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Re: [InetBib] Open Library und Deutschland (Europa)



Internet in Bibliotheken schrieb am Freitag, 13. März 2009, 19:12:06:
(Brewester Kahle):
http://bibliothekarisch.de/blog/2009/03/10/der-idealistische-bibliothekar-des-internets/

Hallo Herr Zeumer,

herzlichen Dank für den Hinweis! Der Mann heißt Brewster Kahle und
nach den ersten groben Falschinformationen in diesem Artikel hatte ich
kaum noch Hoffnung, aber es fanden sich doch noch einige interessante
Informationen.

Zuvor hatte ich http://de.wikipedia.org/wiki/Brewster_Kahle gelesen
und dort einige Hinweise gefunden, die ich sehr lesenswert fand:

Ein Interview http://queue.acm.org/detail.cfm?id=1016993

Ein Video http://www.elektrischer-reporter.de/index.php/site/film/13/

Ein Zeit-Artikel http://www.zeit.de/online/2007/33/open-library

Nun habe ich auch noch http://en.wikipedia.org/wiki/Brewster_Kahle
konsultiert und natürlich noch viel mehr Hinweise gefunden, von denen
ich mir einige angeschaut habe; ein weiteres Interview

http://www.openp2p.com/pub/a/p2p/2004/01/22/kahle.html

Eine Mitschrift seiner Ansprache auf der Wikimania 2006

http://ross.typepad.com/blog/2006/08/brewster_kahle_.html

Ein einstündiges Interview, das als Mitschrift und als Video zu haben
ist

http://www.pbs.org/cringely/nerdtv/shows/#4
http://www.pbs.org/cringely/nerdtv/transcripts/004.html

In diesem Video beziehungsweise der Mitschrift kann man seinen
Werdegang nachvollziehen. Er ist ein Kind der Sechzigerjahre mit den
entsprechenden Sozialfantasien, die dann vor allen Dingen durch die
US-Copyright-Gesetzgebung 1976 zerstört worden ist.

Er gehörte zur Arbeitsgruppe am MIT, die sich betrogen fühlte, als das
MIT ihre Arbeit aufgrund dieses Gesetzes verkaufte. Sein Kollege
Richard Stallmann war darüber so sauer, daß er die Free Software
Foundation gegründet hat, von deren GPL heute jeder gehört hat.

Sein Traum war immer die freie Bibliothek, schon zu Zeiten, als das
technologisch noch gar nicht möglich war, und irgendwie hat er es
geschafft, sich langsam an dieses Ziel heranzuarbeiten. Zugleich hat
er das Glück gehabt, zwei Gründungen für viel Geld verkaufen zu
können, so daß er seine Vision finanzieren konnte.

Ein Zitat aus http://www.openp2p.com/pub/a/p2p/2004/01/22/kahle.html

   I don't really have a philosophy about technology. I have a
   philosophy of what future I want to live in, which is probably more
   of a social and cultural issue than it really is a technological
   issue. And socially and culturally, what I want to grow up in --
   and have my kids grow up in -- is a wonderful flowering of all
   sorts of really wild ideas coming from all sorts of people doing
   diverse and interesting things.

   What I'd really like to see is a world where there's no limitations
   on getting your creative ideas out there. That people have a
   platform to find their natural audience. Whether their natural
   audience is one person, themselves, or a hundred people, or a
   thousand people. Try to make it so the technologies that we
   develop, and the institutions we develop, make it so that people
   have an opportunity to flower. To live a satisfying life by
   providing things to others that they appreciate.

   And I think our technologies right now are well-suited to doing
   this in the information domain. In the information domain, we can
   go and offer people an ability to publish without the traditional
   restrictions that came before, and to help, with these search
   engine technologies, to help them find their natural audiences. And
   so people out there aren't surrounded by stuff they don't want.
   That they find that the music recordings they want and the video
   recordings they want, even though they're made a half a continent
   away, and there are only a hundred other people that also really
   like that genre.

Dann möchte ich noch ein 20min-Video empfehlen, das alle diese
Informationen noch einmal wiederholt, aber auch etwas zeigt, was er an
anderer Stelle gar nicht oder nur kurz erwähnt hat: Buchmobile, die
Bücher produzieren, zu Stückpreisen von einem oder drei Dollar,
wodurch wieder ganz andere Fantasien beflügelt werden.

Solche Buchmobile sind in den USA eingesetzt worden (er ist selbst mit
so einem Buchmobil und seinem achtjährigen Sohn herumgefahren und hat
vor Schulen und anderen öffentlichen Einrichtungen Bücher produziert),
in Uganda, in Indien, in Ägypten. Welche Wirkungen man mit solchen
Aktionen in diesen Gegenden hervorrufen kann, bleibt der Fantasie
überlassen. In diesem Video zeigt er auch den 100 $ Laptop, der durch
einfaches Falten als Buchlesegerät eingesetzt werden kann.

Dabei beruft er sich geschickterweise auf die amerikanische Tradition
und beginnt und endet den Vortrag mit Inschriften über berühmten
amerikanischen Bibliotheken, die in Stein gemeißelt festhalten, daß
Informationen frei sein sollen.

http://www.ted.com/index.php/talks/brewster_kahle_builds_a_free_digital_library.html

Als Quintessenz für sein Open Library Projekt fiel mir dieser Satz
auf:

   Open Library: annotate the book collection. Why is this book
   interesting to someone in the modern world. What can we do to
   re-inject old books into today?

und
   
   We can pull off Universal Access to All Knowledge.

Alles das geht weit über das hinaus, was die üblichen Kataloge leisten
können und wollen.

Außerdem weist er auf die zunehmende Bedeutung der nicht
profitorientierten Technologieunternehmen hin, wo er selbst an
vorderster Front steht, während die Wikipedia das bekannteste Beispiel
ist.

Nachdem die Rückmeldungen zu meiner Anfrage in dieser Liste doch recht
spärlich waren, habe ich heute zum Hörer gegriffen und einige
Telefonate geführt. Es stellte sich heraus, daß mein erster
Gesprächspartner sich aufgrund meiner Anfrage in dieser Liste mittels
Google über mich informiert hatte und gewissermaßen schon vorbereitet
war. :-)

Das Ergebnis war, daß in Deutschland und Europa ähnliche Anstrengungen
unternommen werden und eine Zusammenarbeit mit wechselseitigem
Austausch möglicherweise recht schnell und problemlos ausgehandelt
werden könnte. Am besten wäre es, wenn Brewster Kahle sich selbst um
die Angelegenheiten kümmern würde.

Diese Information habe ich so weitergeleitet, daß dieser davon
Kenntnis bekommen sollte. (Vermutlich ist das wieder ein Fall für die
Six-Degree-Theorie.)

Soeben sehe ich, daß jemand meinen Hinweis aufgegriffen hat; er wird
ihn heute noch treffen und ihm die Sache vortragen. Na also! Mal
sehen, was daraus wird. Vielen Dank allerseits soweit!

Werner Popken 



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