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Re: [InetBib] Verleih elektronischer Bücher



Lieber Herr Ulmer,

aber sicher gibt es die Bibliothekstantieme! Sie wird alljährlich von den 
Trägern der Bibliotheken an die VG Wort gezahlt, und die schüttet sie teils an 
die Verlage, teils an die Urheber aus. Bis zum BGH-Urteil "Verteilungsplan" von 
2016 waren das je 50%, seither ist der Verlagsanteil gesunken. Hier von 
"entschädigungsloser Enteignung" zu sprechen, ist schon ein starkes Stück!

Übrigens: Wenn endlich ein digitales Verleihrecht eingeführt würde, müsste 
natürlich auch dafür eine Bibliothekstantieme gezahlt werden - zum Nutzen der 
Urheber und auch Verlage! 

Viele Grüße,
Andreas Odenkirchen

-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: InetBib [mailto:inetbib-bounces@xxxxxxxxxx] Im Auftrag von Ulmer, Matthias 
via InetBib
Gesendet: Dienstag, 22. Dezember 2020 12:02
An: inetbib@xxxxxxxxxx
Betreff: Re: [InetBib] Verleih elektronischer Bücher

Liebe Alle,

wenn ich nicht ganz falsch liege, dann ist eine gesetzliche Lizenz auch eine 
Lizenz, weshalb meine Aussasge weiterhin richtig bleibt. Aber danke für die 
juristischen Erläuterungen, das schöne Thema hatte ich schon fast vergessen.
Neu wäre mir allerdings, dass wir eine Bibliothekstantieme bekommen. Die 
Enteignung erfolgt in Deutschland weiterhin entschädigungslos.

Interessanter finde ich das Thema von Herrn Hartwig:

D.h., ein e-book ist nur ein e-book in Einheit mit dem Endgerät, das die 
Lesbarkeit des "e-books" für Menschen ermöglicht?

Gleichbehandlung würde bedeuten: ein Buch ist nur ein Buch in Einheit mit dem 
Endgerät, das die Lesbarkeit des Buches für Menschen ermöglicht.

Und: ja, das scheint so zu sein. Wenn wir die doppelte Bedeutung Buch hier in 
Roman (Inhalt) und Buch (Format) trennen, dann klngt das für mcih ganz 
plausibel:
Ein Roman ist nur ein Buch in Einheit mit dem Endgerät (gedrucktes und 
gebundenes Papier), das die Lesbarkeit des Romans für Menschen ermöglicht.

Herzliche Grüße
Matthias Ulmer


Lieber Herr Ulmer, lieber Herr Weichselgartner,

Sie sprechen den wunden Punkt an, dass eine digitale Nutzung zwangsläufig mit 
Vervielfältigungen einhergeht. Das bedeutet aber nicht, dass zwangsläufig die 
Erlaubnis des Rechtsinhabers eingeholt werden muss. Vielmehr sind gesetzlich 
erlaubte Nutzungen zu bedenken (darauf weist auch Herr Müller in seiner Antwort 
hin): Z.B. § 44a UrhG bei technisch notwendigen vorübergehenden 
Vervielfältigungen. Und auch im analogen Bereich stimmt Ihre Aussage - 
zumindest in dieser Pauschalität - nicht. So erlaubt etwa § 60e Abs. 2 S. 2 
UrhG den Verleih von Vervielfältigungen von Zeitungen und vergriffenen Werken 
aus dem Bestand einer Bibliothek. Nicht in allen Fällen ist also eine 
Einwilligung des Rechtsinhabers erforderlich, um Bibliotheksbestand 
vervielfältigen und diese Vervielfältigungsstücke auch verleihen zu dürfen.

 Im Grund geht es in der Diskussion hier um zwei Themen:

1. Dürfen E-Books weiterverkauft werden? Siehe dazu die Antwort von
  Herrn Hartmann.
2. Dürfen Bibliotheken E-Books verleihen? Aktuell ist dies nur im
  Rahmen der rechtlichen Bedingungen einer von der Bibliothek
  erworbenen Lizenz möglich. Damit ist aber insbesondere die Leihe an
  externe Nutzer oder gar die Fernleihe an Nutzer in anderen
  Bibliotheken in aller Regel nicht erlaubt. Siehe dazu die
  Ausführungen von Herrn Hinte zum Erschöpfungsgrundsatz. Auch
  insofern gibt es aber einen kleinen Lichtblick. Mit seinem Urteil
  vom 10.11.2016, C-174/15 Vereniging Openbare Bibliotheken hat der
  EuGH einen Weg aufgezeigt, wie die Leihe einer digitalen Kopie eines
  Buches europarechtskonform ausgestaltet werden kann. Im Grunde
  fordert das Gericht, dass die Leihe eines physischen Werkes
  nachgebildet wird (Leihfrist innerhalb derer nur ein Nutzer
  gleichzeitig auf die digitale Kopie zugreifen darf). Der deutsche
  Gesetzgeber hat leider den Freiraum, den die Entscheidung eröffnet,
  bislang nicht genutzt. Nicht nur die bibliothekarischen
  Interessenverbände drängen daher seit Jahren bei jeder der
  zahlreichen Urheberrechtsreformen auf eine Regelung der E-Leihe.
  Herr Hinte hat sich dafür immer wieder eingesetzt.

