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Re: [InetBib] 7 Grundregeln für digitale Projekte
- Date: Fri, 30 Apr 2010 09:31:20 +0200
- From: Mentzel-Reuters <mentzel-reuters@xxxxxxxxxx>
- Subject: Re: [InetBib] 7 Grundregeln für digitale Projekte
Genau da wäre eine Diskussion erforderlich!!
Wie wäre es mit einer Abstufung in den Anforderungen? Großprojekte
sollten so sein, wie Herr Graf und viele mit ihm das beschreiben, keine
Frage. Daneben gibt es aber auch noch andere Bedürfnisse. Warum tun wir
eigentlich immer so, als ob _jedes _unserer Digitalisate für die
Ewigkeit sein müßte? Offensichtlich sind die Metadaten-Freaks
unsterblich und können dann auch auf ein Digitalisat ewig warten, wenn
es nur hochauflösend und verschlagwortet ist. Ich möchte eigerntlich
_forschen_ und nicht Metadaten lesen. Aber damit stehe ich vielleicht
allein?
Warum mutet man der Wissenschaft zu, auf alles mögliche zu warten, weil
die Anforderungen immer höher geschraubt werden? Bloß keinen deutschen
Druck des 16. Jahrhunderts mehr digitalisieren, dafür gibt es doch schon
ein DFG-Projekt. Aber wann kommt der Druck dran, den ich brauche? Wäre
es da nicht sinnvoll, für die schnellen Bedürfnisse etwas herzustellen
ohne den immer höher geschraubten Aufwand? Mir würde es reichen, wenn
ich den Druck _lesen _kann, die Kettlinien des Papiers möchte ich nicht
studieren und die Schattierungen der Stockflecken ehrlich gesagt auch
nicht. Das bekomme ich jetzt aber nicht, wenn man die Anforderungen zu
hoch schraubt. Was muß ich also tun? Ein sündiges Billig-Digitalisat
oder einen Mikrofilm bestellen, es bloß nicht zugänglich machen, und
mich schämen daß ich so niedrige Ansprüche habe? Oder Bibliotheksreisen
zum Original unternehmen - alles nur damit die ehernen Prinzipien
moderner Digitalisierung gewahrt werden?
Google beweist doch, daß "zum Verbrauch" bestimmte Digitalisate nicht
viel kosten und schnell Nutzen stiften. Einen Druck nicht zu
digitalisieren, weil er in x-Jahren in einem Super-Projekt mit allen
Schikanen digitalisiert werden soll, heißt auch, uns allen diese
Wartezeit zuzumuten (ich bin 50 und habe immer weniger Zeit, Nutzen aus
den Super-Projekten zu ziehen).
Außerdem werden die Anforderungen allmählich so hoch, daß nur noch ein
bestimmter Kreis von Anbietern im Geschäft bleiben kann - zufällig jener
Kreis, der in den Gremien vertreten ist, die die Richtlinien festlegen.
(Daß ausgerechnet Klaus Graf für diesen Inner Circle kämpft, ist
allerdings verwunderlich.) Wenn also die genannten Punkte ohne wenn und
aber die ultima ratio sind, werde ich wohl darauf verzichten müssen,
Digitalisate im Web anzubieten, ich es nicht mehr und - ich habe als
Wissenschaftler besseres zu tun als formal korrekte Metadaten nach einem
immer üppiger werdenden Regelwerk einzutippen. Ich habe einige sinnvolle
Sachen erst gar nicht bei der DFG beantragt, weil ich die Auflagen ahne,
die dann kommen. Das Bessere ist der Feind des Guten.
Dankenswerterweise hält sich die böse Krake Google nicht daran und mit
dem dortigen Material habe ich für die nächsten Jahrzehnte ja schon noch
einiges zu tun.
Ciao
Arno Mentzel-Reuters
P.S.: Die beste Bibliographie der Welt, der "Deutsche Gesamtkatalog",
scheiterte beim Lemma "Beethordnung", also kurz vor dem Buchstaben "Z".
m 29.04.2010 20:38, schrieb Mathias Schindler:
2010/4/29 Klaus Graf<klaus.graf@xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx>:
Mit der Bitte um Diskussion:
( http://archiv.twoday.net/stories/6315225/ )
Lieber Klaus Graf,
die Bitte um Diskussion muss ich insofern enttäuschen, als dass ich
hier nichts sehe, das in irgendeiner weise kontrovers sein sollte. Die
sieben Punkte sind sinnvoll, ergänzen sich und es gibt Projekte, die
es mit moderatem Aufwand schaffen, diese Punkte einzuhalten.
Mein einziger Hinweis wäre, dass ich eine Grundregel 3a aufnehmen
würde: Wenn keine Metadaten vorhanden sind oder nur grottenschlechte,
nicht mit der Veröffentlichung mit dem Argument zögern, in Zukunft
könnte es irgendwann besser werden. Meine geschätzten Kollegen bei
Europeana benutzen dieses Argument schon viel zu lange, um ihren
Katalog an Metadaten (mehr haben sie ja nicht...) geschlossen zu
halten.
Mathias
--
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