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Re: [InetBib] Gerichtsurteil zur Beschaffung von Literatur als Verbrauchsmaterial gesucht
- Date: Tue, 04 Dec 2012 11:22:08 +0100
- From: Dietrich Pannier <dietrich.pannier@xxxxxx>
- Subject: Re: [InetBib] Gerichtsurteil zur Beschaffung von Literatur als Verbrauchsmaterial gesucht
Lieber Herr Möbius,
Herr Steinhauer hat sich ja schon deutlich zum Thema geäußert. Man kann
ihm nur zustimmen und Ihnen bzw. der Bibliotheksleitung sowie der
Leitung der FH feste Haltung im Widerstand wünschen.
Wir werden öfter ja mit Gerüchten über Gerichtsurteile überzogen, die
wir so gerne hätten, aber leider nicht kennen ("da müßte es doch", "da
habe ich mal gehört"). Vielleicht befragen Sie also den Kollegen noch
einmal, an welche Einzelheiten er sich tatsächlich erinnert, soll der
Fall in NRW oder woanders gewesen sein?
Wenn das alles nicht hilft, hier ein wenig praktische Überlegung und
ergänzender Hinweis:
In den Geltungsbereich des Hochschulgesetzes NRW 2011
Gesetz über die Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen
(Hochschulgesetz – HG)
https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_bes_text?anw_nr=2&gld_nr=2&ugl_nr=221&bes_id=9796&aufgehoben=N&menu=1&sg=#det257707
fällt auch die FH Düsseldorf, s. § 1 Abs. 2 2. Abschn. Ziff. 6
----------------------
§ 29 des HG NRW besagt
Wissenschaftliche Einrichtungen und Betriebseinheiten;
Bibliotheksgebühren; Einrichtungen an der Hochschule
...
(3) Der Leitung einer wissenschaftlichen Einrichtung müssen mehrheitlich
an ihr tätige Vertreterinnen oder Vertreter der Gruppe der
Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer angehören. Die
wissenschaftlichen Einrichtungen und Betriebseinheiten entscheiden über
den Einsatz ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, soweit sie nicht
einer Hochschullehrerin oder einem Hochschullehrer zugeordnet sind, und
über die Verwendung der ihnen zugewiesenen Mittel.
----------------------
Es sind also nicht die Hochschullehrer, die über die Mittelverwendung
der Hochschulbibliotheken zu befinden haben, sondern die
Bibliotheksleiter im Rahmen des Auftrags der Bibliothek. Da dürfte die
jeweilige Grundordnung vielleicht etwas zu sagen.
Verbrauchsmaterial ist den Sachmitteln zuzurechnen. Sachmittel sollten
den Lehrstühlen bzw. Hochschullehrern zugewiesen sein. Es besteht kein
Anlass, die Bibliotheken als ergänzenden Sachmittelbereich der
Lehrstühle bzw. Hochschullehrer anzusehen. Das würde bedeuten, die
Bibliotheken würden als Ausweg für schlechte Eigenmittelbewirtschaftung
genutzt werden können (Bin ich pleite, lass ich andere bluten).
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Die Hochschullehrer haben ohnehin nur einen Anspruch auf Teilhabe an den
verfügbaren Mitteln (auch Sachmitteln):
http://www.landesrecht-bw.de/jportal/?quelle=jlink&docid=MWRE109048215&psml=bsbawueprod.psml&max=true&doc.part=L&doc.norm=all
Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg 9. Senat
Entscheidungsdatum: 19.10.1982
Aktenzeichen: 9 S 1826/81
Dokumenttyp: Urteil
Quelle: juris Logo
Normen: Art 5 Abs 3 S 1 GG, § 20 Abs 2 Nr 3 UniG BW
Recht des Hochschullehrers auf angemessene Beteiligung bei der
Verteilung von Globalmitteln
Leitsatz
1. Aus dem aus GG Art 5 Abs 3 S 1 folgenden Recht des Hochschullehrers
auf angemessene Berücksichtigung bei der Verteilung der
haushaltsrechtlich zur Verfügung stehenden Mittel (BVerwGE 52, 339ff)
ergibt sich kein Anspruch auf Festlegung bestimmter Kriterien, nach
denen sich die Vergabe von Globalmitteln (für Gastvorträge,
Gastprofessuren, Druckkostenzuschüsse und Reisen) an die
Lehrstuhlinhaber eines bestimmten Instituts zu richten habe.
Verfahrensgang ausblendenVerfahrensgang
vorgehend VG Karlsruhe, 12. August 1981, Az: 7 K 48/81
nachgehend BVerwG, 7. Februar 1983, Az: 7 B 5/83, Beschluss
Rechtsprechung
Vergleiche BVerwG, 22. April 1977, Az: VII C 49.74
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Diese Entscheidung des BVerwG vom 22. April 1977, Az: VII C 49.74 findet
sich frei im Internet nicht.
