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Re: [InetBib] Microsoft hat seinen E-Book-Store geschlossen



Liebe InetbiblerInnen!

Die Darstellung von Armin Talke zum neuen Urheberrecht kann ich nur
wärmstens zur Lektüre empfehlen!

Darin findet sich (S. 6) auch der Hinweis, dass zusätzlich zu den neuen
Vorschriften der §§ 60a ff. BGB die bisher schon im Urheberrechtsgesetz
enthaltenen Regelungen zum Kopieren weiterhin gelten. Dies betrifft z.B.
die gesetzlich erlaubte Anfertigung von „Archivkopien“ in § 53 Abs. 2
Satz 1 Nr. 2 UrhG. Besonders interessant sind in diesem Zusammenhang die
Begriffe „Nutzung“ und „Archiv im öffentlichen Interesse“ in Satz 2.
Schon bisher bestand keinerlei Zweifel, dass Archivkopien auch genutzt
werden dürfen.

Und im Zusammenhang mit der Nutzung von urheberrechtlich geschützten
Werken darf ich in aller Bescheidenheit auf die ständige Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofs (Gruß nach Karlsruhe!) verweisen:

/"Die Benutzung eines Werkes als solche ist kein urheberrechtlich
relevanter Vorgang. Dies gilt für das Benutzen eines Computerprogramms
ebenso wie für das Lesen eines Buches, das Anhören einer Schallplatte,
das Betrachten eines Kunstwerkes oder eines Videofilms." /Urteil des BGH
vom 4. 10. 1990. ( BGHZ 112, 264-278), bestätigt in: BGH GRUR 1994, 363
(364 f.), BGH GRUR 1997, 215 (217).

Die Präsenznutzung von urheberrechtlich geschützten Werken in
Bibliotheken, auch genannt „Werkgenuss“, ist nicht gesetzlich geregelt,
sondern frei. Dies betrifft auch und gerade die Kopien zur
Bestandserhaltung (§ 60e Abs. 1 UrhG) bzw. die Archivkopien gemäß § 53
Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UrhG. Da die vom BGH genannten Beispiele auch
Software erwähnt, erstreckt sich der freie Werkgenuss auf alle
Werkarten, analog und digital! Das ist auch der Grund, warum es in § 60e
UrhG keiner Erwähnung der Präsenznutzung in Bibliotheken bedarf.


Einen entspannten Sommer wünscht

Harald Müller

//Am 07.08.2019 um 10:15 schrieb Talke, Armin via InetBib:

Lieber Harald, lieber Herr Odenkirchen und liebe Mitlesende,

ich denke auch, dass Bibliotheken in bestimmten rechtlichen Grauzonen die Rückendeckung 
ihrer Körperschaften für Rechtsstreitigkeiten haben sollten.
Im hier besprochenen Bereich ist die Rechtslage aber zu eindeutig. Herr 
Odenkirchen hat Recht.


Näheres dazu kann man auch in dieser Publikation nachlesen: 
https://doi.org/10.17176/20190214-191742-0

1.       § 60e Abs.1 erlaubt prinzipiell noch keine Nutzung, sondern nur die 
Speicherung/Archivierung (S.7)

2.       § 60e Abs.2 regelt u.a., in welchen Fällen man diese Kopien (analog) 
"verleihen" darf. Das sind nur bestimmte, kleine Ausnahmen. (S.10)

3.       § 60e Abs.4 (Terminal-Schranke): Darf nach der Infosoc-Richtlinie, Art.5 Abs.3 (n), nicht genutzt werden, wenn "keine Regelungen 
über Verkauf und Lizenzen gelten" (wie ja bereits Herr Odenkirchen schreibt) . Das haben die Deutschen Gesetzgebungsorgane für die 
Umsetzung in Deutschland so ausgelegt, dass "Vereinbarungen, die ausschließlich die Zugänglichmachung an Terminals nach § 60e 
Absatz 4" ..." zum Gegenstand haben", die Terminal-Nutzung verhindern können. Wenn wir davon ausgehen, dass das 
richtlinienkonform ist (bin nicht 100 % sicher), sind allgemeine Lizenzverträge, die unter anderem die Terminal-Nutzung verbieten, insoweit 
unwirksam. ( S.15 und 29 ff.)

§ 60e UrhG: https://www.gesetze-im-internet.de/urhg/__60e.html


viele Grüße

Armin Talke

  ________________________________________
Armin Talke, LL.M.
Fachreferent für Politikwissenschaft / Referent für Rechtsfragen der Benutzung
Wissenschaftlicher Dienst
Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz

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Dr. Harald Müller
Aktionsbündnis "Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft"


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