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Re: [InetBib] Nature Communications



Liebe Liste,

Hauff, A. hat in Wissenschaftliche Publikationen und „freier“ Zugang – alternative Geschäftsmodelle oder Freibier für alle? Bibliothek, Forschung und Praxis 37(1): 25– 31 (2013) deutlich gemacht: „Wäre es nicht sinnvoller, unsere Kräfte zu bündeln, um hier Druck auf die Politik zu machen, anstatt in juristischen Diskussionen unsere Kräfte zu verschleißen? Wenn die Politik die Zukunft dieses Landes in der Wissensgesellschaft sieht, muss sie auch die Finanzmittel entsprechend priorisieren.“ Ich habe dazu in (www.b2i.de/fileadmin/dokumente/BFP_Preprints_2014/Preprint-Artikel-2014-Am-2936-Umstaetter.pdf) angemerkt: „Das wirkliche Problem liegt aber darin, dass bei jeder bisherigen Etaterhöhung der Bibliotheken die großen Verlage wie Elsevier (aber auch andere renommierte Verlage) sofort wussten, dass sie noch mehr verlangen konnten, und insbesondere die Zeitschriften entsprechend verteuerten, auf die die Bibliotheken nicht verzichten konnten, weil diese Journals zu oft zitiert sind, und diesen Zitaten muss man in der Wissenschaft zur Verifikation nachgehen können. Dass die großen Verlage dies auf Kosten der unzähligen kleinen Verlage taten, deren Produkte damit nicht mehr angemessen erworben werden können, ist zwangsläufig.

Die Preissteigerungen auf diesem Gebiet sind seit Jahrzehnten bekannt. Außerdem ist es natürlich schlicht falsch, zu sagen, „Die Etats der Bibliotheken dagegen sinken seit vielen Jahren.“. „Vergleicht man die Zahlen von KRABBE und LUTHER mit den heutigen Etats, so ergibt sich nach zwei Kriegen, Währungsreformen und Einführung der DM in den letzten 50 Jahren [bis in die neunziger Jahre] eine jährliche Steigerung von 10%“ ( Umstätter, W.: Lehrbuch des Bibliotheksmanagements. S. 226; Anton Hiersemann Verl. Stuttgart. 2011)

Die Versuche der großen Verlage, nun Open Access für sich zu vereinnahmen, und die Preisspirale wie bisher weiter zu drehen kann auf die Dauer so nicht gut gehen, das wird in immer mehr Universitäten klar. Ein Hauptgrund für diese Fehlentwicklung liegt aber am Glauben vieler Entscheidungsträger, dass Zeitschriften mit hohem Impact Factor eine erhöhte Qualität beinhalten. Und diese Halbbildung an Szientometrie nutzen die Verlage schamlos aus, nachdem ihre Lobby das Halbwissen so erfolgreich verbreitet hat.

Es ist aber richtig, dass wir an Zeitschriften, die oft zitiert werden nicht vorbei kommen, insbesondere dann, wenn dort Unsinn publiziert wurde. Weil der ja bekanntlich falsifiziert werden muss. Diese Verlage haben in den letzten Jahrzehnten durch verstärkte Eigenzitationen ihre Impact Factors gezielt hoch getrieben. Immerhin ist die durchschnittliche Zahl an Referenzen im SCI von früher 10 auf über dreißig angestiegen, und da zitieren sich Zeitschriften meist selbst.

Es ist Aufgabe der Bibliothekare von heute, als Spezialisten in dieser Thematik, ihren Entscheidungsträgern klar zu machen, dass sie sich von den Großverlagen nicht einfach ausbeuten lassen dürfen. Dass die ersten Bibliotheken dies erreicht haben, ist ermutigend. Insofern stimmt die Nachricht aus den Niederlanden zwar hoffnungsvoll, auch wenn ich befürchte, dass sie im Moment nur dazu dient, die Preissteigerung etwas zu bremsen.

