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Re: [InetBib] Internet revolutioniert die Wissenschaft



Wozu soll denn eine Embargo-Frist bei Lehrbüchern gut sein? Der typische 
Absatzverlauf eines Lehrbuchs ist, dass es im ersten Jahr eine schwierige 
Einführungsphase hat und dann ab dem zweiten Jahr möglichst konstante, bei 
Erfolg auch steigende Absatzzahlen haben muss. Das Werk muss kontinuierlich 
gepflegt, also aktualisiert werden, damit es im Markt bleibt. Das bedeutet auch 
von Verlag und Autor kontinuierliche Investitionen.

Eine Embargo-Frist ist doch nur bei Monografien sinnvoll, deren Absatz an 
Bibliotheken sich nach zwei Jahren weitgehend erschöpft hat. Da spielt es dann 
auch keine Rolle mehr, ob man das Werk ins Netz stellt oder nicht, zumindest 
aus wirtschaftlicher Sicht. Aus der Sicht des Autors mag es durchaus 
wünschenswert sein. Es ist dann eine Einzelfrage, die vom konkreten 
Absatzverlauf und dem noch zu erwartenden Restverkauf und der Erfahrung des 
Verlages mit Hybridpublikationen abhängt.

Bei Lehrbüchern sollte überlegt werden, ob die Forderung nach Open Access an 
die Autoren hier nicht rein ideologischen Charakter hat. Die mir bekannten 
Studenten (in Natur- oder Sozialwissenschaften) kaufen sowieso nur noch 
Lehrbücher, die prüfungsrelevant sind. Und diese wollen sie nicht elektronisch, 
weil sie elektronisch nicht gut lernen können.

Alle anderen, ergänzenden Lehrbücher, werden in der Bibliothek konsultiert. Da 
wäre man über elektronische Angebote dankbar. Diese sind - obwohl nachprüfbar 
in der Bibliothek vorhanden - bei den Studenten gänzlich unbekannt.
Eine Open Access-Lösung für diese Lehrbücher würde (gehen wir mal von einer 
reifen Situation in ein paar Jahren aus) nur dazu führen, dass die Bibliotheken 
diese nicht kaufen müssten sondern verlinken würden, was zum sofortigen Ende 
dieser Lehrbücher führen würde. Wohlgemerkt: Lehrbücher. Monografien sind hier 
ganz anders zu bewerten.

Gruss
Matthias Ulmer






Am 05.02.2012 um 16:51 schrieb Rainer Kuhlen:

Jenseits von Vorwürfen - für ProfessorInnenen, zumal für etablierte, 
gibt es heutzutage schon einigen Spielraum, um mit Verlagen auch bei 
Buchpublikationen zu OA-verträglichen Lösungen zu kommen, vielleicht mit 
akzeptablen Embargo-Fristen. Wenn mit einem Verlag, wie hier offenbar 
bei Hiersemann, aber keine entsprechende Lösungen zu vereinbaren sind, 
muss man sich eben entscheiden, ob man das Angebot ausschlägt oder ob 
man sich der Fachwelt, einschließlich der Studierenden, verpflichtet 
fühlt,  ein Standardlehrbuch weiter am Leben zu halten. Und solche 
Entscheidungen sollten akzeptiert werden. Trotzdem meine ich schon, dass 
wir als AutorInnen gegenüber den Verlagen den längeren Atem haben. Z.B. 
würde es dann nicht schaden, die Weigerung eines solchen Verlages 
öffentlich, z.B. über diese Liste, bekannt zu machen und/oder in einen 
Prozess wie den aktuellen gegen RWA und Elsevier & Co. münden zu lassen. 
Ob der Verlag dann noch einen Bearbeiter für "sein" Lehrbuch finden 
wird? (cf. The cost of knowledge - http://thecostofknowledge.com/)
RK

Am 05.02.2012 17:06, schrieb Walther Umstaetter:
1. In dem Satz: "Auch mit Rechteinhabern kann man verhandeln (z.B. ueber
delayed Open Access)." unterstellen Sie mir, dass ich das nicht längst tue
- ohne jede Vorkenntnis ihrerseis.

2. Dass ich nach dem Motto "Wes Brot ich ess, des Lied ich sing" handle,
kann in diesem Zusammenhang wohl nur Erheiterung auslösen, wenn man weiß,
wie wenig Geld für wie viel Arbeit man bei Fachliteratur dieser Art
bekommt.

3. Wenn man unbedingt will, kann man alles falsch verstehen. Sogar einen
so einfachn Satz wie den: "Für die Arbeit, die die Verlage dabei leisten,
bin ich nicht verantwortlich." Verlage tun für den Verkauf ihrer Bücher
bekanntlich sehr unterschiedlich viel. Manche sorgen sich mehr um die
Qualität, andere darum, dass ihre Bücher ins Fernsehen kommen, wieder
andere um einen aufsehenerregenden Eklat, den sie in weiteren Medien
hochspielen, wieder andere um eine möglichst scharfe Kalkulation, etc. Das
wenigste dessen weiß man, weil es hinter den Kulissen abläuft.

Dass das meiste, was etliche meiner Kolleginnen und Kollegen an
Lehrmaterial publizieren sozusagen im Selbstverlag einfach ins Netz
gestellt wird, ist bekannt. Wie bereits erwähnt, tue ich das auch. Wir
haben also schon seit Jahren weit mehr Open Access, als unter diesem
Schlagwort diskutiert wird. Das ist aber insofern nicht ganz vergleichbar
damit, dass mich ein Verlag bittet unter seiner Regie ein Buch zu
veröffentlichen. Das wissen Sie doch genau. Sie stellen sich also nur
unwissender, um mir "Verantwortungslosigkeit" zu unterstellen. Frei nach
der BILD-Zeitung, es wird schon etwas an dem Diffamierten hängen bleiben.
Wenn ich dann darauf nicht antworte, lässt sich das gut als Eingeständnis
der dreisten Unterstellungen werten. So nicht, Herr Dr. Graf ;-)

MfG

W. Umstätter


On Sat, 4 Feb 2012 20:32:46 +0100
 "Walther Umstaetter"<walther.umstaetter@xxxxxxxxxxxxxxxx>
wrote:

3. Das "Lehrbuch des Bibliotheksmanagements" ist
sozusagen die neuste
Auflage des alten Krabbe/Luther vom Hiersemann Verlag.
Ihm gehören die
Rechte. Insofern war die Erscheinungsform Sache des
Verlages. Ich bin
lediglich gefragt worden, ob ich eine neue Überarbeitung
übernehmen
könnte. Bei "Zwischen Informationsflut und
Wissenswachstum" Simon Verlag
für Bibliothekswissen war es ähnlich. Für die Arbeit, die
die Verlage
dabei leisten, bin ich nicht verantwortlich.
Deutlicher kann die Verantwortungslosigkeit des
wissenschaftlichen Autors, der nach dem alten Motto handelt
"Wes Brot ich ess, des Lied ich sing" und dem die ganzen
Open-Access-Faseleien im Grunde genommen wurscht sind, kaum
formuliert werden. Auch mit Rechteinhabern kann man
verhandeln (z.B. ueber delayed Open Access).

Klaus Graf
PS: Ich suche Handschriften von Johann Sigmund Brechtel
(gest. nach 1637)
http://archiv.twoday.net/stories/64967082/

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Prof. Dr. Rainer Kuhlen

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Speaker of the Coalition "Copyright for Education and Science"
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