Lieber Herr Dr. Kuhn,
ich schließe mich der Meinung von Herrn Prof. Steinhauer und möchte
Sie bestärken, das fragliche Buch zugänglich zu halten. Allerdings
würde ich schon einen Vermerk in Katalog und /oder Buch empfehlen.
Auch an unsere Bibliothek ist in den letzten Tagen die Bitte gegangen,
ein Buch zurückzugeben, das wir vorher im Wege des Schriftentausches
erhalten hatten. Als Anregung hier meine gestrige Antwort:
"Sehr geehrte Frau XX,
haben Sie vielen Dank für den Hinweis auf den Titelentzug bei Herrn
XY. Wir bitten Sie um Verständnis, dass wir die korrumpierte
'Dissertationsschrift' aus grundsätzlichen Erwägungen nicht aus dem
Bestand nehmen wollen. Insbesondere das Beispiel der 'Dissertation'
von Theodor zu Guttenberg hatte gezeigt, dass auch Plagiate von
zeithistorischer Bedeutung sein können - im Falle 'zu Guttenberg'
sogar sicher über den Wert des originären Inhalt hinaus. Würden solche
Schriften aus den Regalen verbannt, wäre auch die Entscheidung des
Fakultätsrates zum Titelentzug nicht mehr nachvollziehbar. Außerdem
würden korrekte Verweise in späteren wissenschaftlichen Publikationen
leer laufen, wenn einmal veröffentlichte Titel depubliziert würden.
Wichtig ist uns jedoch, umfassend über den Titelentzug zu informieren,
damit niemand, der das Buch künftig in die Hand nimmt, es
unwissentlich für 'bare Münze' nimmt. Wir haben daher am Buch und beim
entsprechenden Katalogeintrag jeweils einen Hinweis auf den
Titelentzug angebracht. Außerdem wird es in unser geschlossenes
Magazin umgestellt, damit niemand versehentlich am Regal darauf stößt,
ohne den Hinweis zur Kenntnis zu nehmen."
Die Frage des Umgangs mit Plagiatsschriften war bereits vor einiger
Zeit Thema in diversen Presseartikeln, z.B.:
http://www.tagesspiegel.de/wissen/plagiate-in-der-wissenschaft-guttenberg-und-co-bleiben-im-regal/7440060.html
http://www.goethe.de/wis/bib/fdk/de8708106.htm
Eine Rechtspflicht der Bibliothek, solche Werke zu entfernen,
schwärzen oder zurückzugeben gibt es nicht.
Mit besten Grüßen zum Wochenende,
Arne Upmeier
---
Dr. Arne Upmeier
Universitätsbibliothek Ilmenau
Dezernent Benutzung
Fachreferent für Politik, Recht und Wirtschaft
Langewiesener Straße 37
98693 Ilmenau
Tel.: 03677/69-4534
-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: Inetbib [mailto:inetbib-bounces@xxxxxxxxxxxxxxxxxx] Im Auftrag
von Steinhauer, Eric
Gesendet: Freitag, 20. Juni 2014 23:39
An: Internet in Bibliotheken
Betreff: Re: [InetBib] Umgang mit Dissertationen nach Entzug des
Doktortitels
Lieber Herr Kollege,
die Antwort lautet ganz klar: Nein!
Die Bibliothek ist kein "Grundbuchamt" für Doktortitel. Ich bin sogar
dagegen, den Promotionsvermerk im Katalog zu löschen, denn die
nachträgliche Aberkennung ändert nichts am Inhalt der Vorlage, deren
exakte Beschreibung das Ziel der Katalogisierung ist.
Die Aberkennung des Titels ist allein das persönliche Problem des
Betroffenen.
Allenfalls eventuell noch vorhandene Tauschexemplare sind von der
Aberkennung betroffen. Hier sollte die Bibliothek diese im Wege des
Schriftentausches nicht mehr als Dissertation anbieten.
Viele Grüße
Eric Steinhauer
_E_______________________________________
Von: Inetbib [inetbib-bounces@xxxxxxxxxxxxxxxxxx]" im Auftrag von
"Kuhn, Karl-Heinz [kuhn@xxxxxxxxxxxxx]
Gesendet: Freitag, 20. Juni 2014 14:35
An: inetbib@xxxxxxxxxxxxxxxxx
Betreff: [InetBib] Umgang mit Dissertationen nach Entzug des
Doktortitels
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
bitte erlauben Sie eine Frage zum Umgang mit Dissertationen, deren
Verfasser der Doktortitel im Nachhinein entzogen wurde.
Kann eine Universitätsbibliothek dazu verpflichtet werden, ihr
Exemplar einer Dissertation, das sie durch Tausch oder auf einem
anderen Weg (Geschenk, Kauf) erhalten hat, auszusondern oder an die
Einrichtung, von der sie ein Exemplar erhalten hat (z.B. Tauschstelle
der UB, an der die Promotion stattfand), wieder zurückzugeben?
Herzlichen Dank und freundliche Grüße
sendet
Dr. Karl-Heinz Kuhn
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http://www.inetbib.de
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http://www.inetbib.de