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Re: [InetBib] Nature Communications



Die Sorge, dass wir bei einem Author-Pays Modell ebenfalls in ein überteuertes 
System reinlaufen hat mich auch lange rumgetrieben. Dennoch bin ich inzwischen 
überzeugt, dass es trotzallem ein besseres System ist. Aufgrund der Transparenz 
(die heute bei Subkriptionen eindeutig fehlt) kann überhaupt erst ein 
effektiver Markt entstehen, wie Björk & Salamon aufgezeigt haben: 
http://www.wellcome.ac.uk/About-us/Policy/Spotlight-issues/Open-access/Guides/WTP054773.htm

"Thus far, we believe that for full OA journals, author sensitivity to the 
levels of APCs has been working effectively in creating pressure to moderate 
the price of APCs. The fact that APCs correlate significantly with journal 
impact factors is also an indication that not only price but also perceived 
quality matters."

Bezüglich Ihrer Auswahl Herr Mittermaier, würde ich mich sofern Geld da ist für 
c) APC und Subkription bzw. wenn kein Geld da ist für b) entscheiden. Also nur 
APCs zahlen mit der Folge, dass die Wissenschaftler 60% nicht lesen können.

Die Subskriptionen erhalten in diesem Falle auch nur, da es noch dieses eine 
Jahr ist. Ansonsten wäre ich sehr radikal und würde Closed Access (koordiniert 
mit anderen) abbestellen und das frei gewordene Geld den Autoren zu Verfügung 
stellen. Selbstverständlich gibt es das Bedürfnis Closed-Access Zeitschriften 
lesen zu können, aber diese Bedürfnis kann anders gestillt werden. Für etwas 
hat NPG eine Self-Archiving Policy und für etwas haben Unis Repositorien. Auch 
gibt es die Praxis, das man die AutorInnen bezüglich einer Kopie anfragen kann. 
Auch gibt es die Option Einzelkauf von Artikel. 

Ein Grund für diese Radikalität ist vermutlich das Gespräch mit Wissenschaftler 
die bei Closed Access Journals von Elsevier und Co. tätig sind. An den letzten 
OA-Tage hatte beispielsweise Herr Schneider, Co-Editor, von "Forensic Science 
International: Genetics", Top Journal in seinem Feld, aber Closed Access bei 
Elevier seine Sicht vorgestellt. Er ist auch im Vorstand der Fachgesellschaft, 
die das Journal mitherausgibt. Als ich ihn fragte, ob er damit leben könnte, 
wenn Bibliotheken "sein" Journal abbestellen würde meinte er Ja. Die gut 1200 
Mitglieder der Gesellschaft hätten ja praktisch "freien Zugang" -> 
http://youtu.be/yxZ1-a2Rvaw?t=17m57s

Ich glaube hier muss die Bibliothekswelt zur Kenntnis nehmen, dass die Mehrheit 
der Forschenden schlicht keine Zeit für Open Access haben und absolut froh 
sind, dass es Verlage gibt, die Ihnen viele Arbeit abnehmen (ob das jetzt OA 
ist oder nicht ist vielen eigentlich egal bzw. sie haben keine Ahnung). Ich 
denke hier MUSS die Bibliothekswelt einspringen und endlich mit Taten (und 
nicht nur mit Worten) zeigen dass mit Closed Access etwas nicht in Ordnung ist. 
Denn sie kennen die Kosten und die Problematik am Besten.

Wenn nun  im "Beisein von Baden-Württembergs Ministerin für Wissenschaft, 
Forschung und Kunst" hochfeierlich ein intransparenter Closed-Access Deal mit 
Springer unterzeichnet wird, heisst das schlicht, dass die Bibliotheksvertreter 
der Ministerin einige Fakten zum Potential von Open Access, und der 
verweigerenden Rolle von Springer unterschlagen haben. Ich kann mir beim besten 
Willen nicht vorstellen, dass die Politik gegen Open Access ist. Nur bin ich 
absolut davon überzeugt das viele Politiker leider häufig keine Ahnung haben 
wie absurd die heutige Situation Closed Access ist. Gerade deshalb ist es mir 
ein Anliegen, dass ich mich in der Schweiz für mehr Transparenz bei den 
Big-Deals einsetze. Wenn die Politik tatsächlich wüsste was abgeht, dann ...

