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[InetBib] Google und Bibliotheken




Hallo Liste,

als bislang nur lesender Teilnehmer der Liste moechte ich zur Google-Debatte 
doch etwas beitragen. Zur Diskussion ueber das Verhaeltnis von Google und 
Bibliothekswesen ist es vielleicht von Interesse zu wissen, dass Google vor 
etwa 10 Jahren aus einem der Projekte in der US-amerikanischen "Digital Library 
Initiative" I, die damals von der NSF - National Science Foundation 
(vergleichbar mit der hiesigen DFG - Deutsche Forschungsgemeinschaft) 
gefoerdert wurde, entstanden ist. Das Projekt hat unter der Leitung des 
Stanford-Informatikers Hector Garcia-Molina die verteilte Suchtechnologie 
entwickelt, und zwei der Mitarbeiter haben sich aus dem Projekt heraus 
selbststaendig gemacht und eine kleine Firma namens Google gegruendet mit der 
Absicht, die Leitparole der DLI I - making the knowledge of the world available 
at your fingertips (sinngemaess) - zu realisieren.

Ich denke, weder die Bibliotheken noch ihre oeffentlichen Finanziers haben nun 
das im Brustton der Ueberzeugung vorgetragene moralische Recht, sich ueber die 
Kommerzialisierung bibliothekarischer Informationen aufzuregen (auch wenn mir 
selbst der kommerzielle bias von Google oft genug auf die Nerven geht); die 
eigene Nase waere das richtige Ziel fuer die erhobenen Zeigefinger. Wenn man 
den Aufwand scheut oder sich das Ziel gar nicht erst zu eigen macht, die 
eigenen Informations- und Wissensbestaende auf einen technologisch avancierten 
Stand zu bringen und zum interessanten und nachgefragten oeffentlichen Angebot 
zu machen, geraet man zwangslaeufig - wie die hiesigen endlosen 
Auseinandersetzungen mit den Verlagen erkennen lassen - in eine politisch 
schwache Position, den Privaten gegenueber Ansprueche und Rechtspositionen zu 
etablieren. Insofern ist es wohl kein Zufall, dass es in den 
(wirtschafts-liberalen) USA gelungen ist, zumindest in einigen Bereichen open 
access-Verpflic
 htungen fuer die Ergebnisse oeffentlich gefoerderter Forschungen zu 
realisieren - ein Ziel, ueber das hierzulande bislang ja nur geredet wird.

Ich vermute, dass es selbst heute noch moeglich waere, als content provider 
(denn technology provider sind wir in diesem Bereich hier in Europa und 
besonders in Deutschland nun leider weiss Gott nicht) mit Google zu inhaltlich 
sinnvollen Vereinbarungen zu gelangen - wenn das denn auf genuegend 
umfangreicher und hoch angesiedelter Grundlage stattfindet. Aber wenn man nicht 
bereit ist, sich ins risikoreiche Getuemmel von Maerkten und Maechten 
hineinzubegeben, stellen sich solche Fragen gar nicht erst.

Freundliche Gruesse aus Darmstadt,
Rudi Schmiede

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Prof. Dr. Rudi Schmiede         
Inst. f. Soziologie /   Dpt. of Sociology
Techn. Univ.  Darmstadt / Darmstadt University of Technology
Residenzschloss                 D-64283 Darmstadt
Tel. +49 6151 16-2809           Fax  +49 6151 16-6042 
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