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Re: [InetBib] EU PSI Richtlinie zur Nutzung von Daten ausöffentlichenEinrichtungen
- Date: Mon, 09 Jul 2012 18:04:27 +0200
- From: "Klaus Graf" <klaus.graf@xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx>
- Subject: Re: [InetBib] EU PSI Richtlinie zur Nutzung von Daten ausöffentlichenEinrichtungen
On Mon, 09 Jul 2012 17:28:08 +0200
"Adrian Pohl" <pohl@xxxxxxxxxx> wrote:
Wenn Bibliothekar/innen sich allerdings für eine
Begrenzung des Zugangs
auf Digitalisate gemeinfreier Werke einsetzen, fühle ich
mich ein
weiteres Mal in der Annahme bestätigt, in der falschen
Profession
gelandet zu sein. Dachte ich doch einst naiverweise, dass
Bibliotheken
zum Ziel haben, möglichst vielen Menschen einen Zugang zu
einer
möglichst breiten Wissensbasis zu schaffen. Und dann
arbeiten sie
stetig daran, den Zugang zu Werken, die für jeden per
Gesetz frei
verwendbar sind, zu beschränken hier mit der Begründung,
dass sie sonst
"in Zusammenhängen benutzt würden, die ihrem ideellen
Wert widersprechen
würden". Bewirbt sich da jemand um einen Posten als
Zensor?
Abgesehen davon, dass ich keinerlei Rechtsgrundlage fuer
eine solche Kontrollfunktion der Bibliotheken sehen kann,
muss man sich in der Tat fragen, was ausgerechnet
Bibliothekare zu solchem Geschmacksrichtertum befaehigt.
De gustibus non est disputandum (ich uebersetz es gern,
falls jemand nicht googeln kann). Wenn die Abbildung einer
Leibnizhandschrift (nicht etwa das Original selbst!), also
ein durch die UNESCO geheiligtes quasi-sakrales Gut, auf
einer profanen (!) Keksdose landet, werden manche das
unschoen finden, andere wuerden sich darueber freuen, dass
historisches Kulturgut auch in der Massenkultur praesent
ist. Selbst bei "Mein Kampf" kaempft die Bayerische
Staatsregierung einen weitgehend vergeblichen Kampf: Sie
laesst zwar mit dem UrhG-Knueppel wissenschaftlich
kommentierte Auszuege verbieten (was aber ab 1.1.2016 auch
nicht mehr moeglich sein wird), waehrend im Internet
Archive Ausgaben frei einsehbar sind. Zur Netzfreiheit
gehoert auch, sich frei mit Historischem auseinandersetzen
zu koennen, ob kommerziell oder nicht-kommerziell.
Schranken ergeben sich ggf. durch das Strafrecht oder den
Jugendschutz, aber nicht durch bildungsbuergerliche
Obsessionen hinsichtlich der Wahrung eines "ideellen Werts"
von Bibliotheksgut.
Klaus Graf
--
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