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[InetBib] CfP: LIBREAS. Library Ideas #29 "Bibliographien"



Werte Kolleginnen und Kollegen,

gerne weise ich Sie auf den Call for Papers für die Ausgabe #29 der LIBREAS. 
Library Ideas zum Themenschwerpunkt "Bibliographien" hin. Wir sind sehr an 
Texten und anderen Arbeiten rund um das Bibliographieren interessiert: 
Darstellungen zum aktuellen Stand, zum Status und zur Entwicklung von 
Bibliographien, zur Praxis des Bibliographierens selber, zu geschichtlichen 
oder grundsätzlichen Fragestellungen. Den CfP finden Sie hier: 
https://libreas.wordpress.com/2015/11/10/libreas-29-bibliographien-call-for-papers/
 sowie in dieser Mail.
Gerne diskutieren wir im Vorfeld mit Ihnen über Beitragsideen und sind wie 
immer offen für weitere Themen. Die Deadline für die Ausgabe #29 ist der 
31.03.2016.

m.f.G.
Für die Redaktion LIBREAS. Library Ideas, Karsten Schuldt



LIBREAS #29 – „BIBLIOGRAPHIEN“. CALL FOR PAPERS

AUSGANGSSITUATION
Es scheint, als würdigte man die Praxis des Bibliographierens heute lange nicht 
mehr so wie noch vor einigen Jahrzehnten. Lange galten Bibliographien als eine 
wesentliche Informationsinfrastruktur der einzelnen Wissenschaftsfelder. 
Entsprechend groß war der Aufwand und Personaleinsatz für ihre Erstellung. An 
der Erstellung von Bibliografien waren sehr viele Akteure beteiligt – Akademien 
etwa für Fachbibliographien, Bibliotheken für National- und 
Regionalbibliographien oder auch kommerzielle Anbieter wie Verlage oder 
Antiquariate. Heute scheinen Bibliografien, wo sie überhaupt noch von 
Institutionen gepflegt werden, eine nachgeordnete Nebenaufgabe zu sein. Aus dem 
Fachdiskurs wurden sie längst durch andere Themen verdrängt. Die DNB 
verzeichnet unter dem Schlagwort „Bibliografie“ die drei jüngsten Publikationen 
für das Jahr 2013. Das bestätigt den Trend, den Dirk Wissen 2008 in seiner 
breit angelegten Studie zur „Zukunft der Bibliografie – Bibliografie der 
Zukunft“ ermittelte. (Berlin: Logos, 2008) Das Verzeichnen des Schrifttums 
verliert angesichts der Durchsetzung digitaler Medialität an Bedeutung. Die 
Zukunft muss mit direkter Volltexteinbindung, interaktiv multimedial, Domänen 
übergreifend und dynamisch gedacht werden, weshalb man von Medio- und 
Wikigrafien sprechen wird. So jedenfalls die These von vor acht Jahren.

DEFINITION
Das Bibliographieren lässt sich bekanntlich traditionell definieren als 
systematischer, bestandsunabhängiger Nachweis (wissenschaftlicher) Literatur zu 
bestimmten mehr oder weniger eng umrissenen Themen, Regionen, 
Publikationsformen, Personen und vielem mehr. Ein dezidierter Mehrwehrt 
gegenüber klassischen Bibliothekskatalogen war und ist die Verzeichnung 
bibliographisch unselbständiger Publikationen wie Zeitschriftenartikeln und 
Sammelbandbeiträgen – häufig auch mit dem Anspruch auf Vollständigkeit. Ebenso 
zeichnen sich Bibliographien in vielen Fällen durch eine differenzierte 
Sacherschließung berücksichtigter Literatur aus. Neben den bereits erwähnten 
typischen Formen Nationalbibliographien, Regionalbibliographien 
(Landes-/Kantonsbibliographien) und Fachbibliographien, sind auch 
Spezialbibliographien und Personalbibliographien nicht selten. Ebenso wurden 
beispielsweise Bibliographien zu Bibliographien mehr als einmal herausgegeben. 
Details kann man unter anderem sehr schön in dem 1999 zum sechsten Mal und 
zugleich letztmalig aufgelegten Handbuch der Bibliographie von Friedrich 
Nestler (Stuttgart: Hiersemann) nachlesen.

