[Date Prev][Date Next][Thread Prev][Thread Next][Date Index][Thread Index]

Re: [InetBib] SuMa-eV Newsletter 9-07: Bankrotterklaerung



Hendrik Bunke <bunke@xxxxxxxx> writes:

Am Geld liegt es erst in zweiter Linie. Ich habe mittlerweile eher den
Eindruck, daß in unserem ganzen öffentlichen Apparat die Kreativität
flöten gegangen ist. Egal, wo man hinblickt, ob an den Unis oder in
der Arbeitsförderung oder in den Ministerien oder an den Schulen oder
oder oder...

Die Kreativität ist - gerade auch bei Studierenden - durchaus da.

Ja, das deckt sich auch mit meinen Erfahrungen.

Nur sind leider die hiesigen institutionellen Rahmenbedingungen
in der Tat ziemlich elendig und eine ständige Bremse (gerade auch
im Hinblick auf universitäre Lehre). Insofern müsste obige These
vielleicht eher heißen "Wahrscheinlich kann man eine Alternative
zu Google gar nicht planvoll im Rahmen starr verfaßter
*deutscher* Strukturen (Universität, Verein) entwickeln".

So war es auch gemeint.

So ein Projekt braucht m.E. zweierlei: Zum einen genügend Zeit, zum
anderen genügend Freiheit, in jeder Hinsicht, also in
organisatorischer Hinsicht ebenso wie im Sinne von "Muße".
Fortschritte kann man nicht erzwingen, die müssen sich ergeben.

Etwas Neues entwickelt man nicht schon dadurch, daß man einen Vorstand
wählt und Ausschüsse oder Forschungsbereiche bildet etc.pp., sondern
indem man sich an die Arbeit macht. Das geht weder in beamteten noch
in kapitalistischen Strukturen gut, sondern am besten in einer freien,
vernetzten Form, mit Teilnehmern, die sich nicht beruflich, sondern
idealistisch beteiligen, soweit sie etwas beizutragen haben. Wenn ihr
Beitrag erfüllt ist, scheiden sie erstmal aus und das Projekt wird von
anderen weitergeführt usw. usf. So einen Grad an Dynamik kann man in
anderen Organisationsformen nicht erreichen. Und das wird rechtlich
durch Lizenzen wie die GPL und deren Abwandlungen sichergestellt,
wonach jeder mit den Vorarbeiten der anderen weiterarbeiten darf.

So ein Projekt gibt es aber nicht im Bereich der Suchmaschinen.

Meine Nachfrage bei Mitarbeitern an Freien Softwareprojekten ergab
über die Jahre eine anhaltende große Zufriedenheit mit
Google. Evtl. wurde argumentiert, man könne ja immer noch eine
Zweitsuchmaschine anwerfen, damit einem nicht doch noch etwas entgehe,
beispielsweise Yahoo.  Soweit, eine eigene Freie Suchmaschine
entwickeln zu wollen, ging bisher aber niemand. Warum? Google sei
hinreichend gut. Und das deckt sich auch mit meiner Erfahrung. Also
lernen wir lieber "Google Hacks" und tauschen uns über Google-Zensur
aus, als eine Alternative aufzubauen.

Ich fühle mich nicht ganz wohl bei dem Gedanken, daß Google ein
Quasi-Monopol auf das Bild hat, das wir uns vom WWW machen. Das muß
mindestens zur teilweisen Blindheit führen. Was bleibt, ist eine Art
"Unbehagen in der Google-Kultur"... Denn Google ist ein Stück
Gegenaufklärung.

Das ist so in etwa das Dilemma, meine ich.

Man muß beim Bewußtsein der User ansetzen und den Gedanken, den ich
oben ausgeführt habe, vertiefen und diskutieren. Es fehlt eine
Ausarbeitung über Google sozusagen als Teil der Kulturindustrie, wenn
ich das als Frankfurter Schüler mal so sagen darf. ;-) Ich glaube, nur
so könnte man langfristig etwas anstoßen, indem man eine hinreichend
große Unzufriedenheit mit den bestehenden Verhältnissen schafft. 

Ich vermute aber, daß erst die nächste Generation der Internet-Nutzer
eine Alternative zu Google erarbeiten kann, denn Google ist sozusagen
"Stand der Technik" und integraler Bestandteil des heutigen WWW. Die
Abkehr davon wäre wohl ein zu großer Sprung für die heutige
Generation. 

Grüße,
Jürgen Fenn.



Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.