Sie ist vermutlich in Juris zu finden, aber auch in Beck-online
verfügbar, hier ein kurzes Zitat:
----------------------
Kein Anspruch des Hochschullehrers auf Gewährung einer Grundausstattung
aus Art. 5 III 1 GG
GG Art. GG Artikel 3 I, GG Artikel 5 III GG Artikel 1, GG Artikel 20 I;
HochSchRG §§ HOCHSCHRG § 3 HOCHSCHRG § 3 Absatz I, HOCHSCHRG § 3 Absatz
II, HOCHSCHRG § 3 Absatz III, HOCHSCHRG § 72 I
1. Aus Art. 5 III 1 GG in Verbindung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz
folgt ein Recht des Hochschullehrers auf angemessene Berücksichtigung
bei der Verteilung der vom Staat zur Verfügung gestellten Mittel, nicht
dagegen ein allein am Bedarf des Hochschullehrers orientierter Anspruch
auf eine Grundausstattung.
2. Art. 5 III 1 GG schließt nicht aus, den Umfang des Teilhaberechts von
dem Fach oder Fachgebiet des Hochschullehrers her zu bestimmen, läßt für
die Mittelverteilung grundsätzlich auch die Festlegung eines Fachgebiets
nach der Forschungsmethode zu und gebietet nicht, daß die vorhandenen
Mittel dem einzelnen Hochschullehrer zur alleinigen Verfügung stehen.
BVerwG, Urteil vom 22. 4. 1977 - VII C 49/74 (Münster)
...
2. Aus den Gründen
...
d) Auch soweit das BerGer. davon ausgeht, daß die vorhandenen Mittel
nicht dem einzelnen Hochschullehrer zur alleinigen Verfügung stehen
müssen, verletzt das angefochtene Urteil Art. 5 III 1 GG nicht. Die
Selbstbestimmung des einzelnen Grundrechtsträgers (Freiheit von
staatlicher Bestimmung), von der das BVerfG an den vom Kl. in Bezug
genommenen Stellen spricht (vgl. BVerfGE 35, BVERFGE Jahr 35 Seite 79
[BVERFGE Jahr 35 Seite 113, BVERFGE Jahr 35 Seite 115] = NJW 1973, NJW
Jahr 1973 Seite 1176), betrifft nur den Kernbereich, also den geistigen
Freiraum (vgl. BVerfGE 35, BVERFGE Jahr 35 Seite 79 [BVERFGE Jahr 35
Seite 112 f.] = NJW 1973, NJW Jahr 1973 Seite 1176), und besagt damit
nichts darüber, in welcher Weise die Mittel für die wissenschaftliche
Tätigkeit des einzelnen Hochschullehrers zur Verfügung gestellt werden
müssen. Die vom BVerfG gebilligte Abkehr von der Ordinarienuniversität
zeigt dies ganz deutlich. Auch aus den Ausführungen des BVerfG in dem
Urteil vom 8. 2. 1977 (NJW 1977, NJW Jahr 1977 Seite 1049, NJW Jahr 1977
Seite 1051 f.) ergibt sich, daß das BerGer., soweit es ein
Alleinverfügungsrecht verneint - insbesondere bei den finanziellen
Mitteln - Art. 5 III 1 GG nicht verletzt.
3. Ob das BerGer. einen Grundausstattungsanspruch des beamteten
Hochschullehrers zu Recht aus dem Beamtenrecht hergeleitet hat, kann
dahinstehen. Bekl., Oberbundesanwalt und Vertreter des öffentlichen
Interesses verneinen einen solchen beamtenrechtlichen Anspruch mit guten
Gründen. Sollten sich aus dem Beamtenrecht Ansprüche des
Hochschullehrers auf die zur Amtsausübung notwendigen Mittel ergeben, so
könnten diese jedoch nicht über das hinausgehen, was für den beamteten
Wissenschaftler unmittelbar aus Art. 5 III 1 GG folgt. Der Kl. bezieht
sich nicht nur zur Begründung, sondern auch für den Umfang seines
Grundausstattungsanspruchs auf Art. 5 III 1 GG. Auch ein
beamtenrechtlicher Anspruch in dem vom Kl. geltend gemachten Umfang kann
nur aus Art. 5 III 1 GG gerechtfertigt werden. Des wegen kann auch aus
dem beamtenrechtlichen Status des Hochschullehrers nur eine
Teilhabeberechtigung und nicht mehr folgen, wie zu Art. 5 III 1 GG oben
dargelegt wurde. Daß Art. 5 III 1 GG - und nicht das Beamtenrecht - die
maßgebliche Bestimmung enthält, nimmt in ähnlichem Zusammenhang auch das
BVerfG an (vgl. BVerfGE 35, BVERFGE Jahr 35 Seite 79 [BVERFGE Jahr 35
Seite 146 f.] = NJW 1973, NJW Jahr 1973 Seite 1176). Schuster (aaO, S.
46 f. bzw. S. 54 f.) und ihm folgend der Kl. sind der gleichen Ansicht …
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Daraus folgt für mich: Wer keinen bzw. einen im Ergebnis eingeschränkten
Anspruch auf eigene Grundausstattung hat, kann sich solche nicht zu
Lasten der fremden Mittel der Bibliothek ergattern. Man kann das mal
versuchen, aber über Haushaltsuntreue und Drangsalierung (um keine
weiteren strafrechtlichen Begriffe zu verwenden) wollten wir uns ja hier
nicht unterhalten.
