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Re: [InetBib] Grundsätzliche Frage
- Date: Fri, 13 May 2022 15:58:01 +0200
- From: Sabine Muster via InetBib <inetbib@xxxxxxxxxx>
- Subject: Re: [InetBib] Grundsätzliche Frage
Lieber Herr Knoch,
darauf möchte ich antworten, und zwar stellvertretend für mindestens zwei
Fälle, von denen ich aus direkter Anschauung weiß, die aber anders gelagert
sind als ihre Grundsatzfrage, zu der sie dennoch gehört. Um betroffene
Kollegen/Kolleginnen zu schützen, wähle auch ich ein Pseudonym. Vorweg möchte
ich betonen, dass damit nicht behauptet werden soll, es bestünde ein
flächendeckendes Problem im Bibliothekswesen und auch nicht, dass es auf
Inetbib bestünde.
Wenn wir über Binnenklima reden, dann auch INNERHALB einer Bibliothek: Ja,
obwohl wir von einer Berufsgruppe reden, die mit einem Berufsethos unterwegs
sein sollte und die für Einrichtungen stehen, die es genau deswegen gibt,
nämlich um Meinungsfreiheit, Vielfalt, gegenseitigen Respekt gesellschaftlich
erst ermöglichen zu können, ist dieselbe IN einer Bibliothek nicht automatisch
sichergestellt: Kolleginnen/Kollegen wurden (und werden) durch Führungskräfte
systematisch ausgegrenzt, weil und wenn sie sich berufsfachlich korrekt und
exakt im Sinn der oben genannten Werte gegenüber Führungskräfte äußern (die
eine gegenteilige Auffassung durchsetzen möchten) und erlitten auf Grund dessen
tatsächlich im Arbeitsalltag spürbare Nachteile, und das dergestalt, dass ein
Unterschied zum Bossing nicht mehr feststellbar ist. Bossing (Mobbing durch
Vorgesetzte) verträgt sich nicht mit unserem Auftrag, verträgt sich nicht mit
bibliothekarischen Werten, verträgt sich nicht mit unserem Berufskodex
(Berufsethische Grundsätze). Dass Bossing auch in Bibliotheken wie anderswo
natürlich verboten und disziplinarrechtlich sanktioniert wird, ändert nichts
daran, dass gebosst wird, weil – wie in diesen Fällen - die jeweiligen
Führungskräfte am längeren Hebel sind, um ihr Verhalten zu kaschieren, weil sie
in der Lage sind, das gegenüber den übergeordneten Leitungsebenen anders
darstellen zu können, weil sie ein Klima der Angst kultivieren konnten, in der
die Betroffenen nicht mal vom Kollegium unterstützt werden, weil, wer sich
keinen dauerhaften Ärger einhandeln möchte, hält sich zurück und komplett raus.
Kurz: Auch IN einer für Respekt, Toleranz und Meinungsvielfalt stehenden
Bibliothek wurde auch respektlos und diskriminierend mit ihrem Personal, das
genau für diese Werte handelte, umgegangen – gezielt und mit Leid verbunden.
Zur Sicherheit sage ich es nochmal: Diese meine Behauptung bezieht sich auf
eine Bibliothek, nicht auf DIE Bibliotheken.
Mit freundlichen Grüßen
Sabine Muster
Von: InetBib <inetbib-bounces@xxxxxxxxxx> im Auftrag von Stefan Knoch via
InetBib <inetbib@xxxxxxxxxx>
Gesendet: Freitag, 13. Mai 2022 10:50
An: inetbib@xxxxxxxxxx
Betreff: [InetBib] Grundsätzliche Frage
Liebe Kolleginnen,
liebe Kollegen,
nachdem nun eine Woche ins Land gegangen ist und hier noch niemand eine Frage
gestellt hat, die sich zumindest mir regelrecht aufdrängt, greife ich nun
selbst zur Tastatur.
Am Donnerstag der vergangenen Woche hat eine Kollegin (oder ein Kollege?), die
sich Junia des Esseintes nennt, hier zu Protokoll gegeben, daß sie berufliche
Nachteile befürchtet, wenn sie unter Klarnamen ihre Meinung auf Inetbib
vertritt. Mir geht es jetzt nicht um das Thema, das die Kollegin in ihrer
E-Mail behandelt, mir geht es vielmehr um etwas ganz Grundsätzliches - und dies
umso mehr, als mir diese Kollegin kein Einzelfall zu sein scheint: Als ich mich
nämlich im vergangenen Jahr zum selben Thema kritisch geäußert habe, erhielt
ich mehrere zustimmende Rückmeldungen direkt an meine E-Mail-Adresse, deren
Verfasser sich nicht trauten, diese ihre Zustimmung über den Inetbib-Verteiler
kund zu tun.
Da stellt sich mir (und hoffentlich auch anderen) eine ganz grundlegende Frage:
Wie paßt es zusammen, daß eine Berufsgruppe, die einerseits besonders
nachdrücklich für Toleranz, Vielfalt und gegenseitigen Respekt eintritt,
andererseits ein Binnenklima kultiviert, in dem offenbar manche Leute Angst
haben, in großer Runde und zu allen Themen frei ihre Meinung zu äußern?
Viele Grüße
Stefan Knoch
Dr. Stefan Knoch
Stellvertreter der Bibliotheksdirektorin
Staatsbibliothek Bamberg
Neue Residenz, Domplatz 8, 96049 Bamberg
Telefon: 0951 / 95503-114
Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.