MfG

Walther Umstätter


Am 2014-11-05 13:53, schrieb Mittermaier, Bernhard:
Herr Gutknecht,
so einfach ist das Leben  nicht.
Nature Communications akzeptiert seit 21.10.2014 nur noch Gold
OA-Einreichungen. Die Umstellung auf eine Gold OA-Zeitschrift erfolgt
allerdings erst zum 01.01.2016 (!). Als Begründung hierfür wurde
genannt, dass die Entscheidung zum Flip so spät fiel, dass nicht mehr
alle bis zum Stichtag eingereichten und dann auch akzeptierten
Publikationen noch 2014 erscheinen konnten. Als Schätzgröße 8welche
man glauben kann oder nicht) wurde gesagt, dass 2015 60% der Artikel
noch Closed Access sein würden. Für Nature Communications zahlen wir
in diesem Jahr eine Subskriptionsgebühr, die ziemlich genau so hoch
liegt wie eine APC; 2015 steigt der Preis "nur" um 2% (obwohl  nach
eigenem Bekunden 40% OA sein wird!). An dieser Stelle liegt übrigens
auch die Begründung für den Flip: Die Zeitschrift wächst rasant; nach
der 60%igen Preissteigerung im letzten Jahr sah sich der Verlag nicht
in der Lage, nochmals eines solche Preissteigerung durchzusetzen.
Deshalb die Umstellung. Gold OA ist also (zumindest in diesem
Einzelfall) für den Verlag das Mittel zum Zweck, die Einnahmen zu
maximieren.
So, und nun dürfen Sie mal Entscheider spielen. Was würden Sie tun?
a) 2016 nur subskribieren mit der Folge, dass die Wissenschaftler dort
nicht publizieren können
b) nur APCs zahlen mit der Folge, dass die Wissenschaftler 60% nicht
lesen können und dass man die (n-1)fachen Ausgaben hat (n=Zahl der
Artikel in Nature Communications aus der eigenen Einrichtung.  Just
heute hatte ich eine solche 3.700€-Rechnung auf dem Tisch; weitere
können kommen).
c) 2016 die Zeitschrift subskribieren UND APCs zahlen mit der Folge,
dass man die n-fachen Ausgaben der Subskription hat.
d) Nature Communications komplett boykottieren


Zu Elsevier/Niederlande: Hintergrund der Verhandlungen ist die
Erwartung der Regierung, dass bis 2019 60% der niedrländischen
Publikationen OA sind und 2014 alle. Mit dieser Erwartungshaltung im
Rücken hat man gegenüber dem Verlag eine deutlch robustere
Verhandlungsposition. Ich bin gespannt ob eine solche Ansage auch mal
in Deutschlanderfolgt (oder in der Schweiz).

Es bleibt spannend
Bernhard Mittermaier

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Dr. Bernhard Mittermaier
Forschungszentrum Jülich
Leiter der Zentralbibliothek / Head of the Central Library


-----Ursprüngliche Nachricht-----

Date: Tue, 4 Nov 2014 21:24:05 +0000 (GMT)
From: "christian.gutknecht@xxxxxxxxxx"
        <christian.gutknecht@xxxxxxxxxx>

(..)
Wenn nun nächstes Jahr Nature Communications (IF 10.7) oder Chemical
Science von RSC (IF 8.3) vollständig Open Access werden, können wir
hoffentlich ein für alle mal den Mythos begraben, dass OA immer noch
alternativ, mit weniger Renomee ausgestatt oder sogar weniger stabil
ist. Dies obwohl Plos Biology schon seit längerem das Top Journal in
Bereich Biology ist (IF 11.7).

Ich bin jetzt schon gespannt, wie Förder und Hochschulbibliotheken
darauf reagieren werden. NPG verlangt für Nature Communications stolze
?3700, was weit über der Deckelung der Förderer liegt (DFG: ?2000 ?,
FWF: ?3000, SNF: CHF 3000).

Zumindest für Bibliotheken, die entscheiden ?3700 nicht zu zahlen wird
die Widersprüchlichkeit ihrer Praxis spätestens jetzt ganz
offensichtlich. Warum leistet man sich teure Closed Access Lizenzen,
aber finanziert keine teuren APCs für Top Open Access Journals?

(..)

Christian Gutknecht


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Karsten Beneke (stellv. Vorsitzender), Prof. Dr.-Ing. Harald Bolt,
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