaben gemacht habe.
Ich werde mich also schwer hüten, fremde Bilder einzustellen. Soweit
so gut. Stelle ich aber meine eigenen Bilder ein, habe ich genauso die
A...karte gezogen. Wenn ich Ebay wäre, würde ich folgendermaßen vorgehen:
Ich lasse mir unbefristet das ausschließliche Nutzungsrecht an den
hochgeladenen Bildern einräumen. Mit dem Argument, daß ich meinen
Katalog ausbauen will und die Bilder allen Ebay-Nutzern zur Verfügung
stehen, bekomme ich sie sogar noch kostenlos.
Nach einer angemessenen Frist (sprich wenn schon viele Bilder
hochgeladen wurden) suche ich nach ähnlichen Bildern. Und da ich das
ausschließliche Nutzungsrecht habe, geht es um alle Bilder, die meinem
optisch (!) ähnlich sind. Preisfrage: Wo finde ich solche Bilder?
Genau! Auf den Webseiten des Online-Shops eines gewerblichen Händlers
bzw. auf Konkurrenz-Plattformen von Ebay.
Und dann fange ich an, Mahnungen zu schreiben. "Bitte entfernen Sie
Bild xy, sonst..."
Da ein Anbieter aber weiterhin auch woanders verkaufen möchte, ändert
er das Bild – und stellt fest, daß ihm ziemlich schnell die Ideen
ausgehen. Ich kann einen Artikel, den ich verkaufen möchte, nunmal nur
so darstellen, wie er ist. Da bleibt nicht viel gestalterischer
Spielraum. Um Ärger aus dem Weg zu gehen, werden viele dann
wahrscheinlich wirklich nur noch bei Ebay verkaufen. Und damit ist
doch das Ziel erreicht. Oder sehe ich hier zu schwarz? Gibt es eine
Regelung, die so eine Praxis unterbindet?
Vielen Dank für Ihre Antworten.
Mit freundlichen Grüßen,
Katrin Dürlich
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K. D. via InetBib <inetbib@xxxxxxxxxx> schrieb am Fr, 9.6.2017:
Betreff: [InetBib] Was halten Sie davon?
An: "inetbib@xxxxxxxxxx" <inetbib@xxxxxxxxxx>
Datum: Freitag, 9. Juni, 2017 12:52 Uhr
Liebe Liste,
es interessiert mich brennend, was Sie davon halten. Im
Ebay-Newsletter heißt es zur Nutzung von Bildern:
"Der eBay-Katalog ist eine Datenbank von Millionen von Produkten,
die über die eBay-Websites verkauft werden. Wir verbessern diesen
Katalog kontinuierlich, um das Verkaufen bei eBay immer einfacher und
erfolgreicher zu machen.
Viele unserer neuen Maßnahmen zum Bewerben von Angeboten wie die
kuratierten Kategorieseiten oder unsere Produktbewertungen und
Rezensionen wären ohne den eBay-Katalog nicht möglich.
Diesen Herbst geben wir Ihnen detaillierte Informationen, wann wir
damit starten, uns die Rechte zur Nutzung Ihrer Bilder und
Produktinformationen einzuholen. eBay lädt die Artikelbilder und
Informationen im eBay-Katalog hoch. Damit kann jeder Verkäufer für
seine Angebote auf qualitativ hochwertige Bilder und aussagekräftige
Produktinformationen zugreifen und sie für Käufer attraktiver machen.
Umgang mit Bildern, deren Nutzungsrechte nicht an eBay weitergegeben
werden können
Verkäufer, die in ihren Angeboten Bilder verwenden, die sie weder eBay
noch anderen eBay-Verkäufern zur Verfügung stellen möchten oder
können, sollten Ihre Angebote mit anderen Bildern neu einstellen.
Wenn Verkäufer in ihren Angeboten Bilder verwenden, die restriktiven
Nutzungsrechten unterliegen, müssen Sie sie die Nutzungsbedingungen
mit dem Inhaber der Rechte neu verhandeln, bevor sie diese Bilder in
ihren Angeboten hochladen."
Warum verlangt das Unternehmen plötzlich meine Bildrechte? Vorher
ging es doch auch ohne.
"... sollten Ihre Angebote mit anderen Bildern neu einstellen." ->
Wann wird aus dem "sollten" ein "müssen"? Das brisante daran ist aus
meiner Sicht, daß es in bestimmten Bereichen Pflicht ist, den
Ebay-Katalog zu verwenden, daß aber für gebrauchte Artikel das Bild
aus dem Ebay-Katalog nicht verwendet werden darf.
Wie beurteilen Sie die Situation? Ist das angedachte Vorgehen
legitim oder eher dreist?