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Re: [InetBib] Was halten Sie davon? Nachtrag
- Date: Mon, 12 Jun 2017 21:29:12 +0000 (UTC)
- From: "K. D. via InetBib" <inetbib@xxxxxxxxxx>
- Subject: Re: [InetBib] Was halten Sie davon? Nachtrag
Liebe Liste,
vielen Dank für die Antworten und Hinweise.
Es gibt noch einen zweiten Punkt, bei dem mir der Hut hochgeht. Und nach den
Hinweis auf die "entgeltliche Leistung" im E-Commerce gleich noch mehr. Ich
habe ihn nur noch nicht angesprochen, weil ich zuerst einmal wissen wollte, was
Sie zu den Bildrechten meinen.
Ich verstehe nicht, warum auch Rechte an meinen Produktdaten eingeholt werden
sollen. Wofür? Ich sehe darin keinen Sinn. Ich meine, jeder macht mal Fehler.
Und wenn solche Fehler im Ebay-Produktkatalog auftauchen, soll ich dann dafür
geradestehen? Das wäre ja wohl der Gipfel. Der Katalog gehört zum Kerngeschäft
von Ebay. Das Unternehmen stellt die Plattform und die Struktur zur Verfügung,
damit ich besser verkaufen kann. Dafür bezahle ich ja auch eine
Verkaufsprovision. Und dann darf ich auch noch kostenlos den Produktkatalog
vervollständigen?? Das gehört doch wohl zur Kundenbindung und ist damit Teil
des Marketings. Wie haben die den Katalog denn bis jetzt zusammengebastelt? Und
wer macht die Qualitätskontrolle? Das ist die Aufgabe eines
Informationsspezialisten, also z.B. eines Bibliothekars oder Dokumentars. Und
der gehört in das Unternehmen. Dafür kann ich die Verkäufer nicht rekrutieren,
wie preiswert es auf den ersten Blick auch erscheinen mag. Wenn ich korrekte
Daten haben will, sehe ich ins Datenblatt des Herstellers. Selbst wenn man nur
die professionellen Verkäufer zur Katalogvervollständigung heranzieht: Woher
weiß ich denn, daß z.B. Gebrauchtwarenhändler das Datenblatt konsultiert haben,
wenn es überhaupt nicht möglich ist, ein solches anzuhängen? Mir als Verkäufer
ist es schnurz piep egal, woher Ebay seine Daten bezieht, aber ich erwarte von
dem Katalog (zumal wenn er verpflichtend zu nutzen ist) Qualität.
Und da ich gerade so schön in Fahrt bin, hier noch ein Beispiel, das mir heute
bei der Katalogisierung eingefallen ist: Ich erstelle ein Angebot, zu dem es
noch kein Produkt im Produktkatalog gibt. Meine Produktdaten und mein Bild
werden in den Produktkatalog übernommen. Damit wird mein Bild, für das ich Ebay
die Nutzungsrechte eingeräumt habe, zum Standardbild. Dummerweise ist mein
Artikel aber nicht neu, sondern gebraucht. Und für diesen gebrauchten Artikel
darf ich (zumindest derzeit) laut Ebay-Richtlinie das Standardbild aus dem
Produktkatalog nicht verwenden. Ich darf also mein eigenes Bild nicht
verwenden. Die Bildrechte werden aber mit dem Argument eingefordert, daß sie
danach *allen* Ebay-Nutzern zur Verfügung stehen. Und ich bin doch ein
Ebay-Nutzer, oder sehe ich das falsch?
Ich kann verstehen, daß Ebay sich absichern möchte gegen Urheberrechtsverstöße.
Aber wenn das Unternehmen, wie es fair wäre, sich seine Produktdaten und Bilder
selber zusammensuchen und sich von allen anderen Bildern und Daten auf der
Plattform distanzieren würde, wäre meiner Meinung nach der selbe Effekt
erreicht. Es gibt ja schließlich auch noch das Prinzip der stillschweigenden
Duldung. Z.B. wenn ein Hersteller einen Händler nicht verklagt oder abmahnt,
weil dieser Händler Produktbilder vom Hersteller verwendet und damit
Zielgruppen anspricht, die dem Hersteller sonst evtl. durch die Lappen gehen
würden. Aber dann kommt Ebay, verlangt die Bildrechte, und dann geht der
Hersteller auf die Barrikaden. Was man ihm ja auch nicht verdenken kann.