Mit besten Grüßen

Peter Brettschneider

Am 22.12.2020 um 10:54 schrieb Harald Müller via InetBib 
<inetbib@xxxxxxxxxx<mailto:inetbib@xxxxxxxxxx>>:


Lieber Herr Weichselgartner,

da Herr Ulmer die Rechtslage nicht korrekt darstellt, erlaube ich mir eine 
klitzekleine Richtigstellung.

Gemäß § 60e Abs. 1 UrhG darf eine Bibliothek ein über Lizenzvertrag nutzbares 
E-Buch kopieren ("Öffentlich zugängliche Bibliotheken, die keine unmittelbaren 
oder mittelbaren kommerziellen Zwecke verfolgen (Bibliotheken), dürfen ein Werk 
aus ihrem Bestand oder ihrer Ausstellung für Zwecke der Zugänglichmachung, 
Indexierung, Katalogisierung, Erhaltung und Restaurierung vervielfältigen oder 
vervielfältigen lassen, auch mehrfach und mit technisch bedingten Änderungen.") 
Das hat der Gesetzgeber ausdrücklich bestätigt!

Wenn eine Bibliothek diese digitale Kopie auf einen E-Reader schiebt und den 
E-Reader gemäß der jeweiligen Benutzungsordnung ausleiht, steht die Bibliothek 
voll im Einklang mit dem geltenden Recht.

Wenn Herr Ulmer dazu eine andere Meinung vertritt, kann er gerne wieder einen 
Musterprozeß starten! Den letzten Prozeß (Fall Darmstadt) hat er ja verloren.

Beste Grüße zu Weihnachten!

Harald Müller


Am 22.12.2020 um 09:33 schrieb Ulmer, Matthias via InetBib:
Lieber Herr HInte,

wenn SIe ein gedrucktes Buch ohne Weitergabe des Endgeräts von mehreren nutzen 
lassen wollen benötigen SIe auch eine Lizenz, da das eine Vervielfältigung 
wäre. Insoweit ist die Forderung der Gleichstellung schon erfüllt.

Herzliche Grüße
Matthias Ulmer

Am 22.12.2020 um 03:14 schrieb Oliver Hinte via InetBib
<inetbib@xxxxxxxxxx<mailto:inetbib@xxxxxxxxxx>>:

Sehr geehrter Herr Weichselgartner,

bei E-Books findet der sogenannte Erschöpfungsgrundsatz keine Anwendung (§§17, 
27 UrhG). D. h. Sie müßten beim Rechteinhaber eine Lizenz erwerben, die es 
Ihnen gestattet, das Buch (ohne Weitergabe des Endgeräts) von mehreren nutzen 
zu lassen.
Eine Gleichstellung von analogen und digitalen Werken in dieser Hinsicht ist 
übrigens seit längerem eines der Anliegen des 
www.urheberrechtsbuendnis.de<http://www.urheberrechtsbuendnis.de>

Mit freundlichen Grüßen
Oliver Hinte

von unterwegs gesendet
Tippfehler bitte ich zu entschuldigen

Am 21.12.2020 um 12:01 schrieb Erich Weichselgartner via InetBib
<inetbib@xxxxxxxxxx>:

Ich habe ein anderweitig nicht lieferbares Buch elektronisch für eine 
Arbeitsgruppe gekauft (konkret: Amazon Kindle-Version). Ein physisches Exemplar 
könnte ich jederzeit an die Kollegen weiterreichen. In den USA könnte ich ein 
Kindle-Buch analog zum gedruckten Buch verleihen ("share eligible Kindle books 
for up to 14 days ..."). In Deutschland geht das aber nicht ("Leider ist die 
Funktion aufgrund der Rechtslage nicht in Deutschland verfügbar."). Hm, als 
Laie muss ich da passen.
Wie ist die Rechtslage? Gäbe es diese Ausleihfunktion evtl. bei anderen 
E-Book-Anbietern, oder ist das generell unterbunden?

Danke für Hinweise und schöne Adventstage, Erich Weichselgartner


--
Dr. Harald Müller
Aktionsbündnis "Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft"


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