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Re: [InetBib] Inetbib Nachrichtensammlung, Band 2271, Eintrag 1 8. Re: Gedruckte Lehrbuecher (Christoph Deeg)



Am 28.08.2012 09:55, schrieb Marion.Weiss@xxxxxxxxxx:

Liebe Frau Weiß,

ich denke, wir müssen zwei Dimensionen der Diskussion unterscheiden.
1. Die vertikale - Buch ist heute der Oberbegriff von verschiedenen 
Buchformen
2. Die horizontale - Diese verschiedenen Buchformen, wie eBook, 
eText(book), digitalisertes Buch im PDF-Format,
im ASCII-Format, im XML-Format, auf dem iPAD auf dem Kindle gelesen 
etc.
haben alle ihre Vor- und Nachteile, die gerade wir, wie Sie richtig 
bemrken, als Biblothekare möglichst genau kennen sollten.

Darum gilt weiterhin der Satz: "Unter Umständen kann die Entscheidung 
zur Anschaffung von papiergebundenen
Publikationen aus benutzerorientierten Gründen noch immer zwingend 
sein. Bei parallelen Angeboten sowohl
als Print- als auch als Digital-Ausgabe kann es durchaus sinnvoll sein, 
beide Formen zu erwerben,
da beide gewisse Vorzüge haben, die nicht selten unverzichtbar sind." 
(Lehrbuch des Bibliotheksmanagements S. 86)

Wenn Sie schreiben:
"Bücher bedeuten Privatsphäre und Unabhängigkeit - von technical 
devices und von
findigen Datensammlern. So bleibt auch ein gekauftes eBook treu mit 
seiner Herkunft verbunden:"
vermute ich, dass Sie mit "Bücher" hier wieder nur gedruckte Bücher 
meinen. Abgesehen davon,
dass wir auch dort noch Lehrbücher, Belletristik, Nachschlagewerke ... 
unterscheiden müssen.
Bezüglich der Aussagen von ALEXANDRA ALTER in Ihrem Link ist zu 
ergänzen, dass Bibliotheken
natürlich schon seit langem das Leserverhalten untersucht haben, dass 
es aber im Online-Bereich immer
detaillierter und zuverlässiger möglich wird. Gerade darum muss davor 
gewarnt werden, aus dieser Zuverlässigkeit
heraus zu glauben, dass das alles auch aussagekräftig ist. Im Moment 
beobachten wir darum bei immer mehr
Bestsellern dass ihre Autoren den Lesern sozusagen das liefern, was 
sich am besten verkaufen lässt.
Bei den klassischen Groschenromanen lief das auch nicht anders. Früher 
nannte man das Schund.

Ich bin also völlig Ihrer Meinung, dass eine zentrale Aufgabe der 
Bibliotheken sein muss,
"mediale Unterschiede fundiert zu kennen", dabei muss allerdings auch 
die Hierarchie klar sein.
Im Oberbegriff Buch sind logischerweise all die Unterbegriffe "pauschal 
gleich zu setzen".

Bibliothekarisch wichtig ist noch die Einschränkung, dass wir uns nur 
für Bücher als Publikationsform
interessieren, um Bibliotheken von Archiven, Geheimdokumentationen, 
Sekretariaten etc.,
die auch Bücher haben, abzugrenzen.

MfG

Walther Umstätter


Liebe Liste,
Christoph Deeg schrieb:
"1. Die Akzeptanz, dass es sich bei gedruckten Büchern, eBooks, PDFs 
(sind
keine eBooks), Apps, Blogs, Wikis, Twitter-Accounts etc. um absolut
gleichwertige Medienformen handelt. Weder ein gedrucktes Buch noch 
ein
eBook ist besser oder schlechter.

2. Für Bibliotheken bedeutet dies, dass immer mehr Inhalte nicht mehr 
in
der Bibliothek verortet werden können. Viele Inhalte stehen frei im 
Netz
zur Verfügung oder aber sie sind in geschlossenen Systemen wie z.B. 
einem
App-Store vorhanden."
___________

Das Bedürfnis, nur wenige Jahre existierende, auf Kürze und
Geschwindigkeit ausgelegte Kommunikationsformen mit dem Medium "Buch"
gleichzustellen, das sich schon das eine oder andere Jahrtausend 
bewährt
hat, ist völlig verständlich. Ignoriert werden dabei leider die 
höchst
unterschiedliche Wirkweisen der unterschiedlichen Medienformen und 
ihre
Auswirkungen auf menschliches Denken, Kommunizieren und Handeln. So
unterschiedlich wie diese sind denn auch die Einsatzgebiete der
verschiedenen Formen - und noch einmal unterschiedlich die Resultate. 
Die
gedankliche Tiefe von 140 Zeichen ist und bleibt zwangsläufig 
begrenzt.
Ein weiterer zentraler Punkt wird ebenfalls gern vergessen: Bücher
bedeuten Privatsphäre und Unabhängigkeit - von technical devices und 
von
findigen Datensammlern. So bleibt auch ein gekauftes eBook treu mit 
seiner
Herkunft verbunden:

http://www.wallstreetjournal.de/article/SB10001424052702304299704577500551379071904.html
Aus der Praxis: Ich erlebe mediale Unkenntnis trotz exzessiver 
Nutzung
regelmäßig bei Schulungen - bei Jugendlichen, die nicht fähig oder 
willens
sind, gedanklich in die Tiefe zu gehen. Sie kennen Dutzende Dienste 
und
sind so ausgefüllt mit der virtuosen Bedienung derselben, dass 
gedankliche
Auseinandersetzung ihnen als Zumutung erscheint.
Eine zentrale Aufgabe der Bibliotheken muss es aus meiner Sicht 
deshalb
sein, mediale Unterschiede fundiert zu kennen anstatt sie pauschal 
gleich
zu setzen und sich Moden und Stimmungen gegenüber souverän zu zeigen. 
Ich
vermisse diese Reflexion.

Mit freundlichen Grüßen,
Marion Weiß

-- 
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