Und genau aus diesem Grund frage ich mich, ob da einer bloß nicht nachgedacht
hat, was er da verzapft, oder ob da vielleicht doch was anderes dahintersteckt.
Liebe Liste,
ich hatte meinen Wutanfall letzte Woche, als ich so richtig darüber nachgedacht
habe, was die Mitteilung im Newsletter bedeutet. Ist der Wutanfall
gerechtfertigt? Was meinen Sie?
Vielen Dank im Voraus für Ihre Antworten.
Mit freundlichen Grüßen,
Katrin Dürlich
--------------------------------------------
Thomas Hartmann via InetBib <inetbib@xxxxxxxxxx> schrieb am So, 11.6.2017:
Betreff: Re: [InetBib] Was halten Sie davon? Nachtrag
An: inetbib@xxxxxxxxxx
Datum: Sonntag, 11. Juni, 2017 14:31 Uhr
Sehr geehrte KollegInnen,
die Aufregung darüber wäre bei mir nicht so groß. Weshalb?
Zunächst: Dass an fremden Bildern (fast) keine Nutzungsrechte eingeräumt und
diese damit nicht bzw. nur sehr begrenzt verwendet werden können, ist seit
langem bekannt. Man kann sich daher über den anhaltenden, massenhaften
Bilderklau auf Plattformen wie der bezeichneten nur wundern, dessen
Rechtsverfolgung insbes. durch
Abmahnungen darf gerade wie die hier versammelten KollegInnen nicht
überraschen.
Weiter: Ebenfalls an sich nicht sehr überraschend kommt die Nutzungsvorgabe,
dass nun auch dieser Plattform Nutzungsrechte an eigenen Materialien
eingeräumt werden sollen. Bei Ihrer grundsätzlichen Frage nach der
Zulässigkeit "solch einer Praxis" beschäftigen mich neben den Nutzungsrechten
an urheberrechtlich geschütztem Material wesentlich auch der Datenschutz (vgl.
http://europa.eu/rapid/press-release_IP-17-1369_en.htm) - da geht es neben
wirtschaftlichen Gütern schließlich zumindest auch um Perönlichkeitsrechte!
Prinzipiell sind Sie, Frau Dürlich, frei darin, sich einen anderen
Vertragspartner zu suchen, der Ihnen andere Nutzungsbedingungen anbietet. Das
ist Privatautonomie (Art. 2 Abs. 1 GG) in einer freiheitlichen, als sozialen
Marktwirtschaft organisierten Gesellschaft. Ich wundere mich deshalb mitunter
über entsprechende Klagen von NutzerInnen bzw. gar deren Schwarzsehen.
Problematisch kann es (nur) dann werden, wenn individuell Ihre
Vertragsfreiheit faktisch
bzw. die Nachfrageseite systematisch erheblich eingeschränkt wäre, weil es
nur einen bzw. einige wenige Anbieter gibt _und_ für Anbieter mit anderen
Konditionen zwar eine ausreichende Nachfrage (bitte jedeR selbstkritisch
überprüfen!) bestehen würde, NachfragerInnen wie Sie aber z.Bsp. wegen
internettypischer Netzwerkeffekte von einem Wechsel abgehalten werden. Dann
drohen u.U., um es etwas juristischer zu formulieren, missbräuchliche
Verhaltensweisen des/der dominierenden Anbieter, die regulierungsseitig nicht
mehr tolerierbar sein können. Unser in die Jahre gekommenes Kartellrecht wurde
vor kurzem novelliert, erstmals wurden nun solche Aspekte
berücksichtigt. Siehe dazu die BMWI-Themenseite unter
http://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Artikel/Wirtschaft/gwb-novelle.html Wie weit
diese Neuregelungen tragen und
auch konkret durchgesetzt werden können (z.Bsp. durch eine diskutierte
Stärkung des Bundeskartellamts), wird sich zeigen; wir untersuchen u.a. dies
in diesem Semester z.B. in einem Forschungsseminar am K.I.T.
