-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: Matthias Ulmer [mailto:mulmer@xxxxxxxx]
Gesendet: Montag, 20. Februar 2017 15:44
An: Göttker, Susanne
Betreff: Re: [InetBib] Petition für den Referentenentwurf zur Änderung des
Urheberrechts
Sehr geehrte Frau Göttker,
ich kann versuchen, die von Ihnen genannten Punkte knapp zu erläutern:
Zunächst: der Appell richtet sich nicht nur gegen den Referentenentwurf
sondern auch gegen die OA-Strategie der Ministerin Wanka oder die DEAL-
Verhandlungen.
Die Entscheidung wo und wie man publizieren möchte wird nicht durch den
Referentenentwurf sondern das OA-Papier vom BMBF Frau Wanka angegriffen.
Frau Wanka formulierte das so:
"Es gibt ja keinen Zwang zur Publikation. Wer sich gegen die Veröffentlichung
entscheidet, kann das, auch wenn seine Forschungen gefördert wurden.
Niemand wird gezwungen, Dinge preiszugeben. Die Regelung greift nur, wenn
man sich zur Publikation entschließt.“ Das heißt: man muss nicht OA
publizieren,
man kann ja auf das Publizieren auch verzichten und schweigen.
Wenn ein Werk OA publiziert wird, gibt es in der Regel keine Chance mehr, das
Werk auch noch gedruckt zu veröffentlichen. Der Zwang zu OA nimmt dem
Autor die Chance auf eine Veröffentlichung in gedruckter Form.
Zum staatlichen Publikationswesen: solange es keine Bereichsausnahme für
Lehrbücher gibt, werden Lehrbücher gleich behandelt wie wissenschaftliche
Artikel oder Monografien. Ihre Entstehung ist aber gänzlich unterschiedlich.
Wenn die Verwendung von Lehrbüchern in dem Maß wie geplant umgesetzt
wird, dann sinken die Absatzzahlen (die in den vergangennen Jahren trotz
gestiegener Studentenzahlen etwa 30% gesunken sind) weiter und es wird
immer unwahrscheinlicher, dass es noch zu neuen Büchern kommt. Wenn man
zukünftig keine Lehre ohne Lernmedien machen will, dann bleibt nur die
Variante, dass die Medien staatlich erstellt werden.
Die Vergütungen für Semesterapparat und digitalen Leseplatz stellen keine Basis
dar, auf der ein Verlag in ein Buch investieren könnte.
Die Abhängigkeit von einigen wenigen global agierenden Medienanbietern
entsteht durch die DEAL-Verhandlungen. Hier wird ausdrücklich nur mit einer
Handvoll Verlagen das Gespräch gesucht. Es ist nicht beabsichtigt, auch mit den
übrigen über 500 Wissenschaftsverlagen zu verhandeln. Damit gibt es eine
garantierte Präsenz in allen Bibliotheken für diese Großverlage. Daneben wird
aber kaum mehr ein Budget für weitere Publikationen frei sein. Ein Autor wird
damit gezwungen zu einem Großverlag zu wechseln, wenn er präsent sein will.
Die DEAL-Verhandlungen führen damit zu einer Konzentration des
Verlagswesens und einer weiteren Stärkung dieser wenigen Verlage und damit
auch zu einer noch größeren Abhängigkeit der Bibliotheken von diesen.
Gleichzeitig wird durch die DEAL-Verhandlungen der Fachbuchhandel und die
Bibliotheksdienstleister ausgeschlossen. Die von diesen für die Bibliotheken
erbrachten Leistungen fallen weg. Der Grundgedanke des 'Library Choice‘ wird
durch DEAL zerstört.
Gerne kann ich das auch noch genauer erläutern, wenn Sie Rückfragen haben
Mit freundlcihen Grüßen Matthias Ulmer
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Verlag Eugen Ulmer
Matthias Ulmer
Postfach 700561 - 70574 Stuttgart
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Geschäftsführer: Matthias Ulmer
Am 20.02.2017 um 14:54 schrieb Göttker, Susanne via InetBib
<inetbib@xxxxxxxxxx>:
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Herr Umstätter hat vollkommen recht, es fällt schwer an einer Diskussion
teilzunehmen, für die ein wahrlich gerüttelt Maß an juristischer Expertise
erforderlich ist.