MEHRWERTE UND WIDERSPRÜCHE
Heute mutet der Status von Bibliographien jedoch relativ ungeklärt an, 
insbesondere der von wissenschaftlichen Fachbibliographien. Grundsätzlich 
scheinen viele Fachdisziplinen ihre Bibliographien weiterhin zu schätzen, 
gleichzeitig wird es durch die zunehmende Projektorientierung der 
Wissenschaften immer schwieriger, die Arbeit an diesen nachhaltig zu 
finanzieren. Die gegenwärtige Transformation der Sondersammelgebiete auf 
Fachinformationsdienste, für die sich Bibliotheken regelmäßig mit neuen 
Konzepten bewerben müssen, ist nur ein sichtbares Beispiel dafür. Durch diese 
wird die projekthafte Organisation der Wissenschaft auf die Erwerbungspolitik 
übertragen: Die Erwerbung von Medien scheint immer mehr auf den aktuellen 
Bedarf ausgerichtet zu sein, obwohl Wissenschaft immer auch darauf angewiesen 
ist, Literatur mit einer langfristigen Sammlungsperspektive zu nutzen – 
ansonsten kann sie nicht (oder nur mit hohem finanziellen Aufwand) auf 
vorhandenem Wissen aufbauen. Dennoch scheint die Strategie einer vollständigen 
Sammlung und Vorhaltung des gesamten potentiell für die Wissenschaft relevanten 
Publikationsaufkommens zugunsten einer konkreten Nachfrageorientierung 
aufgegeben zu sein. Sind Bestände jedoch nur noch verstreut verfügbar, müsste 
eigentlich die Bedeutung der Literaturdokumentation zunehmen.

Ein Mehrwert von Bibliographien für die Leser/Rezipienten war bislang, den 
Aufwand für die systematische Kenntnisnahme von Literatur möglichst gering zu 
halten. Daraus ließe sich als These ableiten: Gerade in Zeiten 
projektorientierter Wissenschaft und damit auch einer projektorientierten 
Bestandserwerbung ist es umso wichtiger, einen bestandsunabhängigen, möglichst 
vollständigen Nachweis wissenschaftlicher Literatur zu haben.
Dieser Widerspruch tritt zu einer Zeit auf, in der technische Entwicklungen 
auch andere Fragestellungen für die bibliographische Praxis aufwerfen. Mehrere 
Projekte versuch(t)en sich beispielsweise an automatischen Formen der 
Sacherschließung. Sie versprechen, den Prozess der Erschließung – der auch für 
die Bibliographien notwendig ist – effektiver sowie personal- und 
kostengünstiger zu gestalten. Außer den geringeren Kosten verbindet sich mit 
den automatischen Verfahren weitere Versprechen: Ein Beispiel ist die Nutzung 
moderner Informationstechnologien, um Bibliographien Teil des Semantic Web 
werden zu lassen. Im Kontext der Diskussionen um die Bibliothek 2.0 wurde das 
Social Cataloging als eine zukunftsträchtige Entwicklung beschrieben. Das 
kollaborative Erschließen galt als ein möglicher Ersatz von zentralen, 
institutionalisierten Redaktionen. Obwohl die Bibliothek 2.0 kaum noch als 
Begriff benutzt wird, ist diese Frage weiterhin relevant: Bei 
Fachbibliographien wird der kollaborative Ansatz bis heute mit offenem Ausgang 
in Bezug auf ihre Nachhaltigkeit und Qualität erprobt.