(http://www.zar.kit.edu/490.php?ID=1313). Grundlegender und fachlich tragender
angelegt ist insoweit das Weißbuch "Digitale Plattformen"
(http://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Pressemitteilungen/2017/20170320-zypries-werte-der-analogen-welt-muessen-auch-in-digitaler-gelten.html).
Praktisch für die NutzerInnen bedeutsam ist auch, dass viele
verbraucherschützende Vorschriften des E-Commerce (z.Bsp. Widerrufsrechte für
VerbraucherInnen) nur für Verträge gelten, die eine "entgeltliche Leistung"
zum Gegenstand haben (§ 312 BGB). Ähnlich gelten auch nutzerschützende
Vorgaben für den Betrieb von Websites nur für entgeltliche Angebote (vgl.
TMG). Entrichten Sie ein Entgelt an Ebay für die Inanspruchnahme dessen
Dienste, Frau Dürlich? Auf deutscher und auf EU-Ebene
wird momentan das (jur. bislang traditionell geprägte) Verständnis von
Entgelt auf den Prüfstand gestellt, bzgl. gesetzlicher Gewährleistung bei Apps
etc. siehe diese Woche heise online unter https://heise.de/-3739273;
vertiefend zur Fragestellung, inwieweit Daten als Gegenleistung in Verträgen
über die Bereitstellung digitaler Inhalte
zu betrachten sind, kann das BMJV-Auftragsgutachten von Schmidt-Kessel aus
2016 empfohlen werden, siehe http://hbfm.link/564
Sorry, der Beitrag ist etwas länger geworden, was auch mit der Komplexität
von (Internet-)Kartellrecht zu tun haben kann.
ps. Ist der in Bezug genommene Newsletter online abrufbar?
In der Hoffnung, damit das (Selbst-)Bewusstsein der NutzerInnen zu stärken,
Thomas Hartmann
Am
11.06.2017 um 14:08 schrieb K. D. via InetBib:
Liebe Liste,
da mir die Formatierung verlorengegangen
ist, erlauben Sie mir bitte, meine Frage erneut zu
stellen.
Wenn man
das ganze Blabla wegläßt, mit dem mir die Idee im unten
zitierten Artikel schmackhaft gemacht wird, sind darin nur
zwei Informationen wichtig:
1. wann wir damit starten, uns die Rechte
zur Nutzung Ihrer Bilder und Produktinformationen
einzuholen
2. Verkäufer, die in ihren
Angeboten Bilder verwenden, die sie weder eBay noch anderen
eBay-Verkäufern zur Verfügung stellen möchten oder
können, sollten Ihre Angebote mit anderen Bildern neu
einstellen.
Es
stellt sich mir die Frage, warum das Unternehmen plötzlich
meine Bildrechte verlangt. Vorher ging es doch auch ohne.
Zumal die Ankündigung nach flächendeckender
Rechteeinholung klingt. Was wollen die mit so vielen
Bildern, wenn eh nur ein einziges im Produktkatalog
erscheint?
Spielen
wir die Möglichkeiten doch mal durch:
Nehme ich ein fremdes Bild, habe ich in absehbarer Zeit eine
Klage am Hals. Dann muß ich Ebay natürlich mitteilen, daß
ich nicht berechtigt war, das Bild einzustellen. Und dann
verklagt mich Ebay ebenfalls, weil ich falsche Angaben
gemacht habe.
Ich werde mich also
schwer hüten, fremde Bilder einzustellen. Soweit so gut.
Stelle ich aber meine eigenen Bilder ein, habe ich genauso
die A...karte gezogen. Wenn ich Ebay wäre, würde ich
folgendermaßen vorgehen:
Ich lasse mir
unbefristet das ausschließliche Nutzungsrecht an den
hochgeladenen Bildern einräumen. Mit dem Argument, daß ich
meinen Katalog ausbauen will und die Bilder allen
Ebay-Nutzern zur Verfügung stehen, bekomme ich sie sogar
noch kostenlos.
