Am 09.03.2015 um 11:55 schrieb h0228kdm <h0228kdm@xxxxxxxxxxxxxxxx>:
Lieber Herr Flimm, lieber Herr Hinte,
ich habe weiterhin Zweifel, dass die Verlage an der reduzierten
Mehrwertsteuer wirklich interessiert sind. Das erscheint mir mehr ein
Scheingefecht zu sein, denn sie wollen ja gerade, dass das E-Book kein Buch
ist.
Auch die Lobbyarbeit des Börsenvereins sollten wir nicht mit der Realität
verwechseln. So sind wir seit Jahrzehnten daran gewöhnt, dass vor der
fortschreitenden Digitalisierung gewarnt wird, verständlicherweise
insbesondere von denen, die dadurch finanzielle Einbußen befürchten. Sie
schreitet trotzdem ungebrochen fort – wenn auch langsamer als in den USA.
Dass ist doch schon klassisch: Da heißt es: „E-Book-Verkaeufe stagnieren“, im
Titel heißt es genauer: „E-Books finden kaum noch neue Käufer“ (eine Dreiste
Behauptung, weil die Zielgruppe gar nicht untersucht wurde), dann der
„Aufwärtstrend ist jäh abgebrochen“, und etwas später erfahren wir, der
„Umsatz stieg im Vergleich zum Vorjahr um 7,6 Prozent, nachdem er 2013 noch
bei 60% ! lag.
Ansonsten muss man die AGBs immer seltener lesen, wenn die DRM ohnehin alles
regelt. Das Problem sind darum nicht die AGBs, sondern die massiven
Behinderungen, durch die DRM. Eigentlich konnten die Verlage doch von Anfang
an Texte verfügbar ins Netz stellen, so wie es doch auch für viele Klassiker
geschah. Statt dessen haben sie komplizierte Softwarebarrieren und
juristische Tricks (ein E-Book ist kein Buch sondern eine Dienstleistung, bei
Bedarf auch eine Datei) eingebaut, um die Verwertung für sich zu sichern. Mit
Urheberschaft hat das insofern nichts zu tun, weil die ohnehin beim Urheber
bleibt. Es klingt aber besser, wenn die Rechteverwerter für die "Urheber"
kämpfen.
Es ist richtig, wir brauche für unsere Interessenvertretung einen
„Schulterschluss“, dazu ist aber zunächst ein gemeinsames Ziel notwendig. Und
für die reduzierte MwST müsste ein E-Book wieder zum Buch werden – aus
meiner Sicht eine Selbstverständlichkeit, für die man eigentlich einen
Konsens hinbekommen müsste.
MfG
Walther Umstätter
Am 2015-03-09 10:19, schrieb Oliver Hinte:
Lieber Herr Flimm,
und genau was schlagen Sie jetzt vor?
Gar nichts tun und auf den Börsenverein, die Politik, die Verlage, die
Juristen, die Verbände
und das Wetter schimpfen und sich mit den Resultaten abfinden?
Wir müssen schon versuchen, mit der Politik und den anderen
Interessenvertretern konstruktiv
zusammen zu arbeiten.
Aus diesem Grund ist es besonders wichtig den Schulterschluss mit den
Verbraucherschutzverbänden zu suchen.
Den letztendlich sind auch die Bibliotheken Verbraucher und für mich
ist es sowohl als Bibliotheksmitarbeiter
als auch als Endverbraucher nicht nachvollziehbar, warum ich beim
Erwerb eines E-Books erst einmal in die AGBs
schauen soll, um heraus zu finden, was ich damit tun darf und was nicht...
Viele Grüße
Oliver Hinte
Hallo,
On Sat, Mar 07, 2015 at 01:36:49PM +0100, Harald Müller wrote:
Warum sollte sich für E-Books nicht auch ein angemessenes Modell
finden lassen, in dem die Interessen Aller (Autoren, Leser,
Bibliotheken, Verlage) gleichermaßen berücksichtigt werden?
warum sollten sie das tun. Durch jahrelange Lobbyarbeit ist es ihnen -
gerade bei E-Books - perfekt gelungen, ihre Interessen ueber die der
Autoren, Leser und Bibliotheken zu stellen.
Und machen wir uns nichts vor. Die Unzufriedenheit mit der
EUGH-Entscheidung zur Mehrwertssteuer ruehrt wohl weniger daher, dass
die Verlage die finanziellen Noete und Sorgen der Leser und
Bibliotheken im Blick haben, sondern eher daher, dass sie E-Books
billiger anbieten koennen, ohne auf ihren bisherige Gewinnmarge
verzichten zu muessen ;-)
Dazu passt die Meldung, dass E-Book-Verkaeufe stagnieren bzw. nur noch
geringe Zuwachsraten haben:
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/e-book-umsatz-waechst-nur-noch-langsam-13461197.html
http://www.heise.de/newsticker/meldung/E-Book-Markt-waechst-in-Deutschland-nur-noch-einstellig-2565570.html
Es gibt fuer sie also offenbar Handlungsbedarf. Warum sich also nicht
einfach eine moegliche Loesung aus der Stagnations-Misere durch die
Allgemeinheit bezahlen lassen?
Denn die Ermaessigung des MwSt-Satzes zahlen eben letztlich wir
alle...
Die Verlage koennten auch ganz einfach:
a) bei Belassung der E-Book-Nachteile fuer den ehrlichen Kaeufer
(hartes DRM, Wasserzeichen, persoenliche Haftung bei E-Book-Diebstahl,
kein Verleihen, Verkaufen, Vererben) die E-Book-Preise generell senken
nach dem Motto: "Ihr bekommt eine Ware, mit der ihr deutlich weniger
machen koennt, als mit dem gedruckten Aequivalent, da muesst ihr auch
deutlich weniger zahlen". Fuer Belletristik sehe ich hier z.B. eine
Obergrenze bei 5 EUR.
oder
b) die E-Book-Nachteile aufheben und weiterhin vergleichbare 'hohe' Preise
zu
verlangen.
Aber ist das realistisch? Nein.
Gruss
O. Flimm
--
Oliver Hinte
Geschäftsführer
Fachbibliothek Rechtswissenschaft
Rechtswissenschaftliches Seminar
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--
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