Hallo Herr Umstätter,
das ist ja ein Rundumschlag ;-)
Walther Umstaetter schrieb am 10.05.2012 19:12:
Schon die Benennung Unkonferenz dürfte eher provokativ und damit abwegig
sein, denn über ein Netz zu konferieren, wird nicht weniger
kommunikativ,
Das Wort Unkonferenz ist in der Tat eigentlich falsch. Eine Konferenz
ist ein Zusammentragen, Vergleichen im Sinne des Wortes. Eine
Unkonferenz ist nicht das Gegenteil davon, sondern genau dieses: Es wird
Wissen zusammengetragen.
Es ist sicher von Vorteil, dass man heute Aussagen eines Vortragenden
schon während des Vortrags ad-hoc online überprüfen kann.
Das ist richtig. Gut ist auch, dass man während eines Vortrages seine
Eindrücke an andere weitergeben kann (z.B. via Twitter) ohne tuscheln zu
müssen. Das hat allerdings nicht direkt etwas mit einem Barcamp zu tun.
Dass manche
BarCamp-Teilnehmer oder –Sponsoren aber oft auch nur ein Forum suchen,
um
sich zu profilieren, sollte darum nicht völlig übersehen werden.
Auf den Barcamps, die ich besuchte, war der Anteil jener, die sich nur
profilieren (im negativen Wortsinn), verschwindend gering.
Es ist sicher kein Fortschritt, wenn Menschen sich zu Konferenzen
treffen,
auf die sie sich gar nicht vorbereiten können, weil sie ja noch nicht
wissen welche Themen zur Debatte stehen werden.
Hier irren Sie. Natürlich kann man sich auf ein Thema vorbereiten, zu
dem man auf einem Barcamp eine Session anbieten möchte. Es ist
gestattet, ein Thema zu präsentieren, in dem man sich sehr gut auskennt,
und anschließend einige Aspekte aus dem Publikum einzusammeln. Es ist
aber auch gestattet, zum Beispiel gemeinsam über einen herkömmlichen
Vortrag auf dem Bibliothekartag zu diskutieren und das Thema
weiterzuentwickeln.
Auch wenn es in Fernsehen
und Rundfunk modern geworden ist, dass Menschen über Themen sprechen,
von
denen sie oft wenig verstehen, weil das sehr erheiternd sein kann (meist
ist es nur peinlich, weil Menschen gezwungen werden ihre Unkenntnis zu
Markte zu tragen), so darf das nicht zum Maßstab von wissenschaftlichen
Diskussionen werden.
Wenn Sie sich die Themen des letzten Bibcamps ansehen [1] und einen
Blick in die Teilnehmerliste werfen: Haben Sie dann den Eindruck, dass
da Ahnungslose über fremde Themen diskutiert hätten?
Auch Arbeitgeber stehen vor der Frage, welche ihrer
Spezialisten sie auf eine Konferenz schicken, wenn noch gar nicht klar
ist, für welche Spezialisten es wichtig wird. Bei Studierenden ist das
eher unerheblich, wenn sie sich möglichst breit fortbilden wollen.
Ein Barcamp richtet sich an eine bestimmte Personengruppe. Bei den
Barcamps, über die wir diskutieren, sind das bibliotheksaffine Personen.
Insofern ist die Chance, dass man bei einem solchen Barcamp andere
Personen trifft, die das gleiche Spezialgebiet beackern, recht hoch.
Es ist gleichgültig ob man die Bibliothekartage, die BarCamps oder beide
fortntwickelt, entscheidend ist, das eigentliche Ziel, den Wissensgewinn
aller Teilnehmer zur "Library of the Future" im Auge zu behalten, und
dass
das Wissen der Welt allen kostenlos zur Verfügung stehen muss, wenn wir
diese Welt nicht ruinieren wollen.
Diesen Absatz hätte ich Pro-Barcamps nicht besser formulieren können.
Barcamps sind eine Ergänzung, nicht ein Ersatz für Tagungen. Ein Barcamp
in Verbindung mit einer straff organisierten Tagung kann ein Mehrwert
sein, eine Steigerung des Ergebnisses. Ich bin jedenfalls gespannt.
Mit freundlichen Grüßen,
Michael Schaarwächter
[1] http://goo.gl/57ctF (bibcamp.pbworks.com/...)
--
Michael Schaarwächter
Universitätsbibliothek Dortmund
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