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Re: [InetBib] Urheberrechtsreform - Planungen
Was, lieber Herr Ulmer, ist daran zum Erschrecken? Wenn es ein
Einigungspapier gegeben haben sollte, dann hat m.E. die Öffentlichkeit
ein Anrecht darauf, dieses wahrnehmen zu können. Wenn es keine
schriftliche Einigung gegeben hat, dann reicht der Hinweis darauf, dass
es nichts Vorzeigbares gibt, und es gibt dann auch keine darauf
referenzierbar Einigung, die an die Politik weitergegeben werden bzw.
auf die sie sich beziehen kann.
Also halten wir fest, dass es keine verbindlich erarbeitete Lösung gibt;
so hatte ja auch Frau Niggemann Herrn Graf geantwortet. Es hat also nur
fortlaufend Gespräche gegeben, die dann jeder der Beteiligten und die,
die davon gehört haben (wie z.B. die SPD oder die VG-Wort oder ein
Verlag), nach ihren Standpunkten/Interessen interpretieren und z.B. auch
dem BMJ vermitteln können (aber wohl immer mit dem Autorität sichernden
Verweis auf die "unstrittigen" Ergebnisse der Gruppe). Oder sollten wir
die Statements, auf die Frau Niggemann freundlicherweise verwiesen hat,
doch als die Einigung aller akzeptieren. Es hat dem ja wohl niemand
widersprochen. Verstehen Sie bitte, wie kann man eine wie auch immer zu
bezeichnende Einigung zwischen ja nicht unwesentlichen Partnern
diskutieren, wenn es keine offizielle Referenz gibt, aber jeder der
Beteiligten auf die erarbeitete Lösung verweist? Das ist nicht mein
Verständnis von aufgeklärter politischer Öffentlichkeit. Natürlich kann
jeder mit jedem reden, aber es ist schon etwas merkwürdig, dass bei
diesen Gesprächen keine Vertretung der Interessen von Bildung und
Wissenschaft, z.B. das Aktionsbündnis, hinzugezogen oder befragt wurde.
Sicherlich können Bildung und Wissenschaft Partnern wie der
Nationalbibliothek und dem DBV vertrauen, aber auch hier sind
stellvertretende Interessenwahrnehmungen kein Ersatz für direkte
Beteiligung.
In einer solchen Situation kann man nur spekulieren. Zudem wird man
weiter bezweiflen dürfen, ob das, was Sie, Herr Ulmer, als die zentralen
Punkte skizzierren, wirklich so "unstrittig" ist. Ich habe einige Daten
aus einer universitäten Abschlussarbeit zur Einsicht, die ich leider
noch nicht referenzieren kann, da das Verfahren noch nicht abgeschlossen
ist. (Ich gebe zu, dass auch das nicht transparent ist.) Diese zeigen,
dass aus der Praxis von Museen und Archive erhebliche Bedenken bestehen
gegen die Anforderungen an eine diligent search (so wie im SPD-Entwurf
angegeben) und gegen die Rolle der Verwertungsgesellschaften in dieser
Sache, erst recht gegen die "Zahlung einer Vergütung mit
treuhänderischer Verwaltung": sollen Bibliotheken, Archive etc. wirklich
für jede in Angriff genommene Digitialisierung eine finanzielle
Vorleistung auf Verdacht erbringen? Und wer bekommt das Geld, wenn sich
hohe Überschüsse angesammelt haben? Auch gibt es bislang kaum
praktikable Vorschläge für den Umgang mit multimodalen und temporalen
Medien, die ja den größten Teil der verwaisten Werke ausmachen.
Ich hoffe, die Arbeit wird dann bald veröffentlicht werden. Mit Blick
auf Massendigitalisierung hatte das Aktionsbündnis ja auch
vorgeschlagen, anstatt einer aufwändigen und im Detail bislang nicht
geklärten diligent search (auch der EU-Vorschlag ist hier noch sehr
vage) eine (rechtlich legitimierte) befristete öffentliche Ankündigung
der geplanten Digitalisisierung vorzusehen (also eine Art
opt-out-Verfahren). Und nicht zuletzt scheint mir noch gar nicht
geklärt zu sein, ob es unterschiedliche Bedingungen für kommerzielle und
nicht-kommerzielle Nutzung der verwaisten Werke geben bzw. ob es
überhaupt eine kommerzielle Nutzung dieser Werke geben soll - und wenn
doch, wie geklärt sein wird, dass daraus keine neuen exklusiven
Verwertungsrechte entstehen (das war auch die Forderung der DFG). Auch
ist der Status einer Regelung noch gänzlich unklar. Soll es nun doch
nach dem Vorstoß der EU eine Schrankenregelung sein, oder wird die
Regelung im Rahmen des Urheberwahrnehmungsgesetzes erfolgen? Die
politischen Parteien im Bundestags sind sich recht uneinig darüber. Man
darf gespannt sein, ob und wenn ja, wie das BMJ vorschlägt, diesen
Knoten zu zerschlagen.