Nach einer angemessenen
Frist (sprich wenn schon viele Bilder hochgeladen wurden)
suche ich nach ähnlichen Bildern. Und da ich das
ausschließliche Nutzungsrecht habe, geht es um alle Bilder,
die meinem optisch (!) ähnlich sind. Preisfrage: Wo finde
ich solche Bilder? Genau! Auf den Webseiten des Online-Shops
eines gewerblichen Händlers bzw. auf Konkurrenz-Plattformen
von Ebay.
Und dann fange ich an,
Mahnungen zu schreiben. "Bitte entfernen Sie Bild xy,
sonst..."
Da ein Anbieter aber
weiterhin auch woanders verkaufen möchte, ändert er das
Bild – und stellt fest, daß ihm ziemlich schnell die
Ideen ausgehen. Ich kann einen Artikel, den ich verkaufen
möchte, nunmal nur so darstellen, wie er ist. Da bleibt
nicht viel gestalterischer Spielraum. Um Ärger aus dem Weg
zu gehen, werden viele dann wahrscheinlich wirklich nur noch
bei Ebay verkaufen. Und damit ist doch das Ziel erreicht.
Oder sehe ich hier zu schwarz? Gibt es eine Regelung, die so
eine Praxis unterbindet?
Vielen Dank für Ihre Antworten.
Mit freundlichen
Grüßen,
Katrin Dürlich
--------------------------------------------
K. D. via InetBib <inetbib@xxxxxxxxxx>
schrieb am Fr, 9.6.2017:
Betreff: [InetBib] Was halten Sie
davon?
An: "inetbib@xxxxxxxxxx"
<inetbib@xxxxxxxxxx>
Datum: Freitag, 9. Juni, 2017 12:52
Uhr
Liebe
Liste,
es
interessiert mich brennend, was Sie davon halten. Im
Ebay-Newsletter heißt es zur Nutzung von Bildern:
"Der
eBay-Katalog ist eine Datenbank von Millionen von Produkten,
die über die eBay-Websites verkauft werden. Wir verbessern
diesen Katalog kontinuierlich, um das Verkaufen bei eBay
immer einfacher und erfolgreicher zu machen.
Viele unserer neuen
Maßnahmen zum Bewerben von Angeboten wie die kuratierten
Kategorieseiten oder unsere Produktbewertungen und
Rezensionen wären ohne den eBay-Katalog nicht möglich.
Diesen Herbst geben
wir Ihnen detaillierte Informationen, wann wir damit
starten, uns die Rechte zur Nutzung Ihrer Bilder und
Produktinformationen einzuholen. eBay lädt die
Artikelbilder und Informationen im eBay-Katalog hoch. Damit
kann jeder Verkäufer für seine Angebote auf qualitativ
hochwertige Bilder und aussagekräftige Produktinformationen
zugreifen und sie für Käufer attraktiver machen.
Umgang mit Bildern,
deren Nutzungsrechte nicht an eBay weitergegeben werden
können
Verkäufer, die in ihren
Angeboten Bilder verwenden, die sie weder eBay noch anderen
eBay-Verkäufern zur Verfügung stellen möchten oder
können, sollten Ihre Angebote mit anderen Bildern neu
einstellen.
Wenn Verkäufer in ihren
Angeboten Bilder verwenden, die restriktiven Nutzungsrechten
unterliegen, müssen Sie sie die Nutzungsbedingungen mit dem
Inhaber der Rechte neu verhandeln, bevor sie diese Bilder in
ihren Angeboten hochladen."
Warum verlangt das Unternehmen
plötzlich meine Bildrechte? Vorher ging es doch auch
ohne.
"... sollten Ihre Angebote mit anderen Bildern neu
einstellen." -> Wann wird aus dem
"sollten" ein "müssen"? Das brisante
daran ist aus meiner Sicht, daß es in bestimmten Bereichen
Pflicht ist, den Ebay-Katalog zu verwenden, daß aber für
gebrauchte Artikel das Bild aus dem Ebay-Katalog nicht
verwendet werden darf.
Wie beurteilen Sie die Situation? Ist
das angedachte Vorgehen legitim oder eher dreist?
Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.