Sehr geehrter Herr Müller, ich wüsste im Moment nicht zu sagen, worin Sie mir widersprechen, da ich ja lediglich auf den Link verwies, nachdem in den USA die Nutzung von e-textbooks anscheinend massiv gefördert werden soll. Im Prinzip impliziert das Ihre Aussage „In den USA lesen die Studenten keineswegs E-books.“ insofern, da die angesprochene Förderung ja anderenfalls nicht nötig wäre. Es ist aber vermutlich damit zu rechnen, dass sich das in den USA bald ändern wird, während ich vergleichbare Fördermaßnahmen in Deutschland noch nicht sehe. Aber voraussichtlich wird man dann die geplanten Angebote in den USA entsprechenden zeitverzögert übersetzen und (preiswert ?) anbieten. Wenn ich dann noch die Bedingungen des iBookstores bei Apple ( http://www.apple.com/legal/itunes/de/terms.html#GIFTS ) lese, dann sehe ich im Moment auch nicht, dass sich die Copyrights bzw. die Urheberrechte in eine sinnvolle, moderne, bibliotheksaffine Richtung verändern werden – trotz Piraten. Solange aus der Sicht eines Informationswissenschaftlers Information, Redundanz, Rauschen und Wissen juristisch völlig undifferenziert in einen Topf geistigen Eigentums geworfen werden, ist auch nicht damit zu rechnen. Da bedarf es eines noch größren Desasters, bis sich fundiertes Wissen wieder Bahn bricht. Im Prinzip ist es Etikettenschwindel, jeden Schund als hochwertiges Wissen, als Kulturgut, als Kunst, geschweige als geistiges Eigentum zu vermarkten. In einer Dissertation mit z.B. drei Thesen, sind doch genau genommen nur diese Thesen das geistige Eigentum des Doktoranden, und sich die zu erarbeiten, ist für die meisten schon schwer genug. Alles andere ist doch nur evidenzbasierte Untermauerung, zur Verteidigung dieser Thesen. Aber wenn neuerdings auch schon Bild-Journalisten für ihren investigativen Jounrnalismus geehrt werden, weiß bald überhaupt niemand mehr was Schund ist - außer ein paar Journalisten von der Süddeutschen Zeitung ;-). Ich hoffe Ihr Vortrag wird möglichst zeitnah erscheinen. Ich lese lieber als zu hören, da kann man besser nachdenken ;-) Mit freundlichen Grüßen W. Umstätter
Sehr geehrter, lieber Herr Umstätter, leider glaube ich Ihnen widersprechen zu müssen (es wäre schön, wenn ich mich irren würde!): In den USA lesen die Studenten keineswegs E-books. Das wird ihnen nämlich von den Verlagen verweigert. Rechtlich gesehen haben Verlage die vollständige Verfügungsgewalt über E-books und können frei entscheiden, ob, wann, wie, wielange, zu welchem Preis, unter Preisgabe welcher persönlicher Daten etc. etc. etc. eine Person ein E-book lesen darf. Oder auch nicht!!! In den USA haben gerade jetzt die großen Sechs entschieden, keine E-books an Bibliotheken zu geben. Wenn Sie eine juristische Erklärung hierfür hören möchten, kommen Sie zu meinem Vortrag auf dem Bibliothekartag. (Ich weiß, das ist jetzt Eigenreklame. Ja, und?) Oder lesen Sie die am vergangenen Freitag veröffentlichte Stellungnahme der IFLA zu E-books in Bibliotheken. http://www.ifla.org/files/clm/publications/ifla_background_paper_e-lending_0.pdf MfG Dr. Harald Müller Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht / Bibliothek Max Planck Institute for Comparative Public Law and International Law / Library Im Neuenheimer Feld 535; D-69120 Heidelberg Phone: +49 6221 482 219; Fax: +49 6221 482 593 Mail: hmueller@xxxxxxx ________________________________________ Von: inetbib-bounces@xxxxxxxxxxxxxxxxxx [inetbib-bounces@xxxxxxxxxxxxxxxxxx]" im Auftrag von "Walther Umstaetter [walther.umstaetter@xxxxxxxxxxxxxxxx] Gesendet: Freitag, 11. Mai 2012 10:35 Bis: Internet in Bibliotheken Betreff: Re: [InetBib] #bibac12 auf dem bibtag - diskussionen..... Sehr geehrter Herr Scharwächter, da ich Ihren Anmerkungen im Moment leider nichts wesentliches hinzuzufügen habe ;-) hier noch eine Anmerkung zum Thema "Library of the Future" und warum uns die USA noch immer etliche Jahre voraus sind: http://digital-textbooks.blogspot.de/2012/05/apple-nonprofits-push-digital-college.html ”College students will no longer be out hundreds or even thousands of dollars for print textbooks every year. Instead, they'll read e-textbooks at much less cost — or no cost at all.” ”Apple (AAPL) are pressing ahead in this market.” “The nonprofit says it will raise and allocate $3 million for its e-library, and says it's received promises of an additional $2 million in funding from the Bill & Melinda Gates, and William and