Im übrigen verweise ich darauf, dass es bei IUWIS (www.iuwis.de) ein
Dossier zu den verwaisten Werken gibt, in das die verfügbaren Dokumente
dazu eingestellt werden. Es wäre auch gut, wenn Diskussionen wie diese
hier dort geführt werden könnten, damit sie auch dauerhaft transparent
dokumentiert und verfügbar/referenzierbar gehalten werden können..
RK
Am 10.08.2011 07:30, schrieb Matthias Ulmer:
Lieber Herr Kuhlen,
die Form, wie hier gleich Offenlegung gefordert wird und einzelne in Rage
geraten erschreckt mich und ich bereue sofort, überhaupt ein Wort dazu gesagt
zu haben. Es wundert mich nicht, dass man in diesem Klima lieber schweigt als
offen diskutiert.
Also: es gibt kein "Einigungspapier" das man offen legen könnte. Es gibt eine
Arbeitsgruppe (vermutlich neben x anderen), die sich regelmäßig austauscht
und durch gegenseitige Information versucht eine gute Lösung zu erarbeiten.
Dabei informieren die Verbände, Ministerien, Kommission und
Verwertungsgesellschaften über ihre Aktivitäten zum Thema verwaiste Werke und
digitale Bibliotheken. Niemand weiß natürlich, was das Ministerium am Ende
als konkreten Entwurf vorlegen wird. Aber es wäre eigenartig, wenn das ganz
im Widerspruch zu den Gesprächen steht. Eigentlich finden Sie in dem Entwurf
einer europäischen Richtlinie, in der Stellungnahme des Bundesrates und in
der Antwort der Bundesregierung auf die kleine Anfrage die meisten Punkte
beantwortet.
Diligent search, aber automatisiert, über vorgeschriebene Datenbanken,
unterstützt durch Arrow, mit Dokumentation, Lizenzierung über die
Verwertungsgesellschaft, Zahlung einer Vergütung mit treuhänderischer
Verwaltung. So würde ich das aktuell knapp skizzieren.
Herzliche Grüße
Matthias Ulmer
_________________________________________________________________
Verlag Eugen Ulmer
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Geschäftsführer: Matthias Ulmer
Am 10.08.2011 um 15:31 schrieb Klaus Graf:
On Tue, 09 Aug 2011 16:04:19 -0700
Rainer Kuhlen<rainer.kuhlen@xxxxxxxxxxxxxxx> wrote:
Vielen Dank Herr Upmeier - ich denke, der DBV bewegt sich
hier in die
richtige Richtung, z.B. auch mit dem Hinweis auf eine
möglichst
weitgehende Automatisierung der diligent search. Der
SPD-Vorschlag z.B.
ist für die Bedürfnisse der Massendigitalisierung nicht
brauchbar.
Ich wundere mich allerdings über das Schweigen von Herrn
Ulmer auf meine
Aufforderung (INETBIB von gestern), die "nicht mehr
strittige Lösung"
öffentlich zu machen. Solange das "Einigungspapier" nicht
öffentlich
gemacht wird, gilt weiterhin die Kritik des
Aktionsbündnisses in seiner
Pressemitteilung schon vom 4.1.2011:
http://www.urheberrechtsbuendnis.de/pressemitteilung0111.html.de
und
darin u.a. die Aussagen, mit denen ich zitiert werde:
Kuhlen empfiehlt dringend, „die Bedenken zahlreicher
Bibliothekare und
Archivare gegenüber dem vagen Konzept der ‚sorgfältigen
Suche’ ernst zu
nehmen und konkrete Suchpläne zur Diskussion zu stellen,
statt weiter
hinter verschlossenen Türen zu verhandeln“. Außerdem
müsse
sichergestellt werden, dass die Verwertungsgesellschaften
keine
exklusiven Nutzungsrechte für die Vervielfältigung und
Zugänglichmachung
verwaister Werke einräumen dürfen: „Einen wertvollen Teil
unseres
kulturellen Erbes mühsam bergen und ihn dann gleich
wieder wegschließen
— das geht nicht an.“
RK
Die erbaermliche Blockierei wird von der Deutschen
Nationalbibliothek und ihrer Direktorin mitgetragen:
http://archiv.twoday.net/stories/6460982/
Es genuegt fuer die unfaehige Sachbearbeitung des
Bundesdatenschutzbeauftragten, wenn eine Behoerde
behauptet, sie habe zu einem Sachverhalt keine Unterlagen -
dann ist sie fein raus ...
Klaus Graf
--
http://www.inetbib.de
--
Prof. Dr. Rainer Kuhlen
Dep. Computer and Information Science
University of Konstanz, Germany
URL: www.kuhlen.name
Email: rainer.kuhlen@xxxxxxxxxxxxxxx
Head od the Board of ENCES (European Network for Copyright in support of
Education and Science e.V.)- www.ences.eu
Project IUWIS (Infrastructure Copyright for Science and Education)
Humboldt University Berlin: www.iuwis.de
Speaker of the German Coalition for Action "Copyright in behalf of Science and
Ecucation"- http://www.urheberrechtsbuendnis.de/index.html.en
I am in Santa Barbara, CA, USA, till August 30th 2011
In case, you need to talk to me urgently, please use Skype: rainer.kuhlen
or US tel landline: 805-845-8023
--
http://www.inetbib.de
Listeninformationen unter http://www.inetbib.de.