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Re: [InetBib] Frage zu Hybridpublikationen



Hallo Herr Graf!

Ich hab meinen Porsche vom Tuning holen müssen, deshalb komme ich erst  
jetzt dazu Ihnen zu antworten.

Sie schlagen drei Tests vor. Ich will den Spass gerne mitmachen.  
Welche der Varianten scheint mir sinnvoll?
1. Eine Gruppe von "Ladenhütern" mit einer Vergleichsgruppe: das sagt  
sicher am Meisten aus. Es ist zwar fast unmöglich wirklich  
vergleichbare Titel zu finden, aber ich habe eine Reihe Ökosysteme  
Mitteleuropas, die wir als preiswerte Studienausgabe herausgebracht  
haben. Da könnten wir vier Bände OA anbieten und vier unverändert  
lassen. Das sind keine Ladenhüter, sondern Bücher, die zwar  
Monografien sind, als Lehrbücher aber auch eingesetzt werden.
Ladenhüter haben keine Aussagekraft. Es interessiert sich niemand  
dafür, das wird auch durch OA nicht anders, weder besser noch  
schlechter.
Und: tatsächlich haben wir kaum Ladenhüter. Es ist zu teuer einen  
Titel im Programm zu führen. Wenn nicht wenigstens 500 Euro Umsatz im  
Jahr gemacht werden, ist das nicht mehr kostendeckend.
2. Vergriffene Bücher OA auf der Webseite gegen eine Pauschalzahlung  
vom Autor veröffentlichen: das ist nicht unser Ding. Bücher, die nur  
durch Zuschüsse veröffentlicht werden können will ich nicht im  
Programm haben. Wenn ein Buch vergriffen ist und wir sehen keinen  
Markt mehr, dann kann der Autor es ins Netz stellen, das ist seine  
Sache. (Allerdings hat noch fast nie ein Autor die Rechte zurück  
geholt um das Werk OA zu veröffentlichen).
Wir werden sicher bei einigen vergriffenen Werken testen, ob sie als E- 
Book noch eine Chance haben. Aber das kommt erst nächstes Jahr.

3. Das Modell mag für Dissertationen oder kleine Monografien  
interessant sein, gibt bei uns keinen Sinn. Wir wollen doch mit dem  
Test wissen, ob Hybridpublikationen den Print-Absatz steigern.

Wenn Sie mit der Versuchsanordnung einverstanden sind, dann werde ich  
die Autoren um Genehmigung bitten.

Gruss
Matthias Ulmer



Am 06.08.2009 um 18:27 schrieb "Klaus Graf" 
<klaus.graf@xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx 
:

On Thu, 6 Aug 2009 14:38:51 +0200
Matthias Ulmer <mulmer@xxxxxxxx> wrote:
Ist es eigentlich zuviel verlangt, dass Sie die
Stellungnahmen lesen,
auf die Sie antworten?

Herr Müller, Herr Graf: ICH BIN NICHT GEGEN OPEN ACCESS!

Seltsam, dass uns das regelmaessig entgeht ... Liegt wohl
an der gluehenden Sommerhitze.

Ich kann nicht begreifen, wieso Sie nicht wenigstens bei
Ladenhuetern Open Access unter kontrollierten Bedingungen
ausprobieren. Also eine hinreichend grosse Gruppe Buecher
aus Ihrem Programm waehlen, deren Verkaufsverlauf in etwa
identisch ist. Die eine Haelfte machen Sie klammheimlich
und ohne grosses Aufsehen bei LIBREKA (gibt es da
ueberhaupt komplett freie Buecher wie bei Google bzw. darf
es sie da geben?) oder auf Ihrer Website Open Access, die
andere Kontrollgruppe verkaufen Sie wie bisher (schlecht).
Ihr verlegerisches Risiko waere quasi null. Wie ich bereits
gegenueber dem Verlag meiner Dissertation ausfuehrte, als
der zunaechst eine Onlineveroeffentlichung meines Buchs
ablehnte, da dann die Verkaeufe des Buchs wegbrechen
wuerden: bei maximal 5 verkauften Buechern im Jahr kann nix
wegbrechen. Und wenn Sie mir verkaufen wollen, Sie haetten
gar keine Ladenhueter, waeren Sie noch eine Spur
unglaubwuerdiger als Sie ohnehin bereits sind. Und wenn Sie
in finanzielle Noete kommen, weil statt 50 Buechern im Jahr
nur noch 20 verkauft werden (ich gehe davon aus, dass Ihr
Verlag zugkraeftigere Titel als meine Dissertation
verlegt), koennten Sie das Experiment ja jederzeit
abbrechen. Wer hat denn von uns verlangt, dass Sie Hab und
Gut und Porsche aufgeben fuer ein solches
Open-Access-Experiment?

Machen Sie doch ein Angebot an ausgewaehlte
Wissenschaftsautoren Ihrer vergriffenen Buecher: "Fuer x
Euro Pauschale stellen wir Ihr Buch Open Access auf unsere
Website und gestatten Ihnen noch dazu, es auf einem
Schriftenserver einzustellen". Ich spreche nicht von
aktuellen lukrativen Lehrbuechern, sondern von leicht
angestaubten Monographien, deren gedruckte Neuauflage sich
nicht mehr lohnen wuerde. Sie muessten sich einfach nur
ueberlegen, wie hoch x sein muesste, damit es Ihnen und
Ihrem Porsche noch gut geht.

Oder Sie koennen ja Bezahl-E-Books und Open Access
kombinieren, indem Sie nach Erreichen eines Grundabsatzes
das Buch frei zugaenglich machen ("Je mehr Leute dieses
Buch kaufen, um so frueher ist es frei im Netz"). In
manchen Bereichen funktionieren freiwillige Bezahlmodelle
ja.

Das sind einige sehr konstruktive Ideen, und ich erwarte,
dass wir hier rasch Taten sehen und nicht mit windelweichen
Ausreden (" ... werden wir in Boersenvereinsgremien gern in
den naechsten Jahren darueber nachdenken") abgespeist
werden.

Klaus Graf

-- 
http://www.inetbib.de


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