Ich teile das P.S. von Herrn Steinhauer.
Juristen verwenden gerne generalisierende Begriffe. Es ist also eher
unwahrscheinlich, dass man im Heuhaufen der Entscheidungen die Wörter
"Bibliotheksetat" und "Hochschullehrer" in einem Dokument findet. Mit
der einfachen haushaltsrechtlichen Argumentation können Sie solche
Wörter auch entbehren.
Dietrich Pannier
Am 04.12.2012 10:07, schrieb Eric Steinhauer:
Lieber Herr Möbius,
papierenes Material zum Verbrauch zu beschaffen, ist an Hochschulen in
den meisten Fääen unproblematisch. Man denke nur an Klopapier.
Allerdings käme auch niemand auf die Idee, die Beschaffung von
Klopapier, mag es auch bedruckt sein, über den Literaturetat
abzuwickeln. Vermutlich ist das Ihr Problem.
Bei den infrage stehenden Büchern gibt es zwei Problemkreise, die ich
auseinanderhalten möchte:
1. Ist das eine Aufgabe der Bibliothek?
2. Kann der Hochschuletat für solche Beschaffungen verwendet werden?
zu 1: Für mich ist das kein Bibliotheksthema. Wenn Literatur in dieser
Art verwendet wird, dann wird sie nicht bibliothekstypisch beschafft,
was zB bedeutet, dass für reine Verbrauchsliteratur KEIN
Bibliotheksrabatt nach dem Buchpreisbindungsgesetz gewährt werden
darf. (Ich sehe die Kollegen vom Börsenverein, die mitlesen,
zustimmend nicken ... :) )
zu 2: Soweit tatsächlich dienstlich mit den Materialien gearbeitet
wird, scheint eine Beschaffung aus Sachmitteln unproblematisch.
Alternativ könnte der Hochschullehrer ja das Buch kopieren (ist nicht
immer legal ...), was hohe Personalkosten versursacht und dann die
Kopien (die aus Sachmitteln bezahlt werden) bearbeiten etc etc. Die
Anschaffung eines Buches zur Bearbeitung dürfte unter diesem
Gesichtspunkt sogar wirtschaftlich sein (Auch hier werden die Kollegen
vom Börsenverein heftig zustimmend nicken: "Sagen wir doch immer: Kauf
bzw. Vertrag vor Schranke!").
Soweit es um die Zestörung des Buches durch Zerschneiden und
dergleichen geht, sehe ich daher kein Problem. Beschaffen sollte der
Hochschullehrer das Buch aber bitte selbst, so wie er auch seine
Büromaterialien wie Papier und Stifte kauft. Das ist nicht Aufgabe der
Bibliothek.
Soweit es darum geht, Literatur intensiv zu studieren und mit
Anmerkungen zu versehen, stellt sich aber grundsätzlich die Frage,
warum der Hochschullehrer sich solche Bücher nicht - übrigens
steuerlich vorteilhaft und wenn er fleißig ist uU noch mit
Autorenrabatt oder als Rezensions- bzw Prüfexemplar sogar umsonst -
selbst besorgt. Zudem gibt es hier noch ein kleines juristisches
Problem. Nach § 950 BGB kann nämlich - je nach den Umständen des
Einzelfalles - das Buch durch intensives Bearbeiten in das Eigentum
des Hochschullehrers übergehen!! Dass aus öffentlichen Mitteln aber
keine Geschenke geleistet werden, dürfte auf der Hand liegen.
Daraus ergibt sich:
Bücher, die man lesen und (!) dabei mit Anmerkungen versehen will,
kauft man selbst. Soweit es sich bloß um Teile des Buches handelt, die
man nutzen will, zahlt der Dienstherr das Buch (als Bibliotheksbuch!)
und die Kopien und die Stifte. Er ist auch damit einverstanden, dass
der Hochschullehrer die Kopien behalten darf (großzügig!). Damit steht
ihm ausreichendes Arbeitsmaterial zu.
Bücher die zerschnitten und in anderer Weise physisch zerstört werden
sollen, kann man als Sachmittel aus dem Sachmitteletat der Hochschule
kaufen, Bibliotheksrabatte dürfen hier NICHT gewährt werden.
Allerdings stellt sich hier die Frage nach der Sinnhaftigkeit, denn
für Nutzungen vor allem in der Lehre sind im Rahmen dessen, was das
Urheberrecht normalerweise gestattet, Kopien vollkommen ausreichend.
Generell scheint mir das doch ein Einzelproblem zu sein, dass von
"Prof. Wichtig" zu einem allgemeinen Problem aufgeblasen wird.
Überdies wird in NRW die W-Besoldung bald sprübar angehoben und
erreicht deutlich den Bereich von A15. Ich denke schon, dass man sich
mit diesem Geld dann das eine oder andere Fachbuch leisten kann;
Grundschullehrer und Studienräte tun das auch. :))
Viele Grüße
Eric Steinhauer
P.S.: Die von Ihnen genannte Gerichtsentscheidung ist mir nicht bekannt
--
http://www.inetbib.de
Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.