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AW: [InetBib] Klartext: Suppenküche Öffentliche Bibliothek
- Date: Thu, 11 Oct 2012 14:29:08 +0000
- From: Annette Kustos <Annette.Kustos@xxxxxxxxxxxxxxxx>
- Subject: AW: [InetBib] Klartext: Suppenküche Öffentliche Bibliothek
Lieber Herr Dr. Steinhauer,
neben der "Suppenküchenproblematik" weist dieses Statement noch einige andere
Verzerrungen auf:
Hier verschweigt man zunächst, dass man die Bibliotheken gerne als
Vertriebshilfe nutzt. Ich bin überzeugt, dass das Auffinden von Titeln über
Bibliothekssysteme zumindest im Kontext Wissenschaft stark zur Nachfrage von
gedruckten oder elektronischen Titeln bei den Verlagen führt, weil die echte
Lernsituation einfach informationelle Bedürfnisse kreiert. Hohe Nutzungszahlen
von über Pakete oder per Subskription erworbenen Titeln zeigen auch an, was
wir vielleicht doch noch gedruckt kaufen und liefern solche Informationen auch
an die Verleger. Auch die PDA-Modelle, die ich ganz gut finde, sind nicht
verlagsselbstlos, sondern ein Supervertriebsmodell mit viel Marktinformation.
Ausschnitthafte Nutzungsmöglichkeiten in Verbindung mit leicht auffindbaren
hohen Titelmengen setzten beim Nutzer den Reiz, etwas "ganz" zu erwerben.
Eigentlich sollten wir eine Dienstleistungsgebühr für Verlage erheben, statt
welche zu zahlen. (kleiner Ketzerwitz)
Hochinteressant ist auch die Darstellung der Phänomene "Vergangenheit,
Gegenwart und Zukunft":
Den Verlagen erwüchse nun "Konkurrenz" zur kostenpflichtigen Ausleihe von
E-Books durch die kostenfreie über Bibliotheken. Wir Bibliotheken sind aber
auch wirklich ganz, ganz fiese Schlimmfinger und Landschnorrer.... und sind
damit auch am Niedergang der armen Buchhandlung von nebenan schuld, ja, genau
WIR sind das... und wir haben uns einfach getraut, Bildung, Kultur und
Wissenschaft durch Qualitätsauswahl, Suchraumbildung und Erschließung zu
unterstützen, statt nur Arme zu versorgen, die hiermit in der Tat zu
Betreuungsobjekt degradiert werden und nicht Menschen sind, die etwas wissen,
lernen oder erfahren möchten.
Erwächst da nicht vielleicht eine kostenpflichtige Konkurrenz zum kostenlosen
Angebot der Bibliotheken? Und man hätte gerne dafür gesorgt, dass
Gemeinschaftssysteme hoher Qualität hier nicht im Wege stehen? - die teilweise
grausigen Geschäftspraktiken beim E-Book-Vertrieb gegenüber Bibliotheken tun
dafür ja auch schon einiges...
Einen schönen Feierabend wünscht
Annette Kustos, M.A., M.A.-LIS
Leitung Hochschulbibliothek
Hochschule für Gesundheit
University of Applied Sciences
Universitätsstraße 105
44789 Bochum
Tel: +49 (0)234/77727-150
Mobil:
E-Mail: annette.kustos@xxxxxxxxxxxxxxxx
Web: www.hs-gesundheit.de
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-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: inetbib-bounces@xxxxxxxxxxxxxxxxxx
[mailto:inetbib-bounces@xxxxxxxxxxxxxxxxxx] Im Auftrag von Eric Steinhauer
Gesendet: Donnerstag, 11. Oktober 2012 15:27
An: Internet in Bibliotheken
Betreff: [InetBib] Klartext: Suppenküche Öffentliche Bibliothek
Liebe Liste,
in einer Pressemitteilung auf börsenblatt.net, in der ein neues Geschäftsmodell
für die Direkt-Ausleihe von eBooks über Verlage bzw.
Verwerter direkt an Leser vorgestellt wird, spricht Herr Ulmer vom Börsenverein
bemerkenswerten Klartext:
"Längst sprächen die Bibliotheken nicht mehr ihre ursprüngliche, eher
einkommensschwache Zielgruppe an, sondern einen wesentlich größeren
Nutzerkreis."
Quelle: http://www.boersenblatt.net/552865/
Öffentliche Bibliotheken sind also für sozialschwache Bevölkerungskreise da.
Wer den hermeneutischen Schlüssel für die Unterfinanzierung von Bibliotheken im
Vergleich zur so genannten Hochkultur sucht, hier ist er. Bibliotheken sind
nicht Bildungs- oder Kultureinrichtungen, wie man immer denkt, sondern
ressortieren offenbar bei der Armenfürsorge. Da die Sozialbudgets bekanntlich
die größten sind, sind das doch tolle Aussichten.
Außerdem können sich interessante neue Kooperationsmöglichkeiten mit dem
Buchhandel ergeben, denn die örtliche "Büchertafel" nimmt sicher gerne
Ladenhüter und Remittenden, die die Besserverdienenden nicht haben wollen, in
ihren Bestand auf. Geschenkt, versteht sich. :)
Viele Grüße
Eric Steinhauer
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