Und ja, vielleicht müsste man auch mal wie die Niederländer ehrlich zugegeben, 
dass der Grüne Weg nicht so wirklich sein Potential ausschöpft: 
https://www.surf.nl/en/news/2012/04/open-access-to-dutch-research-stagnating.html

Herr Mittermaier, es nähme mich trotzdem noch wunder wie Sie nun mit der 
APC-Rechnung von Nature Communications umgehen? Zahlen Sie den vollen Preis?

freundliche Grüsse
Christian Gutknecht

----Ursprüngliche Nachricht----
Von : h0228kdm@xxxxxxxxxxxxxxxx
Datum : 05/11/2014 - 18:09 (CET)
An : inetbib@xxxxxxxxxxxxxxxxxx
Betreff : Re: [InetBib] Nature Communications

Liebe Liste,

Hauff, A. hat in Wissenschaftliche Publikationen und „freier“ Zugang – 
alternative
Geschäftsmodelle oder Freibier für alle? Bibliothek, Forschung und 
Praxis 37(1): 25–
31 (2013) deutlich gemacht: „Wäre es nicht sinnvoller, unsere Kräfte zu 
bündeln, um
hier Druck auf die Politik zu machen, anstatt in juristischen 
Diskussionen
unsere Kräfte zu verschleißen? Wenn die Politik die Zukunft dieses 
Landes
in der Wissensgesellschaft sieht, muss sie auch die Finanzmittel 
entsprechend priorisieren.“
Ich habe dazu in 
(www.b2i.de/fileadmin/dokumente/BFP_Preprints_2014/Preprint-Artikel-2014-Am-2936-Umstaetter.pdf)
 
angemerkt:  „Das wirkliche Problem liegt aber darin, dass bei jeder 
bisherigen Etaterhöhung der Bibliotheken die großen Verlage wie Elsevier 
(aber auch andere renommierte Verlage) sofort wussten, dass sie noch 
mehr verlangen konnten, und insbesondere die Zeitschriften entsprechend 
verteuerten, auf die die Bibliotheken nicht verzichten konnten, weil 
diese Journals zu oft zitiert sind, und diesen Zitaten muss man in der 
Wissenschaft zur Verifikation nachgehen können. Dass die großen Verlage 
dies auf Kosten der unzähligen kleinen Verlage taten, deren Produkte 
damit nicht mehr angemessen erworben werden können, ist zwangsläufig.

Die Preissteigerungen auf diesem Gebiet sind seit Jahrzehnten bekannt. 
Außerdem ist es natürlich schlicht falsch, zu sagen, „Die Etats der 
Bibliotheken dagegen sinken seit vielen Jahren.“. „Vergleicht man die 
Zahlen von KRABBE und LUTHER mit den heutigen Etats, so ergibt sich nach 
zwei Kriegen, Währungsreformen und Einführung der DM in den letzten 50 
Jahren [bis in die neunziger Jahre] eine jährliche Steigerung von 10%“ ( 
Umstätter, W.: Lehrbuch des Bibliotheksmanagements. S. 226; Anton 
Hiersemann Verl. Stuttgart. 2011)

Die Versuche der großen Verlage, nun Open Access für sich zu 
vereinnahmen, und die Preisspirale wie bisher weiter zu drehen kann auf 
die Dauer so nicht gut gehen, das wird in immer mehr  Universitäten 
klar. Ein Hauptgrund für diese Fehlentwicklung liegt aber am Glauben 
vieler Entscheidungsträger, dass Zeitschriften mit hohem Impact Factor 
eine erhöhte Qualität beinhalten. Und diese Halbbildung an Szientometrie 
nutzen die Verlage schamlos aus, nachdem ihre Lobby das Halbwissen so 
erfolgreich verbreitet hat.

Es ist aber richtig, dass wir an Zeitschriften, die oft zitiert werden 
nicht vorbei kommen, insbesondere dann, wenn dort Unsinn publiziert 
wurde. Weil der ja bekanntlich falsifiziert werden muss. Diese Verlage 
haben in den letzten Jahrzehnten durch verstärkte Eigenzitationen ihre 
Impact Factors gezielt hoch getrieben. Immerhin ist die 
durchschnittliche Zahl an Referenzen im SCI von früher 10 auf über 
dreißig angestiegen, und da zitieren sich Zeitschriften meist selbst.

Es ist Aufgabe der Bibliothekare von heute, als Spezialisten in dieser 
Thematik, ihren Entscheidungsträgern klar zu machen, dass sie sich von 
den Großverlagen nicht einfach ausbeuten lassen dürfen. Dass die ersten 
Bibliotheken dies erreicht haben, ist ermutigend. Insofern stimmt die 
Nachricht aus den Niederlanden zwar hoffnungsvoll, auch wenn ich 
befürchte, dass sie im Moment nur dazu dient, die Preissteigerung etwas 
zu bremsen.