Mir als Nicht-Juristin fällt es durchaus schwer, die Schwellenangst zu
überwinden, mich auf Inetbib inhaltlich zum Referentenentwurf zu äußern, weil
ich mich nur ungern in einem so weitreichenden Forum als ahnungslos oute.
Außerdem bleiben trotz intensiver Lektüre doch immer Fragen, die kundigeren
Abonnenten dieser Mailingliste sofort mein blankes Unverständnis des
Sachverhalts offenbaren würden.
So fehlt mir einfach der Zusammenhang zwischen dem Referentenentwurf und
der Bedrohung für Autoren, nach erfolgter Reform nicht mehr - ich zitiere im
Folgenden aus https://www.publikationsfreiheit.de/ - "frei entscheiden [zu]
können, wo und wie sie ihre Inhalte publizieren" und warum sie dann nicht mehr
"auf eine große Vielfalt unabhängiger Verlagsangebote zurückgreifen können".
Ebenso wenig ist mir ersichtlich, wo konkret das reformierte Urheberrecht -
so
es denn kommt - "zu einem staatlichen Publikationswesen führen" würde. Wenn
damit, auch wenn es etwas weit hergeholt wäre, Open Access gemeint sein
sollte, dann würde mir doch die Verknüpfung des Themas mit dem
Referentenentwurf nicht einleuchten. Möchte man als Open Access-Autor
veröffentlichen, hat man doch anhand von cc-Lizenzen eine gewisse Auswahl, in
welchem Umfang man sein Werk geschützt sehen möchte.
Auf der oben genannten Seite wird gegen den Referentenentwurf
argumentiert, weil dieser den "Weg in die Abhängigkeit von einigen wenigen
global agierenden Medienanbietern" bereite. Wären denn die von "wenigen
global agierenden Medienanbietern" publizierten Schriften nicht vom
Urheberrecht betroffen? Dafür reicht mein nicht juristisch geschultes
Textverständnis einfach nicht aus, um solcherlei Finten zu entdecken. Der
Teufel
sitzt ja oft im Detail, sagt man.
Eben. Und um mich nicht vor der gesamten Gemeinde der Lächerlichkeit
preiszugeben, weil ich all die Zusammenhänge nicht verstehe, äußere ich mich
hier besser nicht zum Referentenentwurf.
Viele Grüße Susanne Göttker
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Susanne Goettker
Universitaets- und Landesbibliothek Duesseldorf Dezernat 6 /
Medienbearbeitung
Universitaetsstrasse 1, Geb. 24.41
D-40225 Duesseldorf
Tel : 0211/81-12902
Fax : 0211/81-13977
Email: susanne.goettker@xxxxxxxxxx
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-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: InetBib [mailto:inetbib-bounces@xxxxxxxxxx] Im Auftrag von
h0228kdm via InetBib
Gesendet: Sonntag, 19. Februar 2017 23:27
An: inetbib@xxxxxxxxxx
Betreff: Re: [InetBib] Petition für den Referentenentwurf zur
Änderung des Urheberrechts
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
der Kollege Kuhlen, wunderte sich berechtigt, warum hier in Inetbib
nicht mehr, über seine Anregungen diskutiert wird, und auch der Kollege
Steinhauer fragt:
“Selbst schreiben sie aber nichts. Warum?” Die Gründe sind aber seit
langem bekannt und wiederholt diskutiert worden, z. B.
2010 (http://inetbib.de/listenarchiv/msg43555.html). Der Hinweis
“Don't feed the troll” hat bei vielen dazu geführt, dass sich in
Inetbib niemand gern “als Idiot” beschimpfen lassen will. Daran konnte auch
der Admin wenig ändern.
Trolle sind im gesamten Internet modern geworden, bis hin zu den
Troll- Fabriken, und niemand konnte sie bisher stoppen oder totscchweigen.
