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Re: [InetBib] URN Granular



Lieber Herr Mentzel-Reuters,

ich möchte nicht missverstanden werden. Natürlich ist die Nutzerakzeptanz
ein Thema - ich habe mich ja nur dagegen gewehrt, dass unsere
"akademischen bzw. technischen Diskussionen" über Sinn und Nutzen und
optimale Gestaltung von Persistent URLs und Persistent Identifiern hier auf
der Liste einfach für belanglos erklärt werden, nur weil sie den normalen
Nutzer nicht interessieren. Das hier ist eine Fachliste.

Aber was die Nutzerakzeptanz angeht, so will mir nicht einleuchten, warum
eine URN komplizierter sein soll als eine URL. Dank Google & Co sind für
den Alltagsgebrauch URLs sowieso weitgehend überflüssig, unserem Denk-
apparat jedenfalls sind mnemotechnisch kurze Strings, welche mit hoher
Zuverlässigkeit die erinnerte Ressource wiederfinden lassen, viel
angemessener. Wenn ich aber formell eine Ressource referenzieren will,
warum dann nicht mit einem persistent identifier in Form einer URN, wenn
sie schon bereitgestellt wird.

Natürlich ist es benutzerfreundlich, wenn man diese URN im HTML-Code
mit einem Resolver verknüpft und so die Auflösung erleichtert (es ist dafür
keinesfalls nötig, den Resolver verunklarend davorzuschreiben).

Ob ich mich nun den von Menschen erforschten Kosmos betrachte, oder
das Bücheruniversum, oder eben die Repräsentation von Ressourcen im
Internet, überall habe ich mit Adressung und Identifiern zu tun, seien es
nun Nummern in Katalogen von Himmelsobjekten unterschiedlichster
Wellenlängenbereiche im Sichtbaren wie im Unsichtbaren oder Nummern
in Inkunabelverzeichnissen, VD 16, VD 17 und anderen Buchkatalogen,
und zwar multiplen Identifiern, die ggf. aufeinander abzubilden bzw. in
Relation zueinander zu setzen sind (von Haus aus Astronom, sehe ich da
gewisse Parallelen zu den diversen Himmelskatalogen und x verschiedenen
Bezeichnungen für das gleiche Objekt, bis hin zu der unterschiedlichen
"Auflösung" verschiedener Kataloge, welche die gegenseitige Identifizierung
nicht immer einfach macht) - das liegt halt in der Natur der Sache.

Und wie überall gehört es zum wissenschaftlichen Handwerkszeug, sich
mit diesen Identifiern und Koordinatensystemen vertraut zu machen.
Wenn uns die modernen Browser nun so nette Addons bieten, bei denen
die ach so komplizierte "Installation" aus Nutzersicht lediglich im Klicken
auf einen Button "Install" besteht und anschließendem Befolgen der
Anweisung, jetzt doch bitte den Browser zu schließen und wieder neu
zu starten, warum sollten wir solche netten und nützlichen Tools unseren
Nutzern nicht nahebringen, um so die merkwürdigen URNs zu entmysti-
fizieren und sie genauso simpel und einfach in der Handhabung wie bspw.
ISBNs erscheinen zu lassen (dann ist auch sofort plausibel zu machen,
das ISBNs nur einen Sonderfall sind, vgl. ISBN namespace, URN ISBN
Spezfikation, oder einfacher, ein simples Beispiel: URN:ISBN:0-395-36341-1
Die Spezifikation braucht es, um das Leben für die Benutzer zu erleichtern,
nämlich durch Einführung von Äquivalenzregeln, die darauf hinauslaufen,
alle Bindestriche zu entfernen und alle x auf X zu normieren).

Ich konzediere gern, dass diese Anmerkungen eines auch nicht gerade
"Frischlings", sondern eher "alten Hasen" möglicherweise von unserer
besonderen Nutzerperspektive hier an einer technischen Hochschule
geprägt sind - dafür stellen sich unsere Nutzer dann wieder etwas
"dümmer" an, wenn es um das Begreifen von Konzepten oder Methoden
geht, die Geisteswissenschaftlern und Humanisten wohl schon mit der
wissenschaftlichen Muttermilch der Alma mater von Kindesbeinen an
mitbekommen.

Mit besten Grüßen, Ihr
Bernd-Christoph Kämper, UB Stuttgart
(Motto "Astronomers do it at night")

Mentzel-Reuters schrieb:

Aber die Nutzerakzeptanz sollte doch auch ein Thema sein? Und da muß ich Klaus Graf völlig recht geben: auch ich bin als Bibliothekar froh, daß meine Benutzer allmählich wissen, was eine URL ist (auch wenn sie mit dem Kürzel URL nichts anfangen können, sie kennen diese herrlichen unlesbaren Zeilen oben im Browserfenster). Die Nutzer wollen das Dokument, nicht die Metadaten - sie lieben seit je das Buch, nicht die Bibliothek, heute eben die Website, nicht die Metadaten oder die Codierung. Das ist auch nicht belanglos.

Arno Mentzel-Reuters

Bernd-Christoph Kämper schrieb:
Klaus Graf schrieb:
On Mon, 31 Mar 2008 18:57:14 +0200
 Bernd-Christoph
Kämper    <bernd-christoph.kaemper@xxxxxxxxxxxxxxxxxxx> wrote:
Das Firefox-Addon für den URN Support zu laden, ist so
simpel wie die
Installation jedes anderen Firefox Addons

Das ist schon aergerlich, wie der entscheidende Punkt
verfehlt wird. Dauerhafte Internetadressen sind nicht fuer
Bibliothekare und deren belanglose Meta-Diskussionen da,
sondern fuer Nutzer. Ich denke nicht, dass das Installieren
eines Browser-Addons bereits zu den vorauszusetzenden
Faehigkeiten der Zielgruppe gehoert.

Da ich seit vielen jahren Internetkurse fuer Studenten
gebe, darf ich doch anmerken, dass vorangegangene
bibliothekarische Versuche, ihnen Informationskompetenz zu
vermitteln, offenbar nicht sonderlich erfolgreich waren.

Klaus Graf
Mir ist nicht klar, warum jemand, der seit Jahren Internetkurse für Studenten gibt, diese Materie für "zu hoch" hält. Genauso wie man jemand beibringen kann, was eine url ist, kann man ihm auch beibringen, was eine urn ist. Dafür braucht es nicht mal Bibliothekare. Es reicht auch, auf die Wikipedia zu ver- weisen. Überhaupt ist eine URN nichts spezifisch Bibliothekarisches. Und die belanglosen Metadiskussionen hier werden nicht wegen der Benutzer geführt, sondern weil Inetbib eine Liste für Internet in Bibliotheken und Bibliothekare
ist, für die das eben nicht belanglos ist.

Bernd-Christoph Kämper




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