MfG

Walther Umstätter


Am 2014-11-05 13:53, schrieb Mittermaier, Bernhard:
Herr Gutknecht,
so einfach ist das Leben  nicht.
Nature Communications akzeptiert seit 21.10.2014 nur noch Gold
OA-Einreichungen. Die Umstellung auf eine Gold OA-Zeitschrift erfolgt
allerdings erst zum 01.01.2016 (!). Als Begründung hierfür wurde
genannt, dass die Entscheidung zum Flip so spät fiel, dass nicht mehr
alle bis zum Stichtag eingereichten und dann auch akzeptierten
Publikationen noch 2014 erscheinen konnten. Als Schätzgröße 8welche
man glauben kann oder nicht) wurde gesagt, dass 2015 60% der Artikel
noch Closed Access sein würden. Für Nature Communications zahlen wir
in diesem Jahr eine Subskriptionsgebühr, die ziemlich genau so hoch
liegt wie eine APC; 2015 steigt der Preis "nur" um 2% (obwohl  nach
eigenem Bekunden 40% OA sein wird!). An dieser Stelle liegt übrigens
auch die Begründung für den Flip: Die Zeitschrift wächst rasant; nach
der 60%igen Preissteigerung im letzten Jahr sah sich der Verlag nicht
in der Lage, nochmals eines solche Preissteigerung durchzusetzen.
Deshalb die Umstellung. Gold OA ist also (zumindest in diesem
Einzelfall) für den Verlag das Mittel zum Zweck, die Einnahmen zu
maximieren.
So, und nun dürfen Sie mal Entscheider spielen. Was würden Sie tun?
a) 2016 nur subskribieren mit der Folge, dass die Wissenschaftler dort
nicht publizieren können
b) nur APCs zahlen mit der Folge, dass die Wissenschaftler 60% nicht
lesen können und dass man die (n-1)fachen Ausgaben hat (n=Zahl der
Artikel in Nature Communications aus der eigenen Einrichtung.  Just
heute hatte ich eine solche 3.700€-Rechnung auf dem Tisch; weitere
können kommen).
c) 2016 die Zeitschrift subskribieren UND APCs zahlen mit der Folge,
dass man die n-fachen Ausgaben der Subskription hat.
d) Nature Communications komplett boykottieren


Zu Elsevier/Niederlande: Hintergrund der Verhandlungen ist die
Erwartung der Regierung, dass bis 2019 60% der niedrländischen
Publikationen OA sind und 2014 alle. Mit dieser Erwartungshaltung im
Rücken hat man gegenüber dem Verlag eine deutlch robustere
Verhandlungsposition. Ich bin gespannt ob eine solche Ansage auch mal
in Deutschlanderfolgt (oder in der Schweiz).

Es bleibt spannend
Bernhard Mittermaier

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Dr. Bernhard Mittermaier
Forschungszentrum Jülich
Leiter der Zentralbibliothek / Head of the Central Library


-----Ursprüngliche Nachricht-----

Date: Tue, 4 Nov 2014 21:24:05 +0000 (GMT)
From: "christian.gutknecht@xxxxxxxxxx"
        <christian.gutknecht@xxxxxxxxxx>

(..)
Wenn nun nächstes Jahr Nature Communications (IF 10.7) oder Chemical
Science von RSC (IF 8.3) vollständig Open Access werden, können wir
hoffentlich ein für alle mal den Mythos begraben, dass OA immer noch
alternativ, mit weniger Renomee ausgestatt oder sogar weniger stabil
ist. Dies obwohl Plos Biology schon seit längerem das Top Journal in
Bereich Biology ist (IF 11.7).

Ich bin jetzt schon gespannt, wie Förder und Hochschulbibliotheken
darauf reagieren werden. NPG verlangt für Nature Communications stolze
?3700, was weit über der Deckelung der Förderer liegt (DFG: ?2000 ?,
FWF: ?3000, SNF: CHF 3000).

Zumindest für Bibliotheken, die entscheiden ?3700 nicht zu zahlen wird
die Widersprüchlichkeit ihrer Praxis spätestens jetzt ganz
offensichtlich. Warum leistet man sich teure Closed Access Lizenzen,
aber finanziert keine teuren APCs für Top Open Access Journals?

(..)

Christian Gutknecht


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Forschungszentrum Juelich GmbH
52425 Juelich
Sitz der Gesellschaft: Juelich
Eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Dueren Nr. HR B 3498
Vorsitzender des Aufsichtsrats: MinDir Dr. Karl Eugen Huthmacher
Geschaeftsfuehrung: Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Marquardt (Vorsitzender),
Karsten Beneke (stellv. Vorsitzender), Prof. Dr.-Ing. Harald Bolt,
Prof. Dr. Sebastian M. Schmidt
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