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Re: [InetBib] Fwd: Podcasts on Stoic philosophy (Marcus Aurelius) and Pre-Socratic philosophy (Empedocles)
- Date: Tue, 30 Jul 2013 08:00:30 +0000
- From: Annette Kustos <Annette.Kustos@xxxxxxxxxxxxxxxx>
- Subject: Re: [InetBib] Fwd: Podcasts on Stoic philosophy (Marcus Aurelius) and Pre-Socratic philosophy (Empedocles)
Liebe Frau Kubota,
ich habe einen (leicht gemeinen, nur rhetorisch an Sie persönlich gerichteten,
da ich Sie persönlich gar nicht kenne) Vorschlag: bewerben -Sie sich doch auf
einen dieser Beauftragtenposten in Bewerbungsverfahren und
Berufungskommissionen. Da können Sie jetzt die Anwärter für eine Professur der
Physik genauso wie der Philosophie darauf hin unter Lumpe nehmen, ob sie die
Kompetenzen nachweisen, die für unausweichlich gelten. Und es ist völlig
wurscht, ob die was mit Physik oder Philosophie zu tun haben ... Und niemand
wird je dafür belangt, daran vorbei findet Forschung möglicherweise ja nicht
mehr statt?
Übrigens häufig gut bezahlt und unbefristet. In keinem Land wird dermaßen Geld
in die Umwebung von Wissenschaft mit solchen Steuerungssystemen gepumpt wie bei
uns. Möglicherweise um das Geld genau da zu sparen, wo es hin gehört. Man hat
ja dann etwas getan, nicht wahr. Das funktioniert wie die Textbausteine bei
Ebay oder Amazon oder wie bei Callcentern, die als plakative Hilfestellung
fallbezogene Anfragen verhindern sollen.
Ich würde mir in der Tat auch eine bessere Dotierung von Wissenschaft wünschen,
tja. Infrastruktur stellt nämlich von selber gleich, bietet wissenschaftliche
Räume. Dazu gehört auch eine ausreichende Ausstattung der
Informationsinfrastruktur, deren Unterhaltung der Politik immer lästiger zu
sein scheint. Wenn Wissenschaftler/innen ins Ausland gehen, fände ich das gar
nicht schlecht. Vielleicht erinnert sich die Politik dann an ihre eigentliche
Aufgabe. Denn dann wird das medial offenbar. Nur dann ändert sie sich, wenn
plötzlich ZAHLEN zu sehen sind, sollten sie denn erhoben werden. Vielleicht
stellt man dann Wissenschaftler ordentlich bezahlt ein.
Gruß
-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: Inetbib [mailto:inetbib-bounces@xxxxxxxxxxxxxxxxxx] Im Auftrag von Naomi
Kubota
Gesendet: Dienstag, 30. Juli 2013 09:15
An: Internet in Bibliotheken
Betreff: Re: [InetBib] Fwd: Podcasts on Stoic philosophy (Marcus Aurelius) and
Pre-Socratic philosophy (Empedocles)
Sehr geehrter Herr Umstätter,
ich gebe zu, daß ich mich in Fragen der Kosten und ökonomischen Vertwertbarkeit
von Teilchenbeschleunigern etwas zurückhalten sollte und will auch gar keine
Tunnel zwischen Kreuzberg und Charlottenburg graben, die eventuell als illegale
Schmuggelroute sowieso geschlossen werden würden. Grenzstreitigkeiten zwischen
Kreuzberg und Charlottenburg sind zumindest hier in Berlin bereits legendär,
ich werde bei Besuchen in Charlottenburg, das ich zugegebenermaßen manchmal
gegen jede Loyalität betrete, manchmal gefragt, wie ich es denn geschafft habe,
aus dem Ausland bis nach Charlottenburg zu kommen. Ich sage dann im Regelfall,
daß das auch für uns Kreuzberger ab dem dritten universitären Diplom
prinzipiell nicht ganz unmöglich ist.
Abgesehen von Teilchenbeschleunigern sind jedoch mit großer Wahrscheinlichkeit
die Kosten des Unterhalts und Betriebs von Laboren, die für jedes Studium der
Physik Pflichtprogramm sind, ebenso wie die Anschaffung entsprechender Geräte,
deutlich teurer als alles, was PhilosophInnen jemals auch nur beantragen
würden. Auf universitärem Niveau reichen neben den Büchern ein Laptop pro
StudentIn oder DozentIn, der auch bereits sehr betagt sein kann, da
Textverarbeitung (und Internet) wirklich nicht viel Rechenleistung verlangt.
Allerdings wäre durchaus mein Votum, die Beamtenbesoldungsdifferenz zwischen
Ost und West einmal neu zu überdenken, zumindest hier in Berlin ist es einfach
absurd, daß MitarbeiterInnen der HU weniger verdienen als MitarbeiterInnen der
FU und TU. Daß in Duisburg und Salzgitter mehr verdient wird als in Halle sehe
ich auch nicht ein. Aber dieses Thema wird wohl frühestens nach der
Bundestagswahl sinnvollerweise thematisch werden können, zumindest denke ich
nicht, daß die Bundesregierung jetzt darüber debattieren geschweige denn
rechtskräftig beschließen möchte.
Was Ost-West-Beziehungen betrifft wird hier in Berlin übrigens auch eine
wichtige Tradition gepflegt: Die beiden zwangsvereinigten Bezirke Kreuzberg und
Friedrichshain treffen sich einmal im Jahr an der Oberbaum-Brücke, um eine
Schlacht zu schlagen. Erlaubt sind allerdings nur Bio-Waffen:
Bio-Eier, Bio-Mehl, Bio-Tomaten, Bio-Auberginen. Die materielle Verschwendung
bei dieser Kriegsführung ist dabei noch nicht von VolkswirtschaftlerInnen
berechnet worden, zumindest, soweit ich das weiß.