AKTEURINNEN, AKTEURE UND IHRE ARBEITSPRAXIS / MÖGLICHE FRAGESTELLUNGEN
Was bei diesen Projekten oft nicht reflektiert zu werden scheint, ist die 
konkrete Arbeitspraxis des Bibliographierens: Wer bibliographiert eigentlich? 
Mit welcher Ausbildung und Zielsetzung? Was passiert beim Bibliographieren?
Interessant ist zum Beispiel die Frage nach Status und Professionalität der 
Bibliographierenden: Auf der einen Seite haben sie durch die Arbeit des 
Selektierens, Kategorisierens, Erfassens und Beschreibens eine selten 
thematisierte Macht über die Wissensproduktion, auf der anderen Seite scheint 
ihr Status innerhalb der Wissenschaft als Hilfsarbeit beigeordnet. Dies 
erinnert an die gegenwärtig verhandelten Fragen, um den Status den die 
Produktion und Veröffentlichung von Forschungsdaten hat. Es könnte sich demnach 
lohnen, Parallelen zwischen Bibliographieren und Erhebung von Forschungsdaten 
als Teile des Forschungsprozesses herauszuarbeiten. Obwohl die Situation bei 
National- und Regionalbibliographien durch ihre institutionelle Anbindung an 
Bibliotheken gesichert erscheint, lassen sich auch bei ihnen ähnliche Fragen 
stellen: Was ist ihr Status? Von wem werden sie wofür genutzt? Definieren sich 
Nationen über Nationalbibliographien? Definieren sich Nationalbibliotheken über 
ihre Nationalbibliographien? Was schließen sie ein und was schließen sie aus?
Ebenso ist denkbar, eine historische Perspektive über aktuelle bibliographische 
Konzepte und Arbeitspraxen hinaus einzunehmen: Wer hat wann und wieso mit 
welchen Ergebnissen bibliographiert? Eine erste Aufzählung wären Akademien, 
Bibliotheken, Institute, Verlage, einzelne Forschende. Doch was unterscheidet 
diese von unterschiedlichen Einrichtungen erstellten Bibliographien und was 
verbindet sie? Was lässt sich daraus für die Gegenwart und Zukunft des 
Bibliographierens lernen? Beim Bibliographieren wird dem Anspruch nach 
umfassend und möglichst vollständig erschlossen. Gleichzeitig heißt 
bibliographieren auch immer auswählen, aussparen und ordnen. Die 
Wissenschaftsforschung, beispielsweise die Akteur-Netzwerk-Theorie im Anschluss 
an Bruno Latour, (Reassembling the Social. An Introduction to 
Actor-Network-Theory. Oxford: Oxford University Press. 2005) geht bekanntlich 
davon aus, dass die Infrastruktur, an und mit der Wissen produziert wird, einen 
Einfluss darauf hat, was überhaupt gefragt und geforscht werden kann. Werden 
Bibliographien als Teil dieser Infrastruktur verstanden, dann haben sie auch 
einen Einfluss auf die Wissenschaften, in denen sie genutzt werden. Spannend 
wäre zu untersuchen, wie genau sich dies realisierte, was an Forschungsfragen 
durch Bibliographien möglich und unmöglich wurde. Sind inter- und 
transdisziplinäre Inhalte wohlmöglich weniger verfolgt worden? Und schließlich 
ist das Bibliographieren auch ein Teil jedes Forschungsprozesses selbst, wie 
sich mittlerweile unter anderem unschwer an der weiten Verbreitung von 
Literaturverwaltungssoftware ablesen lässt. Wie verändert sich dieser 
Forschungsprozess und das, wenn man so will, Gebrauchsbibliografieren, wenn 
nicht mehr auf bestehende Bibliographien zurückgegriffen werden kann?

Für die Ausgabe #29 der LIBREAS. Library Ideas suchen wir also Beiträge zum 
Thema Bibliographien. Wie angezeigt, lässt sich dieses sowohl aus 
arbeitspraktischen, theoretischen, zukunftsbezogenen oder historischen 
Blickwinkeln betrachten. Genauso unterschiedlich kann auch die Beitragsform 
sein: vom wissenschaftlichen Artikel, Arbeitsbericht, über Rezension und 
Interview bis zum Essay ist alles willkommen. Über Einreichungen zu diesem 
Schwerpunkt hinaus, sind wie stets Beiträge zu anderen Themen sehr gerne 
gesehen. Alle Einreichungen sollten bis zum 31.03.2016 bei uns sein (via 
redaktion@xxxxxxxxxx).

Eure / Ihre Redaktion LIBREAS. Library Ideas
(Berlin, Bielefeld, Chur, München)


Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.