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[InetBib] Google und Bibliotheken
- Date: Sat, 10 Mar 2007 21:21:53 +0100
- From: "Prof. Dr. Rudi Schmiede" <schmiede@xxxxxxxxxxxxxxxxxxx>
- Subject: [InetBib] Google und Bibliotheken
Hallo Liste,
als bislang nur lesender Teilnehmer der Liste moechte ich zur Google-Debatte
doch etwas beitragen. Zur Diskussion ueber das Verhaeltnis von Google und
Bibliothekswesen ist es vielleicht von Interesse zu wissen, dass Google vor
etwa 10 Jahren aus einem der Projekte in der US-amerikanischen "Digital Library
Initiative" I, die damals von der NSF - National Science Foundation
(vergleichbar mit der hiesigen DFG - Deutsche Forschungsgemeinschaft)
gefoerdert wurde, entstanden ist. Das Projekt hat unter der Leitung des
Stanford-Informatikers Hector Garcia-Molina die verteilte Suchtechnologie
entwickelt, und zwei der Mitarbeiter haben sich aus dem Projekt heraus
selbststaendig gemacht und eine kleine Firma namens Google gegruendet mit der
Absicht, die Leitparole der DLI I - making the knowledge of the world available
at your fingertips (sinngemaess) - zu realisieren.
Ich denke, weder die Bibliotheken noch ihre oeffentlichen Finanziers haben nun
das im Brustton der Ueberzeugung vorgetragene moralische Recht, sich ueber die
Kommerzialisierung bibliothekarischer Informationen aufzuregen (auch wenn mir
selbst der kommerzielle bias von Google oft genug auf die Nerven geht); die
eigene Nase waere das richtige Ziel fuer die erhobenen Zeigefinger. Wenn man
den Aufwand scheut oder sich das Ziel gar nicht erst zu eigen macht, die
eigenen Informations- und Wissensbestaende auf einen technologisch avancierten
Stand zu bringen und zum interessanten und nachgefragten oeffentlichen Angebot
zu machen, geraet man zwangslaeufig - wie die hiesigen endlosen
Auseinandersetzungen mit den Verlagen erkennen lassen - in eine politisch
schwache Position, den Privaten gegenueber Ansprueche und Rechtspositionen zu
etablieren. Insofern ist es wohl kein Zufall, dass es in den
(wirtschafts-liberalen) USA gelungen ist, zumindest in einigen Bereichen open
access-Verpflic
htungen fuer die Ergebnisse oeffentlich gefoerderter Forschungen zu
realisieren - ein Ziel, ueber das hierzulande bislang ja nur geredet wird.
Ich vermute, dass es selbst heute noch moeglich waere, als content provider
(denn technology provider sind wir in diesem Bereich hier in Europa und
besonders in Deutschland nun leider weiss Gott nicht) mit Google zu inhaltlich
sinnvollen Vereinbarungen zu gelangen - wenn das denn auf genuegend
umfangreicher und hoch angesiedelter Grundlage stattfindet. Aber wenn man nicht
bereit ist, sich ins risikoreiche Getuemmel von Maerkten und Maechten
hineinzubegeben, stellen sich solche Fragen gar nicht erst.
Freundliche Gruesse aus Darmstadt,
Rudi Schmiede
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Prof. Dr. Rudi Schmiede
Inst. f. Soziologie / Dpt. of Sociology
Techn. Univ. Darmstadt / Darmstadt University of Technology
Residenzschloss D-64283 Darmstadt
Tel. +49 6151 16-2809 Fax +49 6151 16-6042
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