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Re: [InetBib] Preis- und Vertragsgestaltung bei STM-Zeitschriften
- Date: Sun, 26 Feb 2006 22:41:02 +0100
- From: "Dr. Christian Sprang" <christian.sprang@xxxxxx>
- Subject: Re: [InetBib] Preis- und Vertragsgestaltung bei STM-Zeitschriften
Lieber Herr Eberhardt,
in Verbindung mit der Umschichtung von Zeitschriftenabonnements zu Lasten
kleinerer Verlage und zu Gunsten großer Anbieter schrieben Sie:
<Zitat> "Aus meiner bibliothekarischen Sicht wäre es geboten, dass die
Verlage auch untereinander ins Gespräch kommen! Das Engagement des Börsenvereins
ist da für mich so erstaunlich, weil ich das Gefühl habe, dass sich
selbst mit einer rechtlichen Regelung im Sinne der Verlage das Problem
der kleinen Verlage nicht lösen wird."
Hinsichtlich der Preis- und Vertragsgestaltung verschiedener Anbieter
wissenschaftlicher Zeitschriften gehen die Ansichten innerhalb des
Verlegerlagers gewiss auseinander. Sicherlich wissen Sie, dass die
EU-Kommission hierzu eine Studie bei einer Forschungsgruppe der Universität
Leiden in Auftrag gegeben hat. Diese Studie liegt dem zuständigen Kommissar
seit einigen Wochen in einer Entwurfsfassung vor. In diesem Entwurf wird die
Behauptung aufgestellt, dass es in bestimmten Bereichen (STM) bzw. seitens
bestimmter Anbieter eine missbräuchliche Preisgestaltung gebe. Den Verfassern
der Studie ist allerdings entgegengehalten worden, aufgrund schwerwiegender
methodologischer Fehler zu falschen Ergebnissen gekommen zu sein. Der Kommissar
sucht jetzt kurzfristig das Gespräch mit den Entwurfsverfassern, um sich ein
Bild zu machen und danach über das Ob und Wie der Veröffentlichung der Studie
zu entscheiden. Wenn alle Beteiligten bei den Auseinandersetzungen um diese
Studie rational diskutieren würden (was ich, offen gestanden, allerdings nicht
erwarte), dann stände uns in den nächsten Wochen ein echter Erkenntnisgewinn
bevor.
Der Börsenverein kann zu dieser Thematik ebenso wenig Stellung beziehen wie er
eine Empfehlung aussprechen könnte, lieber in Buchhandlung A als in
Buchhandlung B zu kaufen. Er kann jedoch darauf hinweisen, dass es selbst bei
Bestehen von Missständen ein Irrweg wäre, diese durch die Schaffung neuer bzw.
die Erweiterung bestehender Urheberrechtsschranken zu beseitigen. Das ist
juristisch nicht geboten, weil es bessere Lösungswege im Kartellrecht gibt, und
würde das Kind mit dem Bade ausschütten. Alle Verlage, egal ob klein oder groß,
sind nämlich auf ein starkes Urheberrecht angewiesen, für das der Börsenverein
eintritt. Unser Ziel ist von einem Kollegenverband kürzlich mit folgenden
Worten umschrieben worden: "It is the competitive and well-functioning market,
and not governments, that must choose which business models and which
publishers are best equipped to stay apace of the ever-increasing demand for
information exchange." Ganz unabhängig von der Frage, ob es derzeit in allen
Bereichen diesen idealen Markt wirklich gibt, ist eindeutig, dass ein solcher
ohne ein starkes Urheberrecht undenkbar ist.
Mit freundlichen Grüßen
Christian Sprang (Börsenverein)
Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.