Die Schneeballschlachten derselben Parteien im Winter im Görlitzer Park sind im
Vergleich dazu kostengünstig (Facebook-NutzerInnen zwischen 20 und
30 Jahren haben keine Mehrkosten dadurch), auch wenn ich nicht weiß, wer die
Riesen-Techno-Boxen, die das Ganze bedröhnen, herbeischafft und den Strom dafür
bezahlt. Aber nicht nur aus Kreuzberger Lokalpatriotismus heraus ist und bleibt
klar: Kreuzberg gewinnt immer. Dies ist zumindest die Unsrige
Geschichtsschreibung, die empirisch gut belegt werden kann.
Entscheidungen der Weltpolitik gehen schließlich immer zum eigenen Vorteil aus.
Ein Witz, den ich sehr gerne erzähle, auch wenn ich als Philosophin dann mich
selbst kritisiere, geht wie folgt:
Was ist der Unterschied zwischen MathematikerInnen und PhilosophInnen?
Ganz einfach:
Ein Mathematiker braucht für seine Arbeit: Papier, Bleistift, Mülleimer.
Ein Philosoph braucht für seine Arbeit: Papier, Bleistift.
Insofern ist selbst die Mathematik teurer, auch wenn die Anschaffungskosten von
Mülleimern aufgrund der langen Haltbarkeit eher gering sein dürften, auf den
20-Jahres-Plan gerechnet. Was Archivierungskosten von Papier in der Philosophie
betrifft, darüber schweige ich lieber.
Um noch etwas zu der Sonntagsdebatte zu sagen: Ich jedenfalls habe bisher noch
nicht im Akademischen Senat den Antrag gestellt, daß wegen der Rücksichtnahme
auf den Kirchgang von Theologie-ProfessorInnen grundsätzlich am Sonntagmorgen
in meiner Universität keine Konferenzen und Vorträge stattfinden sollen. Auch
wenn die universitätsinterne kirchenrechtliche Debatte sicherlich viel zur
Allgemeinbildung beitragen würde, überlasse ich diese Frage kircheninternen
Diskussionsforen, und es ist mir einfach schnurz, wenn ich bezeugen kann, daß
an einem bestimmten Sonntagmorgen ein Theologie-Professor einen Vortrag auf
einer öffentlich angekündigten Konferenz hielt oder gar seinen Mitarbeiter
telefonisch malträtiert hat.
Mit freundlichen Grüßen
Naomi Anne Kubota
Am 29. Juli 2013 10:10 schrieb h0228kdm <h0228kdm@xxxxxxxxxxxxxxxx>:
Sehr geehrte Frau Kubota,
zunächst habe ich Zweifel daran, dass "PhilosophInnen" "Im
marktwirtschaftlichen Wettbewerb" "viel, viel billiger" als
"PhysikerInnen" sind, zumal mir nicht bekannt ist, dass beispielsweise
bei TV-L Entgeltgruppe 13 zwischen Physik und Philosophie unterschieden wird.
Hinzu kommt, dass es in der Marktwirtschaft nicht nur wichtig ist was
bei der Finanzierung billig ist, sondern auch darauf, was an
(geistigem) Gewinn dabei erzielt werden kann. Ich habe Sie zwar sicher
richtig verstanden, dass Sie durch Ihren Hinweis auf den "Bereich der
Teilchenbeschleunigung" deutlich machen wollen, dass Sie den
finanziellen Aufwand und insbesondere den Gewinn dort noch nicht ganz
nachvollziehen können. Dafür habe ich auch großes Verständnis, da Sie
damit in der Gesamtbevölkerung sicher nicht allein sind. Ich würde
aber dringend davor warnen, etwas was man noch nicht versteht, der
Philosophie gegenüber gleich als minerweritg anzusehen. Es kann auch
einfach nur daran liegen, dass man sich damit erst genauer
beschäftigen muss, auch wenn das einiges an Zeit erfordert, bis man dazu
fundiertes zu Papier bringen kann.
Auch wenn jeder normale Mensch berechtigt glaubt zu wissen, was eine
Masse von 5 Kg ist, wenn er einen entsprechenden Wassereimer tragen
musste, so ist es schon eine recht fundamentale (auch philosophisch
wichtige) Frage, wie sich Massen aus Raum und Zeit ergeben, und dass
Masse nur eine spezielle Energieform ist. (Immerhin ging es bei CERN
um die Higgs-Bosonen und bei den Teilchenbeschleunigern dieser Welt um
die Atomenergie.)
Ich entsinne mich, wie mich mal Geisteswissenschaftler massiv
angegriffen haben, weil sie einen Aufsatz von mir über die
Halbwertzseit der Literatur gelesen hatten, und mir klar machen
wollten, dass das nur für Naturwissenschaften gelten könne, weil in
der Philosophie Plato beispielsweise nie veraltet. Als ich ihnen dann
vorgerechnet habe, dass das bedeuten würde, dass Fachreferenten der
Philosophie weniger Erwerbungsetat brauchten, wurden sie sehr viel
Vorsichtiger in ihrer Argumentation. In Wirklichkeit wäre es natürlich
ein "Fehlweg", wenn sich Philosophen nicht grundsätzlich auf den
neusten Stand des heutigen Wissen, und damit der heutigen Philosophie,
bringen könnten. Die allgemeine Interdisziplinarität der Wissenschaft,
die man im Bradford`s Law of Scattering sehr schön beobachten kann, gebietet
dies.
MfG
Walther Umstätter
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