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Re: [InetBib] Bibliometrische Erfahrung gesucht



Ich denke, dass die Aussage in dieser Form nicht verfizierbar ist. Was vermutlich dahinter steckt ist aber ein richtiger Kern. Wenn wir davon ausgehen, dass rund hundert Millionen Wissenschaftler weltweit taetig sind, die pro Jahr etwa 100 Mio. Artikel schreiben, dann kann jeder einzelne Wissenschaftler, der etwa 10.000 Publikationen jaehrlich ueberfliegt, nur ein sehr eingeschraenktes Fachgebiet im Auge behalten. Wirklich lesen (studieren) tut er von den 10.000 Publikationen ohnehin nur etwa 1%. Diese Verhaeltnisse ergeben sich teilweise auch daraus, dass ein druchschnittlicher Wissenschaftler etwa zwanzig Prozent seiner Arbeitszeit fuer das Literaturstudium aufbringt. Da wir aus Zitationsanlysen wissen, dass die Nutzung der Literatur einem sog. power law folgt, werden einige Publikationen tausendfach gelesen und andere fast gar nicht. Auf lange Sicht gibt es trotzdem relativ wenig "uncited literature". Womit noch nichts ueber die Qualitaet gesagt ist.

Die naechste Frage ist, was ist "frisch erschienen". Auch wenn die neuste Literatur mit einer Halbewertszeit von etwa einer Woche erstmals zur Kenntnis genommen wird, erfordert es eher eine Halbwertszeit von 5 Monaten, dass sie auch wirklich gelese wird. Erst danach kommt es ueber das Zitierverhalten zu einer noch intensiveren Nutzung mit einer Halbwertszeit von 5 Jahren. (http://www.ib.hu-berlin.de/~wumsta/pub18.html )

Dass die alte Gewohnheit der Verschickung von Sonderdrucken sehr sinnvoll war, und den Vorteil hatte, dass sich die Empfaenger verpflichtet fuehlten, solche Zusendungen auch wirklich zu lesen ist sicher richtig. Aber seit es Kopierer gibt ist dieser Usus weitgehend ausgestorben. Darueber hinaus empfinden es heute immer mehr Empfaenger eher als zusaetzliche Belastung, wenn sie Links (wie Reklame) von anderen Autoren erhalten, deren Inhalt sie lesen sollen. Dass aber die Wahrscheinlichkeit gelesen zu werden mit der "Accessibility"zunimmt, steht sicher ausser Frage. Das belegt ja auch der Impact Factor. Insofern ist es auch wichtig, in welcher Zeitschrift publiziert wird, um gelesen zu werden.

MfG

W. Umstaetter


On Thu, 13 Nov 2008 11:49:36 +0100, hher <hans-joachim.hermes@xxxxxxxxxxxxxxxxxxx > wrote:

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Prof. Hans GOEBL. Universität Salzburg - Fachbereich Romanistik, Lehrstuhl für französische und italienische Sprachwissenschaft, stellte mir knifflige bibliometrische Fragen, die ich Ihnen sehr gern weiterreiche: "Ich habe einmal in einer Diskussion gehört, daß es Messungen gebe, denen zufolge ein x- beliebiger Aufsatz (frisch erschienen) in einem gängigen Journal einer Disziplin nur eine relativ kleine Anzahl von Lesern findet (deutlich unter 10), während derselbe Text als persönlich verschickter Sonderdruck eine größere Anzahl an Lesern findet. Was ich bislang nicht gefunden habe, ist jene bibliometrische Fachliteratur, wo man solche Untersuchungen nachlesen kann. Können Sie mir diesbezüglich weiterhelfen?" Hans.Goebl@xxxxxxxxx Wir hoffen auf recht viele Äußerungen! Dank im voraus HJH -- Dr. Hans-Joachim Hermes Anglistische Literaturwissenschaft Reichenhainer Str. 41 09126 Chemnitz Tel. 0371-531-34471 mobil 0172-3714149 Fax 0371-531-834471 hher@xxxxxxxxxxxxxxxxxx


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