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AW: [InetBib] Diebstahl (war: Neues vom Börsenverein in Sachen Urheberrecht und E-Books)
- Date: Fri, 2 Sep 2011 11:54:04 +0000
- From: Annette Kustos <Annette.Kustos@xxxxxxxxxxxxxxxx>
- Subject: AW: [InetBib] Diebstahl (war: Neues vom Börsenverein in Sachen Urheberrecht und E-Books)
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
eine schwierige Diskussion. Dass man nicht mehr durchblickt, ist doch Teil der
Strategie. Und Teil der Strategie dieser Studie ist doch, soviel Empörung zu
generieren, dass Entscheidungsträger dabei mitspielen, jegliche Nutzung in ein
Lizenzmodell zu setzen, weil der böse Nutzer nicht jedes Mal bezahlt hat, wenn
er etwas irgendwie benutzt. Es gibt doch bereits Verlage, die das eigentliche
Nutzen von Büchern, also es lesen, damit arbeiten schon bei einer bloßen
Öffnung per Mausklick beginnen lassen wollen und Bibliotheken sollen die
Zugriffe in dieser Form mit Lizenzgebühren bezahlen. Es geht darum, neben dem
Kauf von E-Books jeden irgendwie feststellbaren Umgang damit in eine
kostenpflichtige, teilweise zeitlich begrenzte Nutzungsform umzugestalten, bei
dem jedes Öffnen eines e-books per Mouse-Klick kostenpflichtig sein soll. Aus
einer solchen wirklich idiotischen Perspektive ist natürlich auch die Nutzung
z. B. in Google Books teilweise digitalisierter Werke angeblich eine illegale,
da ja unbezahlte Nutzung. Auch solche "Nutzung" war ja Bestandteil der Studien.
Dass durch diese ja auch anwerbende Teildigitalisierung häufig ein Kauf des
gedruckten Werkes folgt, wird übrigens verschwiegen. Man kann nur hoffen, dass
die Entscheidungsträger hier ein Mindestmaß von kritischer Intelligenz an den
Tag legen und die Einwände der Verbände aus Wissenschaft und Bibliothekswesen
nicht nur für "Lobbyarbeit" halten, auch so ein Plakativbegriff, der
Zusammenhänge um die Grundrechtsverwirklichung von Wissenschafts- und
Informationsfreiheit verdecken soll, um die sich der Staat übrigens eigentlich
zu kümmern hat und nicht um das Geschäftsmodell von Verlagen. Ich bin mal
gespannt, wann die Verlage dann anfangen, das Nutzungsmodell auf gedruckte
Bücher zu übertragen. :-)
Schönes Wochenende.
Annette Kustos, M.A., M.A.-LIS
Leitung Hochschulbibliothek
Hochschule für Gesundheit
University of Applied Sciences
Universitätsstraße 105
44789 Bochum
Tel: +49 (0)234/77727-150
Mobil:
E-Mail: annette.kustos@xxxxxxxxxxxxxxxx
Web: www.hs-gesundheit.de
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-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: inetbib-bounces@xxxxxxxxxxxxxxxxxx
[mailto:inetbib-bounces@xxxxxxxxxxxxxxxxxx] Im Auftrag von Dietrich Pannier
Gesendet: Donnerstag, 1. September 2011 23:58
An: Internet in Bibliotheken
Cc: Dietrich.Pannier@xxxxxxxxxxxxxx
Betreff: Re: [InetBib] Diebstahl (war: Neues vom Börsenverein in Sachen
Urheberrecht und E-Books)
Lieber Herr Umstaettter,
Am 31.08.2011 16:04, schrieb Walther Umstaetter:
Bezüglich der Feststellung:
"Laut Studie haben 42 Prozent aller E-Book-Downloader im vergangenen Jahr
durchschnittlich 18 E-Books aus dem Netz illegal heruntergeladen. Das
entspreche 14 Millionen Exemplaren und 62 Prozent aller heruntergeladenen
E-Books."
entsteht die eigentliche Frage, wieviele davon wieder verworfen wurden,
weil sie nichts oder nicht das brachten, was die Leser eigentlich suchten.
In einer Buchhandlung oder einer Bibliothek wird auch nicht jedes Buch als
Diebstahl gewertet, dass nur zur Ansicht genommen wird, um dann
festszustellen, dass es noch ein besseres gibt.
Eigentlich hatte ich Sie als Lehrenden in Sachen Dokumentation immer für
einen Verfechter klarer Begrifflichkeiten gehalten. Ihre "laxe" Haltung
in Sachen Diebstahl kann aus meiner Sicht daher nicht unkommentiert
bleiben.
Mir geht es hier jetzt nicht um den Börsenverein, sondern um Ihre
Bagatellisierung des Umgangs mit fremdem Eigentum. Wenn am Abend vor
Ihrer Lieblingskneipe ein anderer Gast Ihr mehr oder minder wertvolles
Fahrrad mitgehen läßt und Sie nun vor oder nach dem letzten Bus ohne
dastehen, werden Sie das schlicht als Diebstahl bezeichnen. Und wenn Sie
das Rad versichert haben, werden Sie trotz der geringen Aufklärungsquote
bei Raddiebstählen gleich noch eine Anzeige erstatten. Dabei werden Sie
nie erfahren, dass der Dieb das Rad drei Brücken weiter in die Spree
geworfen hat, weil es von der Gangschaltung und der Sitzposition seinem
Geschmack nicht entsprach oder weil er da auch schon da war, wo er hin
wollte. Sie werden kaum Mutmaßungen über die Motivation des Entwenders
anstellen und sie wäre Ihnen auch völlig egal, Sie wären nur zornig über
den Verlust und den zugefügten Schaden.
Ein in einer Bibliothek/Buchhandlung entwendeter Schmachtfetzen mag dem
Klauer vielleicht nicht gefallen, weil er nicht das findet, was er
gesucht hat, der Bibliothek/der Buchhandlung (und den Lesern von
Schmachtfetzen) hat er jedenfalls einen Verlust/Schaden zugefügt, dessen
Zufügung sich durch seine enttäuschte Erwartung nicht rechtfertigen
läßt. Enttäuschungen gehören zum normalen Lebensrisiko. Wollen Sie dem
enttäuschten Käufer eines "Feuchtgebietes" raten, künftig solche Bücher
lieber in Bibliotheken zu klauen, denn wegen der Ihm zugefügten
Inthaltsenttäuschung müsse man ihm die Entwendung nachsehen?
mit freundlichem Gruß,
aber grübelnd, welche Feststellungen in dieser Liste in letzter Zeit so
getroffen werden und unwidersprochen bleiben
Dietrich Pannier
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Dietrich Pannier
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