Flora Hewlett foundations.” Nach der pädagogischen Revolution der Schiefertafel sind die Slates voraussehbar noch sehr viel revolutionärer. Ich warte allerdings noch auf den Durchbruch der App, mit der alle Kinder spielend lesen und schreiben lernen, auch wenn ich mir schon Sorgen um die dann arbeitslosen Vorschulllehrer hierzulande mache, während sie in den unterentwickelten Ländern gar nicht erst eingestellt werden müssen ;-) MfG W. Umstätter P.S. Der Vorteil von iPads ist u.a. das man sie Orten und benachrichtigen kann, wenn sie von der Ausleihe nicht zurück kommen. Falls dann jemand den Weg zur Bibliothek nicht mehr weiß, könnte man ihm den auch noch anbieten ;-)Hallo Herr Umstätter, das ist ja ein Rundumschlag ;-) Walther Umstaetter schrieb am 10.05.2012 19:12:Schon die Benennung Unkonferenz dürfte eher provokativ und damit abwegig sein, denn über ein Netz zu konferieren, wird nicht weniger kommunikativ,Das Wort Unkonferenz ist in der Tat eigentlich falsch. Eine Konferenz ist ein Zusammentragen, Vergleichen im Sinne des Wortes. Eine Unkonferenz ist nicht das Gegenteil davon, sondern genau dieses: Es wird Wissen zusammengetragen.Es ist sicher von Vorteil, dass man heute Aussagen eines Vortragenden schon während des Vortrags ad-hoc online überprüfen kann.Das ist richtig. Gut ist auch, dass man während eines Vortrages seine Eindrücke an andere weitergeben kann (z.B. via Twitter) ohne tuscheln zu müssen. Das hat allerdings nicht direkt etwas mit einem Barcamp zu tun.Dass manche BarCamp-Teilnehmer oder –Sponsoren aber oft auch nur ein Forum suchen, um sich zu profilieren, sollte darum nicht völlig übersehen werden.Auf den Barcamps, die ich besuchte, war der Anteil jener, die sich nur profilieren (im negativen Wortsinn), verschwindend gering.Es ist sicher kein Fortschritt, wenn Menschen sich zu Konferenzen treffen, auf die sie sich gar nicht vorbereiten können, weil sie ja noch nicht wissen welche Themen zur Debatte stehen werden.Hier irren Sie. Natürlich kann man sich auf ein Thema vorbereiten, zu dem man auf einem Barcamp eine Session anbieten möchte. Es ist gestattet, ein Thema zu präsentieren, in dem man sich sehr gut auskennt, und anschließend einige Aspekte aus dem Publikum einzusammeln. Es ist aber auch gestattet, zum Beispiel gemeinsam über einen herkömmlichen Vortrag auf dem Bibliothekartag zu diskutieren und das Thema weiterzuentwickeln.Auch wenn es in Fernsehen und Rundfunk modern geworden ist, dass Menschen über Themen sprechen, von denen sie oft wenig verstehen, weil das sehr erheiternd sein kann (meist ist es nur peinlich, weil Menschen gezwungen werden ihre Unkenntnis zu Markte zu tragen), so darf das nicht zum Maßstab von wissenschaftlichen Diskussionen werden.Wenn Sie sich die Themen des letzten Bibcamps ansehen [1] und einen Blick in die Teilnehmerliste werfen: Haben Sie dann den Eindruck, dass da Ahnungslose über fremde Themen diskutiert hätten?Auch Arbeitgeber stehen vor der Frage, welche ihrer Spezialisten sie auf eine Konferenz schicken, wenn noch gar nicht klar ist, für welche Spezialisten es wichtig wird. Bei Studierenden ist das eher unerheblich, wenn sie sich möglichst breit fortbilden wollen.Ein Barcamp richtet sich an eine bestimmte Personengruppe. Bei den Barcamps, über die wir diskutieren, sind das bibliotheksaffine Personen. Insofern ist die Chance, dass man bei einem solchen Barcamp andere Personen trifft, die das gleiche Spezialgebiet beackern, recht hoch.Es ist gleichgültig ob man die Bibliothekartage, die BarCamps oder beide fortntwickelt, entscheidend ist, das eigentliche Ziel, den Wissensgewinn aller Teilnehmer zur "Library of the Future" im Auge zu behalten, und dass das Wissen der Welt allen kostenlos zur Verfügung stehen muss, wenn wir diese Welt nicht ruinieren wollen.Diesen Absatz hätte ich Pro-Barcamps nicht besser formulieren können. Barcamps sind eine Ergänzung, nicht ein Ersatz für Tagungen. Ein Barcamp in Verbindung mit einer straff organisierten Tagung kann ein Mehrwert sein, eine Steigerung des Ergebnisses. Ich bin jedenfalls gespannt. Mit freundlichen Grüßen, Michael Schaarwächter [1] http://goo.gl/57ctF (bibcamp.pbworks.com/...) -- Michael Schaarwächter Universitätsbibliothek Dortmund EDV +49 231 7554050 http://www.ub.tu-dortmund.de http://www.inetbib.de -- http://www.inetbib.de-- http://www.inetbib.de -- http://www.inetbib.de
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