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[InetBib] Kundenorientierung und Marketing. - War: Nur so ne Frage.
- Date: Thu, 01 Aug 2013 12:21:46 +0200
- From: Jürgen Plieninger <juergen.plieninger@xxxxxxxxxxxxxxxx>
- Subject: [InetBib] Kundenorientierung und Marketing. - War: Nur so ne Frage.
Sehr geehrter Herr Jobmann,
beim letzten Diskussionsstrang, der in diese - von Ihnen und Frau
Mahrt-Thomsen stets wiederholte - Richtung geht, konnte ich aus
Zeitmangel nicht antworten und Herr Eberhardt hat es dankenswerter Weise
sehr differenziert gemacht.
http://www.ub.uni-dortmund.de/listen/inetbib/msg50878.html
Da Sie das - nennen wir es einmal "Kunden"-Begriffs-Bashing - hier
wiederholen, antworte ich einmal:
Lieber Herr Umstätter, Sie haben die Antwort selbst - mit einem
Augenzwinkern in der Überschrift gegeben: sie sind Kunde. Das
Kundenorientierung als Maßstab das Wohlergehen des Kunden oder der
Kundin hat, ist insbesondere in unserem Berufsstand ein oft
sichtbares Missverständnis.
Kann sein, muss aber nicht. Wenn es - wie von Ihnen in einer anderen
E-Mail angeführt - sich lediglich um Wording, um einen bestimmten Jargon
insbesondere in der Öffentlichkeitsarbeit, handelt, dann gebe ich Ihnen
Recht. Gleichwohl wird aus meiner Sicht hier das Kind mit dem Bade
ausgeschüttet.
Der Begriff Kunde und die Kundenorientierung ist eng mit dem Marketing
verbunden. Marketing, wenn man es nicht nur als PR-Gedöns versteht, ist
eine Methode, Dienstleistungen einer Institution/einer Firma
zielgerichtet(er) zu konzipieren, als dies mit schwammigen Begriffen wie
"Leser/in", "Benutzer/in" oder "Bürger" passieren kann. Das geht schon
mit der Bemühung los, Zielgruppen und ihrer Bedürfnisse auszumachen,
Dienstleistungen darauf auszurichten und endet mit Evaluation. Ich bete
Ihnen hier jetzt nicht den gesamten Marketingzirkel vor.
Für mich, in meiner beruflichen Praxis, war diese Sichtweise, die ich
aus der OPL-Theorie entnommen hatte, fruchtbringend und ist es heute
noch, weil ich zielgerichteter vorgehen kann und vor allem immer wieder
neue Zielgruppen entdecke. Das sind alles "Benutzer/innen", ja, es gibt
aber unterschiedliche Bedürfnisse, denen ich entsprechen kann, wenn ich
das wahrnehme.
> Insbesondere in der Medizin kann man sehr
gut beobachten, dass der Wechsel von Ärztin / Patient zu Arzt /
Kundin auch eine Verschiebung der Maßstäbe zur Folge hat. Sind Sie
Kunde Ihres Hausarztes, bekommen sie andere Behandlungsoptionen
angeboten, als im Falle des Verständnisses als Patient des
Hausarztes.
"Patient/in", "Leser/in", "Benutzer/in" - alles von Ihnen mit einem
gewissen Ethos aufgeladene Begriffe. Tut mir Leid, ich habe als Nutzer
bzw. Leser nicht selten äußerst unfreundliche
Bibliothekare/Biblitohekarinnen kennen gelernt und äußerst unbewegliche
Institutionen, was das Dienstleistungsportfolio anbelangt.
Insofern ist die Entwicklung ganz logisch.
Da ist nichts "logisch". Dass bei knappen Ressourcen ursprünglich
intendierte Dienstleistungen auf der Strecke bleiben und womöglich nur
ein Dienstleistungsjargon statt einer Dienstleistung bestehen bleibt,
geschenkt. Ich bezweifle, dass allein durch das Verständnis der Kunden
als "Bürger" oder "Benutzer/in" sich der Rahmen an Ressourcen ändert.
Eher sorgt Marketing (als Managementmethode, nicht als PR-Ersatz) dafür,
dass knappe Mittel zielgerichtet(er) eingesetzt werden.
Vielleicht als letztes: Wenn die Rahmenbedingungen knapp sind und
bleiben, macht das Ethos der professionellen Akteure (also
Bibliothekarinnen und Bibliothekare) eventuell einen Unterschied aus.
Das ist aber nicht einklagbar und - wahrscheinlich sehen Sie das anders
- nicht zwingend mit einem bestimmten Begriff "Kunde/Kundin", "Bürger"
oder "Leser/in" verbunden. Ich kann mit den Begriffen "Benutzer/in" etc.
genauso ein "Gedöns" machen wie mit der Kundenorientierung.
Etikettenschwindel findet überall statt und kann nicht mit irgend einer
Begriffsregelung vermieden werden!
Mit freundlichen Grüßen
Jürgen Plieninger
--
http://homepages.uni-tuebingen.de/juergen.plieninger/
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Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.