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Re: [InetBib] Gerichtsurteil zur Beschaffung von Literatur als Verbrauchsmaterial gesucht



Lieber Herr Möbius,

papierenes Material zum Verbrauch zu beschaffen, ist an Hochschulen in den meisten Fääen unproblematisch. Man denke nur an Klopapier. Allerdings käme auch niemand auf die Idee, die Beschaffung von Klopapier, mag es auch bedruckt sein, über den Literaturetat abzuwickeln. Vermutlich ist das Ihr Problem.

Bei den infrage stehenden Büchern gibt es zwei Problemkreise, die ich auseinanderhalten möchte:

1. Ist das eine Aufgabe der Bibliothek?

2. Kann der Hochschuletat für solche Beschaffungen verwendet werden?

zu 1: Für mich ist das kein Bibliotheksthema. Wenn Literatur in dieser Art verwendet wird, dann wird sie nicht bibliothekstypisch beschafft, was zB bedeutet, dass für reine Verbrauchsliteratur KEIN Bibliotheksrabatt nach dem Buchpreisbindungsgesetz gewährt werden darf. (Ich sehe die Kollegen vom Börsenverein, die mitlesen, zustimmend nicken ... :) )

zu 2: Soweit tatsächlich dienstlich mit den Materialien gearbeitet wird, scheint eine Beschaffung aus Sachmitteln unproblematisch. Alternativ könnte der Hochschullehrer ja das Buch kopieren (ist nicht immer legal ...), was hohe Personalkosten versursacht und dann die Kopien (die aus Sachmitteln bezahlt werden) bearbeiten etc etc. Die Anschaffung eines Buches zur Bearbeitung dürfte unter diesem Gesichtspunkt sogar wirtschaftlich sein (Auch hier werden die Kollegen vom Börsenverein heftig zustimmend nicken: "Sagen wir doch immer: Kauf bzw. Vertrag vor Schranke!").

Soweit es um die Zestörung des Buches durch Zerschneiden und dergleichen geht, sehe ich daher kein Problem. Beschaffen sollte der Hochschullehrer das Buch aber bitte selbst, so wie er auch seine Büromaterialien wie Papier und Stifte kauft. Das ist nicht Aufgabe der Bibliothek.

Soweit es darum geht, Literatur intensiv zu studieren und mit Anmerkungen zu versehen, stellt sich aber grundsätzlich die Frage, warum der Hochschullehrer sich solche Bücher nicht - übrigens steuerlich vorteilhaft und wenn er fleißig ist uU noch mit Autorenrabatt oder als Rezensions- bzw Prüfexemplar sogar umsonst - selbst besorgt. Zudem gibt es hier noch ein kleines juristisches Problem. Nach § 950 BGB kann nämlich - je nach den Umständen des Einzelfalles - das Buch durch intensives Bearbeiten in das Eigentum des Hochschullehrers übergehen!! Dass aus öffentlichen Mitteln aber keine Geschenke geleistet werden, dürfte auf der Hand liegen.

Daraus ergibt sich:

Bücher, die man lesen und (!) dabei mit Anmerkungen versehen will, kauft man selbst. Soweit es sich bloß um Teile des Buches handelt, die man nutzen will, zahlt der Dienstherr das Buch (als Bibliotheksbuch!) und die Kopien und die Stifte. Er ist auch damit einverstanden, dass der Hochschullehrer die Kopien behalten darf (großzügig!). Damit steht ihm ausreichendes Arbeitsmaterial zu.

Bücher die zerschnitten und in anderer Weise physisch zerstört werden sollen, kann man als Sachmittel aus dem Sachmitteletat der Hochschule kaufen, Bibliotheksrabatte dürfen hier NICHT gewährt werden. Allerdings stellt sich hier die Frage nach der Sinnhaftigkeit, denn für Nutzungen vor allem in der Lehre sind im Rahmen dessen, was das Urheberrecht normalerweise gestattet, Kopien vollkommen ausreichend.

Generell scheint mir das doch ein Einzelproblem zu sein, dass von "Prof. Wichtig" zu einem allgemeinen Problem aufgeblasen wird. Überdies wird in NRW die W-Besoldung bald sprübar angehoben und erreicht deutlich den Bereich von A15. Ich denke schon, dass man sich mit diesem Geld dann das eine oder andere Fachbuch leisten kann; Grundschullehrer und Studienräte tun das auch. :))

Viele Grüße
Eric Steinhauer

P.S.: Die von Ihnen genannte Gerichtsentscheidung ist mir nicht bekannt.


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Dr. Eric W. Steinhauer
Dezernent für Medienbearbeitung
Fachreferent für Allgemeines, Rechts-, Staats- und Politikwissenschaft
Fernuniversität in Hagen - Universitätsbibliothek
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Tel: 02331 / 987 - 2890
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