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Re: [InetBib] ... Posting von Christian Sprang, Justiziar des Börsenvereins
- Date: Mon, 20 Feb 2006 15:32:11 +0100
- From: Joachim Eberhardt <Joachim.Eberhardt@xxxxxxxxxxxxxxxxxxx>
- Subject: Re: [InetBib] ... Posting von Christian Sprang, Justiziar des Börsenvereins
Lieber Herr Sprang, liebe Kollegen,
nun warte ich gespannt auf die nächste Antwort von Herrn Sprang auf die
zahlreichen Beiträge hier. Dabei wünsche ich mir von Herrn Sprang etwas
Konkreteres als eine Behauptung wie die folgende:
<Zitat> Statt mit einem sog. Urheberrechtsbündnis gerade den kleinen und
unabhängigen Wissenschaftsverlagen massiven Schaden zuzufügen, wären Sie
also besser beraten, ein "Aktionsbündnis Kartellrecht in Bildung und
Wissenschaft" zu betreiben.</Zitatende>
Natürlich vermischt sich für Bibliotheken die Frage nach dem
Kopierendürften mit der nach den seit langem stagnierenden wo nicht
sinkenden Erwerbungsetats. Die gehen sicher eher zu Lasten der kleineren
Verlage, solange die großen ihre Zeitschriften im Paket verkaufen. Dann
muss eine Bibliothek, um die Preissteigerung eines großen Anbieters
aufzufangen, eben die sehr viel leichter kündbaren Einzelabonnements der
kleineren Verlage abbestellen. Und sie muss im Etat umschichten, von den
anderen Fächer zugunsten der teureren STM-Fächer. Ja, das schadet den
kleinen Verlagen. Dafür die Bibliotheken und deren Unterhaltsträger, die
nicht genug Geld geben, verantwortlich zu machen, ist ein bisschen zu
billig, aber hier gilt wohl, dass eine Krähe der anderen kein Auge
aushackt. Und vielleicht irre ich mich, aber kommt nicht die
Subito-Klage vor allem von den großen Verlagen (und vom Börsenverein)?
Aus meiner bibliothekarischen Sicht wäre es geboten, dass die Verlage
auch untereinander ins Gespräch kommen! Das Engagement des Börsenvereins
ist da für mich so erstaunlich, weil ich das Gefühl habe, dass sich
selbst mit einer rechtlichen Regelung im Sinne der Verlage das Problem
der kleinen Verlage nicht lösen wird.
Auch Bibliotheken wünschen sich vom Unterhaltsträger einfach so viel
Geld, dass sie kaufen und lizenzieren können, was ihre Nutzer wollen und
brauchen. Wenn das nicht geht, dann suchen sie nach anderen Wegen. Dabei
vertreten sie keine 'eigenen' Interessen, denn Bibliotheken haben keine,
sondern die ihrer Nutzer gemäß ihres Auftrags. Was das Kopieren usw.
angeht, so helfen Bibliotheken ihren Nutzern bei der Wahrnehmung ihres
Rechts. Dass das Recht bislang so geschaffen wurde, hat seinen guten Grund.
Herr Sprang führt wieder einmal den Peer-review-Prozess als
Kostentreiber für Zeitschriften an. Der ist es aber wohl nicht allein;
denn über die Unzuverlässigkeit des Prozesses war ja in jüngerer Zeit
einiges zu lesen (man denke nur an die Klon-Debatte). Es hat doch auch
damit zu tun, dass die Verlage sich Zeitschriften-Marken erarbeitet
haben, die nun eine gewisse Marktmacht besitzen. Der nüchterne Blick
darauf wirft die simple Frage auf, ob sich manche Verlage nicht kräftig
ihren Markennamen bezahlen lassen -- statt etwa der Leistung, die sie
für Aufbereitung, Marketing und Vertrieb der Inhalte erbringen. Das kann
man wohl nicht verdammen, aber gut finden muss man es nicht. Und da die
Verlage, die auf solchen Gelddruckmaschinen sitzen, davon nicht lassen
wollen, wird dem System entweder die Puste ausgehen, weil kein Geld mehr
da ist, oder es wird umgedacht, bevor das der Fall ist. Das Umdenken
wäre gern etwas, wo man mehr von den Verlagen (oder vom Börsenverein)
hören würde.
Natürlich ist es für einen Wissenschaftler attraktiver, in einer
Zeitschrift zu veröffentlichen, die eine solche Marke ist. Wie andere in
dieser Liste bin ich überzeugt davon, dass das in erster Linie mit der
erhofften Wahrnehmung zu tun hat. Die Rede von der "Rentabilität" eines
Werks ist besonders deutlich aus der Verlagsperspektive gedacht. Denn
die meisten Urheber wissenschaftlicher Werke wollen damit nichts
verdienen. Das Sympathische, für mich, an Open Access-Zeitschriften, die
auf dem Autor-zahlt-Modell beruhen, ist, dass man vermuten darf, dass
hier keine Gewinne erwirtschaftet werden sollen. Die Einnahmen müssen
bloß reichen, um den Betrieb aufrecht zu erhalten. Viele kleinere
Verlage haben bei mir einen ähnlichen Sympathie-Bonus, weil ich den
Eindruck habe, dass es dort nicht darum geht, 25% Rendite zu
erwirtschaften.
Mit freundlichem Gruß,
J. Eberhardt (UB Erlangen)
Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.