Was den Beitrag von U. Jochum betrifft – über den kann man nicht
wirklich fachlich diskutieren, denn die Aussage, “die zukünftige
Einfalt staatsbürokratischer Zwangsveröffentlichungen” ist
indiskutabel, weil sie wirklich zu einfältig ist. Es gibt keine
“Zwangsveröffentlichungen”, weil Wissenschaftler nicht gezwungen
werden können, ihr Wissen zu publizieren, dass sie es trotzdem seit
Jahrhunderten tun, liegt am alten publish or perish. Und ebenso wenig
wie es nur eine gedruckte Zeitschrift gibt, gibt es auch nicht nur eine Open
Access-Zeitschrift.
Es ist also unlogisch so zu tun, als wäre man bislang frei gewesen zu
publizieren, wo und wann man will, und nun nur noch eine Möglichkeit –
Open Access – hat.
Ich weiß nicht, was U. Jochum dagegen hat, dass man »Wissen und
Information ohne Behinderung nutzen« kann. Das ist die Voraussetzung
einer jeden Wissenschaft seit Jahrhunderten, und darum gab und gibt
es Bibliotheken, und bei den seit Jahrzehnten überproportional
steigenden Zeitschriftenpreisen (siehe Jochum »Zeitschriftenkrise«) wurden
Open Access zwangsläufig.
“Das »Aktionsbündnis« findet einen erheblichen Teil seiner
persönlichen Unterschriftenleister unter Studenten und
Bibliothekaren, also jenen, die Wissenschaft nicht von der Seite der
Schöpfung her betrachten, sondern von der Seite der Abschöpfung.”
schreibt Jochum. Es dürfte aber in der Wissenschaft kaum jemanden
geben, der so stark von der “Abschöpfung” lebt, wie die Wissenschaftler, die
auf der “Seite der Schöpfung” stehen, das weiß auch U.
Jochum. Hier werden also lobbyistische scheingefechte ohne
inhaltliche Substanz geführt.
Es gibt aber im Zusammenhang mit dem Referentenentwurf noch einen
Aspekt, den ich hier noch erwähnen möchte. Man sollte ihn durch eine
Diskussion nicht in Teilen zerreden. Wenn es also keine wesentlichen
Einwände gibt, ist eine schweigende Zustimmung von Vorteil. Ob man
dann die Petition durch eine Unterschrift unterstützt ist wieder eine andere
Frage.
MfG
Walther Umstätter
Am 2017-02-19 18:07, schrieb Oliver Hinte via InetBib:
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
bisher haben wir knapp 100 Unterschriften gesammelt.
Allerdings hat Uwe Jochum jetzt noch eins drauf gesetzt.
https://uwejochum.github.io/5artikel/2017/02/19/trump-buerokratische
r-
komplex/
Ich hoffe, dieser Beitrag motiviert Sie, sich mit der Thematik
weiter aus einander zu setzen und unsere Petition vielleicht zu
unterstützen.
Mit freundlichen Grüßen
Oliver Hinte
Am 18.02.2017 um 22:33 schrieb Oliver Hinte <ohinte@xxxxxxxxxxxx>:
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Eric Steinhauer und Rainer Kuhlen haben Recht:
Auf der inetbib finden zu wenig Diskussionen und zu viele
Stellenanzeigen statt.
http://kapselschriften.blogspot.de/2017/02/zwei-jahre-ohne-inetbib.
ht
ml?spref=tw
Aber ich lasse mich (noch) nicht entmutigen und bitte Sie die
nachfolgende Petition zu unterzeichnen:
https://www.change.org/p/bundesregierung-unterst%C3%BCtzung-des-ref
er entenentwurfs-zur-reform-des-urhberrechts
Das Ziel ist, eine Unterschrift mehr als
www.publikationsfreiheit.de zu erreichen. Und die haben schon über 3.000
Unterschriften!
Denken Sie daran, dass bis zum 24. Februar noch eine Stellungnahme
zum Referentenentwurf abgegeben werden kann!
Die ersten sind schon unter
http://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/DE/UrhWissG.html
veröffentlicht! Und hier ist copy & paste sogar ausdrücklich
gestattet!
Überzeugen Sie Ihre Institutionen und sich selbst! So eine Chance
wie mit diesem Referentenentwurf erhalten wir so schnell nicht mehr!
Und wenn es nur ein paar von Ihnen überzeugt, war es diese Mail
schon wert!
Herzliche Grüße & please tell your colleagues!
Ihr
Oliver Hinte